Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.
Erziehung zusammenfällt, so daß man das Princip der Schulpflicht Soll nämlich, mit Zurückgehen auf den reinen Begriff der Ele- II. Wenn nämlich die Verwaltung jene Aufgaben in ihrem ganzen
Erziehung zuſammenfällt, ſo daß man das Princip der Schulpflicht Soll nämlich, mit Zurückgehen auf den reinen Begriff der Ele- II. Wenn nämlich die Verwaltung jene Aufgaben in ihrem ganzen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><hi rendition="#g"><pb facs="#f0165" n="137"/> Erziehung</hi> zuſammenfällt, ſo daß man das Princip der Schulpflicht<lb/> für dieſe in einer anderen Weiſe als durch den Schulbeſuch verwirk-<lb/> lichen muß. Dieſe letztere beſteht nun darin, daß der Beſitz der Ele-<lb/> mentarkenntniſſe zur Bedingung für <hi rendition="#g">die Aufnahme in die unterſte<lb/> Klaſſe der Berufsbildung</hi> macht, und daß auf dieſe Weiſe die<lb/> unterſte Klaſſe der Berufsbildungsanſtalten als Schulen den Charakter<lb/> der Elementarbildungsanſtalten annehmen, ohne doch Volksſchulen zu<lb/> ſein. Dieß Verhältniß iſt ſo naturgemäß, daß es in allen Ländern<lb/> Europas zur Geltung kommt; und man muß mithin davon ausgehen,<lb/> daß einer der Hauptunterſchiede der beſitzenden und nicht beſitzenden<lb/> Klaſſe in dem Kriterium beſteht, ob die Familien in der Lage ſind,<lb/> für ihre Kinder den Elementarunterricht mit der häuslichen Erziehung<lb/> zu verbinden oder nicht; indem für die erſte Klaſſe ſomit die Elementar-<lb/> berufsbildung in der That als reine Elementarbildung erſcheint, was<lb/> für die zweite nicht der Fall iſt. Dieß Verhältniß macht das reine<lb/> Volksſchulweſen und ſelbſt den Begriff und Umfang der Elementar-<lb/> bildung leicht unklar und iſt der Grund, weßhalb ſich die Literatur<lb/> über den Begriff der Volksſchule ſo wenig einig iſt. Jedoch ſtellt ſich<lb/> der letztere ſofort her, wenn man einen Schritt weiter geht.</p><lb/> <p>Soll nämlich, mit Zurückgehen auf den reinen Begriff der Ele-<lb/> mentarbildung, dieſelbe einerſeits für alle Staatsangehörigen gelten<lb/> und die Einleitung für alle Bildung bieten, ſo muß die Verwaltung<lb/> dieſelbe ſo einrichten, daß ſie ſo weit möglich die erſte Erziehung mit<lb/> der Elementarbildung <hi rendition="#g">verbindet</hi>, und daß ſie zweitens die Elementar-<lb/> bildung ſelbſt zur Vorbildung für den Lebensberuf <hi rendition="#g">erhebt</hi>. Erſt da-<lb/> durch kann und wird das höchſte Ziel erreicht werden, das das Volks-<lb/> bildungsweſen unſrer Epoche charakteriſirt — die Unabhängigkeit des<lb/> Erwerbes geiſtiger Güter vom <hi rendition="#g">Beſitze</hi>, und die Möglichkeit, dieſen<lb/> Erwerb für <hi rendition="#g">alle</hi> Klaſſen gleich zu machen. Und auf dieſem Punkte<lb/> nun wird die eigentliche Bedeutung der beiden Kategorien des Schulen-<lb/> ſyſtems und des Klaſſenſyſtems klar; denn hier erſt gewinnt das öffent-<lb/> liche Volksbildungsweſen ſeine wahre ſociale Bedeutung.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">II.</hi> Wenn nämlich die Verwaltung jene Aufgaben in ihrem ganzen<lb/> Umfange erfüllen ſoll, ſo darf ſie nicht mehr bei der einfachen Volks-<lb/> ſchule, wie ſie eben im vorigen Jahrhundert beſtand, ſtehen bleiben.<lb/> Sie muß alsdann vielmehr mit den für die Elementarbildung beſtimm-<lb/> ten Anſtalten zugleich die <hi rendition="#g">Erziehungsverhältniſſe</hi> der niederen<lb/> Klaſſen umfaſſen und ſelbſt ganz <hi rendition="#g">ſpecielle</hi> Verhältniſſe Einzelner mit<lb/> in ihre Thätigkeit aufnehmen. Sie muß daher ſtatt der einfachen Ele-<lb/> mentarvolksſchule ein <hi rendition="#g">Syſtem</hi> von Schulen, ſelbſt im weiteſten Sinne<lb/> des Wortes genommen, aufſtellen. Dieſe müſſen ſelbſt bei der erſten<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [137/0165]
Erziehung zuſammenfällt, ſo daß man das Princip der Schulpflicht
für dieſe in einer anderen Weiſe als durch den Schulbeſuch verwirk-
lichen muß. Dieſe letztere beſteht nun darin, daß der Beſitz der Ele-
mentarkenntniſſe zur Bedingung für die Aufnahme in die unterſte
Klaſſe der Berufsbildung macht, und daß auf dieſe Weiſe die
unterſte Klaſſe der Berufsbildungsanſtalten als Schulen den Charakter
der Elementarbildungsanſtalten annehmen, ohne doch Volksſchulen zu
ſein. Dieß Verhältniß iſt ſo naturgemäß, daß es in allen Ländern
Europas zur Geltung kommt; und man muß mithin davon ausgehen,
daß einer der Hauptunterſchiede der beſitzenden und nicht beſitzenden
Klaſſe in dem Kriterium beſteht, ob die Familien in der Lage ſind,
für ihre Kinder den Elementarunterricht mit der häuslichen Erziehung
zu verbinden oder nicht; indem für die erſte Klaſſe ſomit die Elementar-
berufsbildung in der That als reine Elementarbildung erſcheint, was
für die zweite nicht der Fall iſt. Dieß Verhältniß macht das reine
Volksſchulweſen und ſelbſt den Begriff und Umfang der Elementar-
bildung leicht unklar und iſt der Grund, weßhalb ſich die Literatur
über den Begriff der Volksſchule ſo wenig einig iſt. Jedoch ſtellt ſich
der letztere ſofort her, wenn man einen Schritt weiter geht.
Soll nämlich, mit Zurückgehen auf den reinen Begriff der Ele-
mentarbildung, dieſelbe einerſeits für alle Staatsangehörigen gelten
und die Einleitung für alle Bildung bieten, ſo muß die Verwaltung
dieſelbe ſo einrichten, daß ſie ſo weit möglich die erſte Erziehung mit
der Elementarbildung verbindet, und daß ſie zweitens die Elementar-
bildung ſelbſt zur Vorbildung für den Lebensberuf erhebt. Erſt da-
durch kann und wird das höchſte Ziel erreicht werden, das das Volks-
bildungsweſen unſrer Epoche charakteriſirt — die Unabhängigkeit des
Erwerbes geiſtiger Güter vom Beſitze, und die Möglichkeit, dieſen
Erwerb für alle Klaſſen gleich zu machen. Und auf dieſem Punkte
nun wird die eigentliche Bedeutung der beiden Kategorien des Schulen-
ſyſtems und des Klaſſenſyſtems klar; denn hier erſt gewinnt das öffent-
liche Volksbildungsweſen ſeine wahre ſociale Bedeutung.
II. Wenn nämlich die Verwaltung jene Aufgaben in ihrem ganzen
Umfange erfüllen ſoll, ſo darf ſie nicht mehr bei der einfachen Volks-
ſchule, wie ſie eben im vorigen Jahrhundert beſtand, ſtehen bleiben.
Sie muß alsdann vielmehr mit den für die Elementarbildung beſtimm-
ten Anſtalten zugleich die Erziehungsverhältniſſe der niederen
Klaſſen umfaſſen und ſelbſt ganz ſpecielle Verhältniſſe Einzelner mit
in ihre Thätigkeit aufnehmen. Sie muß daher ſtatt der einfachen Ele-
mentarvolksſchule ein Syſtem von Schulen, ſelbſt im weiteſten Sinne
des Wortes genommen, aufſtellen. Dieſe müſſen ſelbſt bei der erſten
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