letzteren, sowie der Prüfungsordnung. In Deutschland gibt es nur als solche Vorbildungsanstalten; die Universites libres sind ja doch schon Fachbildungsanstalten in diesem Sinne. So ist das Studienprüfungs- system ein Ganzes geworden, dessen Darstellung wohl einer speciellen Arbeit würdig wäre.
2) Berufsprüfungssystem. Während nun das Studien- prüfungssystem naturgemäß noch in den meisten Punkten genau mit den Formen der ständischen Vorbildung zusammenhängt und sich wesent- lich von der letzteren nur dadurch unterscheidet, daß die Lehrkörper in den Staatsbildungsanstalten als Staatsbeamtete fungiren, ist das Be- rufsbildungswesen ein von der ständischen Epoche wesentlich und auch formell ganz verschiedenes geworden. Die mannichfach verschiedenen Ver- hältnisse desselben müssen nun dieser Epoche auf folgende einfache Kate- gorie reducirt und darauf die Vergleichung des geltenden Prüfungs- systems begründet werden.
Zuerst gilt auch hier der Grundsatz, daß jede Fachbildungsanstalt mit einer speciell auf ihr Fach berechneten öffentlichen Prüfung ver- sehen sein soll und ist und zwar ganz abgesehen von dem öffent- lichen Recht dieser Prüfung, das für die einzelnen Fächer sehr verschie- den ist, weil das Bestehen der Prüfung den großen Werth hat, die öffentliche Constatirung des Erwerbs eines gewissen Maßes der Fach- bildung für den Geprüften und damit eines gewissen Werthes seiner Fähigkeiten zu erhalten. Selbst da, wo daher keine gesetzliche Prüfung vorgeschrieben ist, wie bei den freien Lehranstalten, bildet sich eine solche durch das Interesse der Betheiligten von selbst heraus (Handelsaka- demien etc.) oder wird durch anderes so weit thunlich ersetzt (Kunst- akademien mit Prämien); die Nothwendigkeit der Fachprüfung bei Staats- anstalten ist dabei selbstverständlich. Dieß ist der erste leitende Grund- satz. Dennoch unterscheiden sich die Staatsanstalten von den öffentlichen auf diesem Punkte dadurch, daß die Fachprüfung für die ersteren als ein öffentliches Recht, für die letzteren als eine Maßregel der Zweck- mäßigkeit, für alle aber als ein allgemein gültiges Princip des Bil- dungswesens anerkannt wird. Die weitere Entwicklung des Prüfungs- wesens liegt erst in den folgenden Punkten.
Das zweite ist nun die Bestellung der Prüfungsorgane und der Prüfungsordnungen. Und hier scheiden sich nun zwei Systeme.
Nachdem nämlich bereits mit dem vorigen Jahrhundert die Fach- bildungsanstalten dem Charakter, wenn auch nicht der Form nach aus ständischen Körperschaften staatliche Anstalten mit staatlichen Funktionen und Unterstützungen geworden sind, bei denen nunmehr das Princip der Selbstverwaltung an die Stelle der ständischen mit Selbstherrlichkeit
letzteren, ſowie der Prüfungsordnung. In Deutſchland gibt es nur als ſolche Vorbildungsanſtalten; die Universités libres ſind ja doch ſchon Fachbildungsanſtalten in dieſem Sinne. So iſt das Studienprüfungs- ſyſtem ein Ganzes geworden, deſſen Darſtellung wohl einer ſpeciellen Arbeit würdig wäre.
2) Berufsprüfungsſyſtem. Während nun das Studien- prüfungsſyſtem naturgemäß noch in den meiſten Punkten genau mit den Formen der ſtändiſchen Vorbildung zuſammenhängt und ſich weſent- lich von der letzteren nur dadurch unterſcheidet, daß die Lehrkörper in den Staatsbildungsanſtalten als Staatsbeamtete fungiren, iſt das Be- rufsbildungsweſen ein von der ſtändiſchen Epoche weſentlich und auch formell ganz verſchiedenes geworden. Die mannichfach verſchiedenen Ver- hältniſſe deſſelben müſſen nun dieſer Epoche auf folgende einfache Kate- gorie reducirt und darauf die Vergleichung des geltenden Prüfungs- ſyſtems begründet werden.
Zuerſt gilt auch hier der Grundſatz, daß jede Fachbildungsanſtalt mit einer ſpeciell auf ihr Fach berechneten öffentlichen Prüfung ver- ſehen ſein ſoll und iſt und zwar ganz abgeſehen von dem öffent- lichen Recht dieſer Prüfung, das für die einzelnen Fächer ſehr verſchie- den iſt, weil das Beſtehen der Prüfung den großen Werth hat, die öffentliche Conſtatirung des Erwerbs eines gewiſſen Maßes der Fach- bildung für den Geprüften und damit eines gewiſſen Werthes ſeiner Fähigkeiten zu erhalten. Selbſt da, wo daher keine geſetzliche Prüfung vorgeſchrieben iſt, wie bei den freien Lehranſtalten, bildet ſich eine ſolche durch das Intereſſe der Betheiligten von ſelbſt heraus (Handelsaka- demien ꝛc.) oder wird durch anderes ſo weit thunlich erſetzt (Kunſt- akademien mit Prämien); die Nothwendigkeit der Fachprüfung bei Staats- anſtalten iſt dabei ſelbſtverſtändlich. Dieß iſt der erſte leitende Grund- ſatz. Dennoch unterſcheiden ſich die Staatsanſtalten von den öffentlichen auf dieſem Punkte dadurch, daß die Fachprüfung für die erſteren als ein öffentliches Recht, für die letzteren als eine Maßregel der Zweck- mäßigkeit, für alle aber als ein allgemein gültiges Princip des Bil- dungsweſens anerkannt wird. Die weitere Entwicklung des Prüfungs- weſens liegt erſt in den folgenden Punkten.
Das zweite iſt nun die Beſtellung der Prüfungsorgane und der Prüfungsordnungen. Und hier ſcheiden ſich nun zwei Syſteme.
Nachdem nämlich bereits mit dem vorigen Jahrhundert die Fach- bildungsanſtalten dem Charakter, wenn auch nicht der Form nach aus ſtändiſchen Körperſchaften ſtaatliche Anſtalten mit ſtaatlichen Funktionen und Unterſtützungen geworden ſind, bei denen nunmehr das Princip der Selbſtverwaltung an die Stelle der ſtändiſchen mit Selbſtherrlichkeit
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letzteren, ſowie der Prüfungsordnung. In Deutſchland gibt es nur als
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Fachbildungsanſtalten in dieſem Sinne. So iſt das Studienprüfungs-
ſyſtem ein Ganzes geworden, deſſen Darſtellung wohl einer ſpeciellen
Arbeit würdig wäre.
2) Berufsprüfungsſyſtem. Während nun das Studien-
prüfungsſyſtem naturgemäß noch in den meiſten Punkten genau mit
den Formen der ſtändiſchen Vorbildung zuſammenhängt und ſich weſent-
lich von der letzteren nur dadurch unterſcheidet, daß die Lehrkörper in
den Staatsbildungsanſtalten als Staatsbeamtete fungiren, iſt das Be-
rufsbildungsweſen ein von der ſtändiſchen Epoche weſentlich und auch
formell ganz verſchiedenes geworden. Die mannichfach verſchiedenen Ver-
hältniſſe deſſelben müſſen nun dieſer Epoche auf folgende einfache Kate-
gorie reducirt und darauf die Vergleichung des geltenden Prüfungs-
ſyſtems begründet werden.
Zuerſt gilt auch hier der Grundſatz, daß jede Fachbildungsanſtalt
mit einer ſpeciell auf ihr Fach berechneten öffentlichen Prüfung ver-
ſehen ſein ſoll und iſt und zwar ganz abgeſehen von dem öffent-
lichen Recht dieſer Prüfung, das für die einzelnen Fächer ſehr verſchie-
den iſt, weil das Beſtehen der Prüfung den großen Werth hat, die
öffentliche Conſtatirung des Erwerbs eines gewiſſen Maßes der Fach-
bildung für den Geprüften und damit eines gewiſſen Werthes ſeiner
Fähigkeiten zu erhalten. Selbſt da, wo daher keine geſetzliche Prüfung
vorgeſchrieben iſt, wie bei den freien Lehranſtalten, bildet ſich eine ſolche
durch das Intereſſe der Betheiligten von ſelbſt heraus (Handelsaka-
demien ꝛc.) oder wird durch anderes ſo weit thunlich erſetzt (Kunſt-
akademien mit Prämien); die Nothwendigkeit der Fachprüfung bei Staats-
anſtalten iſt dabei ſelbſtverſtändlich. Dieß iſt der erſte leitende Grund-
ſatz. Dennoch unterſcheiden ſich die Staatsanſtalten von den öffentlichen
auf dieſem Punkte dadurch, daß die Fachprüfung für die erſteren als
ein öffentliches Recht, für die letzteren als eine Maßregel der Zweck-
mäßigkeit, für alle aber als ein allgemein gültiges Princip des Bil-
dungsweſens anerkannt wird. Die weitere Entwicklung des Prüfungs-
weſens liegt erſt in den folgenden Punkten.
Das zweite iſt nun die Beſtellung der Prüfungsorgane und der
Prüfungsordnungen. Und hier ſcheiden ſich nun zwei Syſteme.
Nachdem nämlich bereits mit dem vorigen Jahrhundert die Fach-
bildungsanſtalten dem Charakter, wenn auch nicht der Form nach aus
ſtändiſchen Körperſchaften ſtaatliche Anſtalten mit ſtaatlichen Funktionen
und Unterſtützungen geworden ſind, bei denen nunmehr das Princip
der Selbſtverwaltung an die Stelle der ſtändiſchen mit Selbſtherrlichkeit
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/206>, abgerufen am 16.02.2025.
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