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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

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selbständige Aufsätze in der Volksschule zu verfassen. Das große leitende
Princip des Volksschulwesens dieser Epoche ist es, die Volksschule nicht
mehr wie früher als ein auch gesellschaftlich geschiedenes Element der
Bildung, sondern als die organische Gestalt der Vorbildung für das
ganze geistige Leben
, als die Einführung in alle Bildung hinzu-
stellen. Die Volksschule wird daher jetzt auch innerlich ein System,
und dieß System ist ausgedrückt in den Klassen derselben, eine Er-
scheinung, die unserm Jahrhundert eigenthümlich, in ihrer Verbindung
mit den wichtigsten Elementen des Fortschrittes gedacht werden muß.

Die Freiheit in der Berufsbildung liegt einerseits in der Entwicklung
der Realbildungsanstalten zu einem allgemeinen System, in dem wieder
neben dem rein gewerblichen Zwecke die allgemeine Bildung in Geographie,
Geschichte und den Elementen der Staatswissenschaft ihren gesicherten
Platz bekommt; andrerseits in der freien Bildung von Unternehmungen
für dieselben, während auf den Universitäten die philosophischen Facul-
täten und die Verpflichtung der Studirenden wenigstens die Elemente
der selbstthätigen philosophischen Bildung in sich aufzunehmen, die Träger
dieser Richtung sind; endlich aber in dem großen Princip der Lern-
und Lehrfreiheit, deren Form eine bestrittene, deren Grundgedanke
aber in allen Formen der ist, daß der Einzelne nicht durch mechanische
Aneignung des Gelehrten, sondern nur durch Selbstthätigkeit in Wahl
des Stoffes und der eignen Arbeit die wahre Berufsbildung erreichen
kann -- ein Gesichtspunkt, den die formalste Behandlung der Frage
nie hat vergessen können.

Die Freiheit der allgemeinen Bildung endlich ist ausgedrückt in
dem, allerdings nicht ganz vollzogenen Uebergange vom alten Preßwesen
zum Rechte der gerichtlichen Verantwortlichkeit der Presse.

Die systematische Entwicklung des Bildungswesens erscheint
bei der Volksschule formell in dem Klassensystem derselben, sowie
in der Ausbreitung ihrer specifischen Function über das Kindesalter
hinaus in dem Sonntagsschulwesen, in der Aufstellung von eigenthüm-
lichen Specialelementarschulen, Taubstummen- und Blindenschulen, dann
aber in der Aufnahme der Elementarbildung in die eigentliche Kinderzeit
bei den Warteschulen; alles als Ein Ganzes für die Vorbereitung zur
höhern Bildung arbeitend.

Bei der Berufsbildung tritt dieselbe zunächst auf in der strengen
Scheidung der Vorbildungsanstalten von der eigentlichen Fachbildung,
der hohen Schulen von den Universitäten; dann in der Uebertragung
dieses organischen Unterschiedes auf die ganze Realbildung; dann in dem
strengen System der Klassen mit ihren Aufnahms- und Uebergangs-
prüfungen und den fachmäßigen Studienordnungen an den Universitäten;

ſelbſtändige Aufſätze in der Volksſchule zu verfaſſen. Das große leitende
Princip des Volksſchulweſens dieſer Epoche iſt es, die Volksſchule nicht
mehr wie früher als ein auch geſellſchaftlich geſchiedenes Element der
Bildung, ſondern als die organiſche Geſtalt der Vorbildung für das
ganze geiſtige Leben
, als die Einführung in alle Bildung hinzu-
ſtellen. Die Volksſchule wird daher jetzt auch innerlich ein Syſtem,
und dieß Syſtem iſt ausgedrückt in den Klaſſen derſelben, eine Er-
ſcheinung, die unſerm Jahrhundert eigenthümlich, in ihrer Verbindung
mit den wichtigſten Elementen des Fortſchrittes gedacht werden muß.

Die Freiheit in der Berufsbildung liegt einerſeits in der Entwicklung
der Realbildungsanſtalten zu einem allgemeinen Syſtem, in dem wieder
neben dem rein gewerblichen Zwecke die allgemeine Bildung in Geographie,
Geſchichte und den Elementen der Staatswiſſenſchaft ihren geſicherten
Platz bekommt; andrerſeits in der freien Bildung von Unternehmungen
für dieſelben, während auf den Univerſitäten die philoſophiſchen Facul-
täten und die Verpflichtung der Studirenden wenigſtens die Elemente
der ſelbſtthätigen philoſophiſchen Bildung in ſich aufzunehmen, die Träger
dieſer Richtung ſind; endlich aber in dem großen Princip der Lern-
und Lehrfreiheit, deren Form eine beſtrittene, deren Grundgedanke
aber in allen Formen der iſt, daß der Einzelne nicht durch mechaniſche
Aneignung des Gelehrten, ſondern nur durch Selbſtthätigkeit in Wahl
des Stoffes und der eignen Arbeit die wahre Berufsbildung erreichen
kann — ein Geſichtspunkt, den die formalſte Behandlung der Frage
nie hat vergeſſen können.

Die Freiheit der allgemeinen Bildung endlich iſt ausgedrückt in
dem, allerdings nicht ganz vollzogenen Uebergange vom alten Preßweſen
zum Rechte der gerichtlichen Verantwortlichkeit der Preſſe.

Die ſyſtematiſche Entwicklung des Bildungsweſens erſcheint
bei der Volksſchule formell in dem Klaſſenſyſtem derſelben, ſowie
in der Ausbreitung ihrer ſpecifiſchen Function über das Kindesalter
hinaus in dem Sonntagsſchulweſen, in der Aufſtellung von eigenthüm-
lichen Specialelementarſchulen, Taubſtummen- und Blindenſchulen, dann
aber in der Aufnahme der Elementarbildung in die eigentliche Kinderzeit
bei den Warteſchulen; alles als Ein Ganzes für die Vorbereitung zur
höhern Bildung arbeitend.

Bei der Berufsbildung tritt dieſelbe zunächſt auf in der ſtrengen
Scheidung der Vorbildungsanſtalten von der eigentlichen Fachbildung,
der hohen Schulen von den Univerſitäten; dann in der Uebertragung
dieſes organiſchen Unterſchiedes auf die ganze Realbildung; dann in dem
ſtrengen Syſtem der Klaſſen mit ihren Aufnahms- und Uebergangs-
prüfungen und den fachmäßigen Studienordnungen an den Univerſitäten;

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[35/0063] ſelbſtändige Aufſätze in der Volksſchule zu verfaſſen. Das große leitende Princip des Volksſchulweſens dieſer Epoche iſt es, die Volksſchule nicht mehr wie früher als ein auch geſellſchaftlich geſchiedenes Element der Bildung, ſondern als die organiſche Geſtalt der Vorbildung für das ganze geiſtige Leben, als die Einführung in alle Bildung hinzu- ſtellen. Die Volksſchule wird daher jetzt auch innerlich ein Syſtem, und dieß Syſtem iſt ausgedrückt in den Klaſſen derſelben, eine Er- ſcheinung, die unſerm Jahrhundert eigenthümlich, in ihrer Verbindung mit den wichtigſten Elementen des Fortſchrittes gedacht werden muß. Die Freiheit in der Berufsbildung liegt einerſeits in der Entwicklung der Realbildungsanſtalten zu einem allgemeinen Syſtem, in dem wieder neben dem rein gewerblichen Zwecke die allgemeine Bildung in Geographie, Geſchichte und den Elementen der Staatswiſſenſchaft ihren geſicherten Platz bekommt; andrerſeits in der freien Bildung von Unternehmungen für dieſelben, während auf den Univerſitäten die philoſophiſchen Facul- täten und die Verpflichtung der Studirenden wenigſtens die Elemente der ſelbſtthätigen philoſophiſchen Bildung in ſich aufzunehmen, die Träger dieſer Richtung ſind; endlich aber in dem großen Princip der Lern- und Lehrfreiheit, deren Form eine beſtrittene, deren Grundgedanke aber in allen Formen der iſt, daß der Einzelne nicht durch mechaniſche Aneignung des Gelehrten, ſondern nur durch Selbſtthätigkeit in Wahl des Stoffes und der eignen Arbeit die wahre Berufsbildung erreichen kann — ein Geſichtspunkt, den die formalſte Behandlung der Frage nie hat vergeſſen können. Die Freiheit der allgemeinen Bildung endlich iſt ausgedrückt in dem, allerdings nicht ganz vollzogenen Uebergange vom alten Preßweſen zum Rechte der gerichtlichen Verantwortlichkeit der Preſſe. Die ſyſtematiſche Entwicklung des Bildungsweſens erſcheint bei der Volksſchule formell in dem Klaſſenſyſtem derſelben, ſowie in der Ausbreitung ihrer ſpecifiſchen Function über das Kindesalter hinaus in dem Sonntagsſchulweſen, in der Aufſtellung von eigenthüm- lichen Specialelementarſchulen, Taubſtummen- und Blindenſchulen, dann aber in der Aufnahme der Elementarbildung in die eigentliche Kinderzeit bei den Warteſchulen; alles als Ein Ganzes für die Vorbereitung zur höhern Bildung arbeitend. Bei der Berufsbildung tritt dieſelbe zunächſt auf in der ſtrengen Scheidung der Vorbildungsanſtalten von der eigentlichen Fachbildung, der hohen Schulen von den Univerſitäten; dann in der Uebertragung dieſes organiſchen Unterſchiedes auf die ganze Realbildung; dann in dem ſtrengen Syſtem der Klaſſen mit ihren Aufnahms- und Uebergangs- prüfungen und den fachmäßigen Studienordnungen an den Univerſitäten;

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/63>, abgerufen am 24.11.2024.