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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868.

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aber das 18. Jahrhundert ist reich an polizeilichen Verboten, die freilich
zum Theil mit der Regalität des Lottos zusammenhängen. Die Wahr-
scheinlichkeitsrechnung gab das materielle Motiv (Buffon: "tout joueur
est un fou, dont on est convenu de ne pas se moquer"
). Das
unselige Staatslotto flüchtete sich hinter die Behauptung, daß der Trieb
des Spieles unwiderstehlich sei; die Belassung der öffentlichen Spiel-
banken hat mit vollem Recht den Unwillen des Volkes erregt; bei
alledem aber ist der Versuch, die Hasardspiele bis in die Sphären der
privaten Geselligkeit zu verfolgen, mit dem vorigen Jahrhundert so
ziemlich in den Grundsatz übergegangen, den gewerblichen Betrieb
desselben zu verfolgen und zu bestrafen, indem derselbe geradezu als
ein Verbrechen in die Strafgesetzbücher aufgenommen ist.

Frankreich. Unterscheidung der jeux clandestins und der jeux
publics;
Strafe: Code Penal (Art. 410. 175. 478). Unter der Con-
stituante
werden nur noch die Spielhäuser verboten; das Decret vom
24. Juni 1806 verbot sie gleichfalls zwar in ganz Frankreich, gestattete
jedoch Erlaubniß für einzelne Ausnahmen; der Code Crim. hob nach
Römischem Recht das Klagrecht auf. Die Gesetze von 1818 und vom
19. Juli 1819 belegten die concessionirten Häuser mit Abgaben
(51/2 Millionen in Paris), bis endlich das Gesetz von 1836 alle
öffentlichen Spiele in Frankreich verbietet. Jedoch Grundsatz der Er-
laubniß
zu gewissen öffentlichen Spielen durch die autorite munici-
pale
(Decret vom 22. April 1837 und 28. Mai 1841). -- Ganz ähnlich in
Oesterreich; neben ausführlichen, bereits aus dem Beginn des vorigen
Jahrhunderts stammenden polizeilichen Verboten aller Arten von Spielen
(Stubenrauch §. 429; das Strafrecht in §. 523 des Strafgesetz-
buches). -- Preußen. Aeltere Gesetzgebung in Rönne und Simon,
Polizeiwesen II. §. 128--141 und Supplement I. 133--140. Neuere
auf Grund des Strafgesetzbuchs §. 266 und 267 genaueren Bestim-
mungen: Rönne, Staatsrecht II. 267. -- Königreich Sachsen. Gesetz
vom 11. April 1864, Verbot von Hasardspielen und Wetten bei 50 Rthlr.
Strafe; Verjährung 5 Jahre und kein Klag- und Einrederecht. Das
württembergische Recht bei Mohl, Verwaltungsrecht II. §. 419.
-- Das bayrische Recht bei Pözl, Verwaltungsrecht §. 109. Das
Polizeistrafgesetzbuch Art. 101--104 hat eine vollständige Strafgesetz-
gebung aufgestellt, speciell bei Promessen auf Prämien in- und aus-
ländischer Lotterie-Anlehen (101. 4). Polizeiliche Bewilligung ist erlaubt;
ob gewerbsmäßig? -- Baden (Polizeistrafgesetzbuch) hat speciell die
Gewerbsmäßigkeit und Oeffentlichkeit betont, während es "die Wetten,"
die Bayern auch verbietet, nicht berührt. §. 80. (Vgl. Mohl Polizei-
wissenschaft I. §. 41.) Die Spielbanken in Homburg und Wiesbaden

aber das 18. Jahrhundert iſt reich an polizeilichen Verboten, die freilich
zum Theil mit der Regalität des Lottos zuſammenhängen. Die Wahr-
ſcheinlichkeitsrechnung gab das materielle Motiv (Buffon: „tout joueur
est un fou, dont on est convenu de ne pas se moquer“
). Das
unſelige Staatslotto flüchtete ſich hinter die Behauptung, daß der Trieb
des Spieles unwiderſtehlich ſei; die Belaſſung der öffentlichen Spiel-
banken hat mit vollem Recht den Unwillen des Volkes erregt; bei
alledem aber iſt der Verſuch, die Haſardſpiele bis in die Sphären der
privaten Geſelligkeit zu verfolgen, mit dem vorigen Jahrhundert ſo
ziemlich in den Grundſatz übergegangen, den gewerblichen Betrieb
deſſelben zu verfolgen und zu beſtrafen, indem derſelbe geradezu als
ein Verbrechen in die Strafgeſetzbücher aufgenommen iſt.

Frankreich. Unterſcheidung der jeux clandestins und der jeux
publics;
Strafe: Code Pénal (Art. 410. 175. 478). Unter der Con-
stituante
werden nur noch die Spielhäuſer verboten; das Decret vom
24. Juni 1806 verbot ſie gleichfalls zwar in ganz Frankreich, geſtattete
jedoch Erlaubniß für einzelne Ausnahmen; der Code Crim. hob nach
Römiſchem Recht das Klagrecht auf. Die Geſetze von 1818 und vom
19. Juli 1819 belegten die conceſſionirten Häuſer mit Abgaben
(5½ Millionen in Paris), bis endlich das Geſetz von 1836 alle
öffentlichen Spiele in Frankreich verbietet. Jedoch Grundſatz der Er-
laubniß
zu gewiſſen öffentlichen Spielen durch die autorité munici-
pale
(Decret vom 22. April 1837 und 28. Mai 1841). — Ganz ähnlich in
Oeſterreich; neben ausführlichen, bereits aus dem Beginn des vorigen
Jahrhunderts ſtammenden polizeilichen Verboten aller Arten von Spielen
(Stubenrauch §. 429; das Strafrecht in §. 523 des Strafgeſetz-
buches). — Preußen. Aeltere Geſetzgebung in Rönne und Simon,
Polizeiweſen II. §. 128—141 und Supplement I. 133—140. Neuere
auf Grund des Strafgeſetzbuchs §. 266 und 267 genaueren Beſtim-
mungen: Rönne, Staatsrecht II. 267. — Königreich Sachſen. Geſetz
vom 11. April 1864, Verbot von Haſardſpielen und Wetten bei 50 Rthlr.
Strafe; Verjährung 5 Jahre und kein Klag- und Einrederecht. Das
württembergiſche Recht bei Mohl, Verwaltungsrecht II. §. 419.
— Das bayriſche Recht bei Pözl, Verwaltungsrecht §. 109. Das
Polizeiſtrafgeſetzbuch Art. 101—104 hat eine vollſtändige Strafgeſetz-
gebung aufgeſtellt, ſpeciell bei Promeſſen auf Prämien in- und aus-
ländiſcher Lotterie-Anlehen (101. 4). Polizeiliche Bewilligung iſt erlaubt;
ob gewerbsmäßig? — Baden (Polizeiſtrafgeſetzbuch) hat ſpeciell die
Gewerbsmäßigkeit und Oeffentlichkeit betont, während es „die Wetten,“
die Bayern auch verbietet, nicht berührt. §. 80. (Vgl. Mohl Polizei-
wiſſenſchaft I. §. 41.) Die Spielbanken in Homburg und Wiesbaden

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[23/0039] aber das 18. Jahrhundert iſt reich an polizeilichen Verboten, die freilich zum Theil mit der Regalität des Lottos zuſammenhängen. Die Wahr- ſcheinlichkeitsrechnung gab das materielle Motiv (Buffon: „tout joueur est un fou, dont on est convenu de ne pas se moquer“). Das unſelige Staatslotto flüchtete ſich hinter die Behauptung, daß der Trieb des Spieles unwiderſtehlich ſei; die Belaſſung der öffentlichen Spiel- banken hat mit vollem Recht den Unwillen des Volkes erregt; bei alledem aber iſt der Verſuch, die Haſardſpiele bis in die Sphären der privaten Geſelligkeit zu verfolgen, mit dem vorigen Jahrhundert ſo ziemlich in den Grundſatz übergegangen, den gewerblichen Betrieb deſſelben zu verfolgen und zu beſtrafen, indem derſelbe geradezu als ein Verbrechen in die Strafgeſetzbücher aufgenommen iſt. Frankreich. Unterſcheidung der jeux clandestins und der jeux publics; Strafe: Code Pénal (Art. 410. 175. 478). Unter der Con- stituante werden nur noch die Spielhäuſer verboten; das Decret vom 24. Juni 1806 verbot ſie gleichfalls zwar in ganz Frankreich, geſtattete jedoch Erlaubniß für einzelne Ausnahmen; der Code Crim. hob nach Römiſchem Recht das Klagrecht auf. Die Geſetze von 1818 und vom 19. Juli 1819 belegten die conceſſionirten Häuſer mit Abgaben (5½ Millionen in Paris), bis endlich das Geſetz von 1836 alle öffentlichen Spiele in Frankreich verbietet. Jedoch Grundſatz der Er- laubniß zu gewiſſen öffentlichen Spielen durch die autorité munici- pale (Decret vom 22. April 1837 und 28. Mai 1841). — Ganz ähnlich in Oeſterreich; neben ausführlichen, bereits aus dem Beginn des vorigen Jahrhunderts ſtammenden polizeilichen Verboten aller Arten von Spielen (Stubenrauch §. 429; das Strafrecht in §. 523 des Strafgeſetz- buches). — Preußen. Aeltere Geſetzgebung in Rönne und Simon, Polizeiweſen II. §. 128—141 und Supplement I. 133—140. Neuere auf Grund des Strafgeſetzbuchs §. 266 und 267 genaueren Beſtim- mungen: Rönne, Staatsrecht II. 267. — Königreich Sachſen. Geſetz vom 11. April 1864, Verbot von Haſardſpielen und Wetten bei 50 Rthlr. Strafe; Verjährung 5 Jahre und kein Klag- und Einrederecht. Das württembergiſche Recht bei Mohl, Verwaltungsrecht II. §. 419. — Das bayriſche Recht bei Pözl, Verwaltungsrecht §. 109. Das Polizeiſtrafgeſetzbuch Art. 101—104 hat eine vollſtändige Strafgeſetz- gebung aufgeſtellt, ſpeciell bei Promeſſen auf Prämien in- und aus- ländiſcher Lotterie-Anlehen (101. 4). Polizeiliche Bewilligung iſt erlaubt; ob gewerbsmäßig? — Baden (Polizeiſtrafgeſetzbuch) hat ſpeciell die Gewerbsmäßigkeit und Oeffentlichkeit betont, während es „die Wetten,“ die Bayern auch verbietet, nicht berührt. §. 80. (Vgl. Mohl Polizei- wiſſenſchaft I. §. 41.) Die Spielbanken in Homburg und Wiesbaden

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre06_1868/39>, abgerufen am 27.04.2024.