Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868.Er wird die Feier und die Ordnung der Feier den Vorschriften der In England ist es schwer zu sagen, ob die Strenge der Sitte Er wird die Feier und die Ordnung der Feier den Vorſchriften der In England iſt es ſchwer zu ſagen, ob die Strenge der Sitte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0041" n="25"/> Er wird die Feier und die Ordnung der Feier den Vorſchriften der<lb/> Kirche überlaſſen, und iſt <hi rendition="#g">nicht</hi> berechtigt, dieſelbe mit polizeilichen<lb/> Maßregeln zu erzwingen. Die <hi rendition="#g">Störung</hi> dagegen iſt ein Polizeiver-<lb/> gehen. Dieß alles wird nun erſt da von Bedeutung, wo es ſich um<lb/> die Frage handelt, ob <hi rendition="#g">Arbeit und Verkehr</hi> als Störungen anzu-<lb/> ſehen ſind. Regel iſt dabei die, daß die Störung da polizeilich aner-<lb/> kannt werden muß, wo ſie <hi rendition="#g">außer</hi> dem Hauſe auftritt, und zweitens<lb/> in ſolcher Form, daß ſie mit der Aeußerung der Feier in Widerſpruch<lb/> erſcheint. Dieß muß bei der großen Verſchiedenheit der Feierformen<lb/> für jeden Fall beſtimmt werden. Feſt ſteht daher, daß Arbeit und<lb/> Verkehrsarten <hi rendition="#g">an ſich nicht als Störung des Feiertags</hi> be-<lb/> trachtet werden können; die Grenze, auf der ſie als ſolche erſcheinen,<lb/> haben die Polizeiverordnungen feſtzuſetzen, die demnach nie etwas be-<lb/> fehlen, ſondern nur verbieten können. Was endlich das Verhältniß<lb/> zur Volkswirthſchaft betrifft, ſo iſt nur das feſtzuhalten, daß die<lb/> letztere nie gegen die Feiertage an ſich, ſondern nur gegen ihr <hi rendition="#g">Ueber-<lb/> maß</hi> ſein kann. Das richtige Maß aber beſtimmt ſich in dem Grade<lb/> beſſer, in welchem die internationale Concurrenz eine freiere iſt.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>In <hi rendition="#g">England</hi> iſt es ſchwer zu ſagen, ob die Strenge der Sitte<lb/> oder der Geſetzgebung größer iſt; wenigſtens ſtimmen in der erſten alle<lb/> Confeſſionen überein. Allein ſelbſt die ſtrenge Hochkirche hat überdieß den<lb/> Grundſatz angenommen, daß jedes Glaubensbekenntniß hinſichtlich ſeiner<lb/> arbeitsloſen Feiertage unbedingt ſelbſtändig ſei. Sie hat mit rich-<lb/> tigem Blick die Zahl der letzteren ſo weit ſie vermochte, herabgeſetzt. —<lb/> In <hi rendition="#g">Frankreich</hi> iſt der Grundſatz des Geſetzes vom 18. November 1814<lb/> noch heute geltend, nach welchen an allen <hi rendition="#g">Sonn-</hi> und vom <hi rendition="#g">Staate</hi><lb/> anerkannten übrigen <hi rendition="#g">Feſttagen</hi> alle <hi rendition="#g">öffentlich</hi> vorgenommenen Pri-<lb/> vatarbeiten aufhören und die Werkſtätten von <hi rendition="#g">außen</hi> geſchloſſen<lb/> werden ſollen, mit <hi rendition="#g">Ausnahme</hi> der für die Communication beſtimmten<lb/> Läden. Als 1830 die katholiſche Religion aufhörte, Staatsreligion zu<lb/> ſein, entſtand die Frage, ob jener Grundſatz von 1814 noch gelte; ſie<lb/> iſt wiederholt <hi rendition="#g">bejaht</hi>. Grundſatz iſt das Verbot öffentlicher und ſtören-<lb/> der Arbeit und Zulaſſung der nothwendigen; das Geſetz vom 22. Fe-<lb/> bruar 1851 hat übrigens daneben feſtgeſtellt, daß an den Sonn- und<lb/> Feſttagen Kinder und Lehrlinge zu Arbeiten <hi rendition="#g">nicht</hi> gezwungen werden<lb/> dürfen. Der Kampf gegen dieß Recht der Feiertage iſt in Frankreich<lb/> ein heftiger. Die Anſichten der Staatswiſſenſchaft vor Jahrhunderten<lb/> in Deutſchland bei <hi rendition="#g">Juſti</hi> Bd. 12. Hauptſtück 45 über <hi rendition="#g">Feſte</hi>; Freiheit<lb/> derſelben „gegen die traurigen und finſtern Köpfe“ S. 294. — Die<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [25/0041]
Er wird die Feier und die Ordnung der Feier den Vorſchriften der
Kirche überlaſſen, und iſt nicht berechtigt, dieſelbe mit polizeilichen
Maßregeln zu erzwingen. Die Störung dagegen iſt ein Polizeiver-
gehen. Dieß alles wird nun erſt da von Bedeutung, wo es ſich um
die Frage handelt, ob Arbeit und Verkehr als Störungen anzu-
ſehen ſind. Regel iſt dabei die, daß die Störung da polizeilich aner-
kannt werden muß, wo ſie außer dem Hauſe auftritt, und zweitens
in ſolcher Form, daß ſie mit der Aeußerung der Feier in Widerſpruch
erſcheint. Dieß muß bei der großen Verſchiedenheit der Feierformen
für jeden Fall beſtimmt werden. Feſt ſteht daher, daß Arbeit und
Verkehrsarten an ſich nicht als Störung des Feiertags be-
trachtet werden können; die Grenze, auf der ſie als ſolche erſcheinen,
haben die Polizeiverordnungen feſtzuſetzen, die demnach nie etwas be-
fehlen, ſondern nur verbieten können. Was endlich das Verhältniß
zur Volkswirthſchaft betrifft, ſo iſt nur das feſtzuhalten, daß die
letztere nie gegen die Feiertage an ſich, ſondern nur gegen ihr Ueber-
maß ſein kann. Das richtige Maß aber beſtimmt ſich in dem Grade
beſſer, in welchem die internationale Concurrenz eine freiere iſt.
In England iſt es ſchwer zu ſagen, ob die Strenge der Sitte
oder der Geſetzgebung größer iſt; wenigſtens ſtimmen in der erſten alle
Confeſſionen überein. Allein ſelbſt die ſtrenge Hochkirche hat überdieß den
Grundſatz angenommen, daß jedes Glaubensbekenntniß hinſichtlich ſeiner
arbeitsloſen Feiertage unbedingt ſelbſtändig ſei. Sie hat mit rich-
tigem Blick die Zahl der letzteren ſo weit ſie vermochte, herabgeſetzt. —
In Frankreich iſt der Grundſatz des Geſetzes vom 18. November 1814
noch heute geltend, nach welchen an allen Sonn- und vom Staate
anerkannten übrigen Feſttagen alle öffentlich vorgenommenen Pri-
vatarbeiten aufhören und die Werkſtätten von außen geſchloſſen
werden ſollen, mit Ausnahme der für die Communication beſtimmten
Läden. Als 1830 die katholiſche Religion aufhörte, Staatsreligion zu
ſein, entſtand die Frage, ob jener Grundſatz von 1814 noch gelte; ſie
iſt wiederholt bejaht. Grundſatz iſt das Verbot öffentlicher und ſtören-
der Arbeit und Zulaſſung der nothwendigen; das Geſetz vom 22. Fe-
bruar 1851 hat übrigens daneben feſtgeſtellt, daß an den Sonn- und
Feſttagen Kinder und Lehrlinge zu Arbeiten nicht gezwungen werden
dürfen. Der Kampf gegen dieß Recht der Feiertage iſt in Frankreich
ein heftiger. Die Anſichten der Staatswiſſenſchaft vor Jahrhunderten
in Deutſchland bei Juſti Bd. 12. Hauptſtück 45 über Feſte; Freiheit
derſelben „gegen die traurigen und finſtern Köpfe“ S. 294. — Die
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