Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868.

Bild:
<< vorherige Seite

Theil sehr speciell (Stubenrauch, Verwaltungsgesetzkunde II. §. 432). --
In Preußen ist das Verbot sogar in das Strafgesetzbuch aufgenom-
men §. 340. 10; was im Grunde endgültig das richtige ist. -- Bayern:
Pözl
§. 109 und Polizeistrafgesetzbuch §. 100. -- Baden: Verord-
nung vom 22. October 1864 (Viehtransportregelung). Das Polizei-
strafgesetzbuch hat in §. 78 die polizeiliche Bestrafung auf die beiden
Fälle des "öffentlichen Aergernisses" und der "Uebertretung (örtlicher)
Verordnungen" beschränkt. -- Mohl hat das Verdienst, die Frage in
die Polizeiwissenschaft aufgenommen und sie ganz rationell behandelt
zu haben (Polizeiwissenschaft I. §. 93).


Zweiter Abschnitt.
Oeffentliche Bildungsanstalten.
I. Begriff und geschichtliche Entwicklung im Allgemeinen.

Das Gebiet der öffentlichen Bildungsanstalten ist weder ohne Be-
deutung noch ohne Interesse. In der That sind dieselben weder zu-
fällig entstanden, noch ist ihre Entwicklung eine zufällige. Es sollte
daher auch die Behandlung selbst im Einzelnen stets im Hinblick auf
das Ganze unternommen werden; denn sie bilden ein keineswegs un-
wichtiges Element in dem allgemeinen Bildungswesen, und es ist kaum
zu verkennen, daß das neue sociale Element, welches nebst dem gewerb-
lichen in unserer Zeit hinzugetreten ist, es möglich und auch wohl nöthig
machen wird, einen allgemeinen Gesichtspunkt dafür einzunehmen.

Oeffentliche Bildungsanstalten sind alle diejenigen Anstalten für
die geistige Entwicklung des Volkes, die nicht mehr aus einem bestimm-
ten Zweck hervorgegangen sind, und daher sich auch nicht auf Bildungs-
mittel für diesen bestimmten Zweck beschränken, sondern überhaupt die
Mittel der geistigen Entwicklung so weit darbieten, als dieß von Seiten
des Einzelnen nicht mehr geschehen kann.

Ihr Auftreten, ihre Gestalt und ihr öffentliches Recht hängen
daher enge mit dem gesammten Gange des Bildungswesens zusammen,
und tragen den Charakter der betreffenden Epoche an sich. Dieser aber
wird durch die sociale Entwicklung bestimmt, und so wird man sagen
müssen, daß jede Gesellschaftsordnung ihre eigenthümlichen Bildungs-
anstalten hat.

Um diese aber richtig beurtheilen zu können, darf man ein zweites
nicht vergessen. Das Wesen der geistigen Arbeit, der tiefere und letzte

Theil ſehr ſpeciell (Stubenrauch, Verwaltungsgeſetzkunde II. §. 432). —
In Preußen iſt das Verbot ſogar in das Strafgeſetzbuch aufgenom-
men §. 340. 10; was im Grunde endgültig das richtige iſt. — Bayern:
Pözl
§. 109 und Polizeiſtrafgeſetzbuch §. 100. — Baden: Verord-
nung vom 22. October 1864 (Viehtransportregelung). Das Polizei-
ſtrafgeſetzbuch hat in §. 78 die polizeiliche Beſtrafung auf die beiden
Fälle des „öffentlichen Aergerniſſes“ und der „Uebertretung (örtlicher)
Verordnungen“ beſchränkt. — Mohl hat das Verdienſt, die Frage in
die Polizeiwiſſenſchaft aufgenommen und ſie ganz rationell behandelt
zu haben (Polizeiwiſſenſchaft I. §. 93).


Zweiter Abſchnitt.
Oeffentliche Bildungsanſtalten.
I. Begriff und geſchichtliche Entwicklung im Allgemeinen.

Das Gebiet der öffentlichen Bildungsanſtalten iſt weder ohne Be-
deutung noch ohne Intereſſe. In der That ſind dieſelben weder zu-
fällig entſtanden, noch iſt ihre Entwicklung eine zufällige. Es ſollte
daher auch die Behandlung ſelbſt im Einzelnen ſtets im Hinblick auf
das Ganze unternommen werden; denn ſie bilden ein keineswegs un-
wichtiges Element in dem allgemeinen Bildungsweſen, und es iſt kaum
zu verkennen, daß das neue ſociale Element, welches nebſt dem gewerb-
lichen in unſerer Zeit hinzugetreten iſt, es möglich und auch wohl nöthig
machen wird, einen allgemeinen Geſichtspunkt dafür einzunehmen.

Oeffentliche Bildungsanſtalten ſind alle diejenigen Anſtalten für
die geiſtige Entwicklung des Volkes, die nicht mehr aus einem beſtimm-
ten Zweck hervorgegangen ſind, und daher ſich auch nicht auf Bildungs-
mittel für dieſen beſtimmten Zweck beſchränken, ſondern überhaupt die
Mittel der geiſtigen Entwicklung ſo weit darbieten, als dieß von Seiten
des Einzelnen nicht mehr geſchehen kann.

Ihr Auftreten, ihre Geſtalt und ihr öffentliches Recht hängen
daher enge mit dem geſammten Gange des Bildungsweſens zuſammen,
und tragen den Charakter der betreffenden Epoche an ſich. Dieſer aber
wird durch die ſociale Entwicklung beſtimmt, und ſo wird man ſagen
müſſen, daß jede Geſellſchaftsordnung ihre eigenthümlichen Bildungs-
anſtalten hat.

Um dieſe aber richtig beurtheilen zu können, darf man ein zweites
nicht vergeſſen. Das Weſen der geiſtigen Arbeit, der tiefere und letzte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0043" n="27"/>
Theil &#x017F;ehr &#x017F;peciell (<hi rendition="#g">Stubenrauch</hi>, Verwaltungsge&#x017F;etzkunde <hi rendition="#aq">II.</hi> §. 432). &#x2014;<lb/>
In <hi rendition="#g">Preußen</hi> i&#x017F;t das Verbot &#x017F;ogar in das Strafge&#x017F;etzbuch aufgenom-<lb/>
men §. 340. 10; was im Grunde endgültig das richtige i&#x017F;t. &#x2014; <hi rendition="#g">Bayern:<lb/>
Pözl</hi> §. 109 und Polizei&#x017F;trafge&#x017F;etzbuch §. 100. &#x2014; <hi rendition="#g">Baden</hi>: Verord-<lb/>
nung vom 22. October 1864 (Viehtransportregelung). Das Polizei-<lb/>
&#x017F;trafge&#x017F;etzbuch hat in §. 78 die polizeiliche Be&#x017F;trafung auf die beiden<lb/>
Fälle des &#x201E;öffentlichen Aergerni&#x017F;&#x017F;es&#x201C; und der &#x201E;Uebertretung (örtlicher)<lb/>
Verordnungen&#x201C; be&#x017F;chränkt. &#x2014; <hi rendition="#g">Mohl</hi> hat das Verdien&#x017F;t, die Frage in<lb/>
die Polizeiwi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft aufgenommen und &#x017F;ie ganz rationell behandelt<lb/>
zu haben (Polizeiwi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft <hi rendition="#aq">I.</hi> §. 93).</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Zweiter Ab&#x017F;chnitt</hi>.</hi><lb/>
Oeffentliche Bildungsan&#x017F;talten.</head><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Begriff und ge&#x017F;chichtliche Entwicklung im Allgemeinen.</hi> </head><lb/>
              <p>Das Gebiet der öffentlichen Bildungsan&#x017F;talten i&#x017F;t weder ohne Be-<lb/>
deutung noch ohne Intere&#x017F;&#x017F;e. In der That &#x017F;ind die&#x017F;elben weder zu-<lb/>
fällig ent&#x017F;tanden, noch i&#x017F;t ihre Entwicklung eine zufällige. Es &#x017F;ollte<lb/>
daher auch die Behandlung &#x017F;elb&#x017F;t im Einzelnen &#x017F;tets im Hinblick auf<lb/>
das Ganze unternommen werden; denn &#x017F;ie bilden ein keineswegs un-<lb/>
wichtiges Element in dem allgemeinen Bildungswe&#x017F;en, und es i&#x017F;t kaum<lb/>
zu verkennen, daß das neue &#x017F;ociale Element, welches neb&#x017F;t dem gewerb-<lb/>
lichen in un&#x017F;erer Zeit hinzugetreten i&#x017F;t, es möglich und auch wohl nöthig<lb/>
machen wird, einen allgemeinen Ge&#x017F;ichtspunkt dafür einzunehmen.</p><lb/>
              <p>Oeffentliche Bildungsan&#x017F;talten &#x017F;ind alle diejenigen An&#x017F;talten für<lb/>
die gei&#x017F;tige Entwicklung des Volkes, die nicht mehr aus einem be&#x017F;timm-<lb/>
ten Zweck hervorgegangen &#x017F;ind, und daher &#x017F;ich auch nicht auf Bildungs-<lb/>
mittel für die&#x017F;en be&#x017F;timmten Zweck be&#x017F;chränken, &#x017F;ondern überhaupt die<lb/>
Mittel der gei&#x017F;tigen Entwicklung &#x017F;o weit darbieten, als dieß von Seiten<lb/>
des Einzelnen nicht mehr ge&#x017F;chehen kann.</p><lb/>
              <p>Ihr Auftreten, ihre Ge&#x017F;talt und ihr öffentliches Recht hängen<lb/>
daher enge mit dem ge&#x017F;ammten Gange des Bildungswe&#x017F;ens zu&#x017F;ammen,<lb/>
und tragen den Charakter der betreffenden Epoche an &#x017F;ich. Die&#x017F;er aber<lb/>
wird durch die &#x017F;ociale Entwicklung be&#x017F;timmt, und &#x017F;o wird man &#x017F;agen<lb/>&#x017F;&#x017F;en, daß jede Ge&#x017F;ell&#x017F;chaftsordnung ihre eigenthümlichen Bildungs-<lb/>
an&#x017F;talten hat.</p><lb/>
              <p>Um die&#x017F;e aber richtig beurtheilen zu können, darf man ein zweites<lb/>
nicht verge&#x017F;&#x017F;en. Das We&#x017F;en der gei&#x017F;tigen Arbeit, der tiefere und letzte<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[27/0043] Theil ſehr ſpeciell (Stubenrauch, Verwaltungsgeſetzkunde II. §. 432). — In Preußen iſt das Verbot ſogar in das Strafgeſetzbuch aufgenom- men §. 340. 10; was im Grunde endgültig das richtige iſt. — Bayern: Pözl §. 109 und Polizeiſtrafgeſetzbuch §. 100. — Baden: Verord- nung vom 22. October 1864 (Viehtransportregelung). Das Polizei- ſtrafgeſetzbuch hat in §. 78 die polizeiliche Beſtrafung auf die beiden Fälle des „öffentlichen Aergerniſſes“ und der „Uebertretung (örtlicher) Verordnungen“ beſchränkt. — Mohl hat das Verdienſt, die Frage in die Polizeiwiſſenſchaft aufgenommen und ſie ganz rationell behandelt zu haben (Polizeiwiſſenſchaft I. §. 93). Zweiter Abſchnitt. Oeffentliche Bildungsanſtalten. I. Begriff und geſchichtliche Entwicklung im Allgemeinen. Das Gebiet der öffentlichen Bildungsanſtalten iſt weder ohne Be- deutung noch ohne Intereſſe. In der That ſind dieſelben weder zu- fällig entſtanden, noch iſt ihre Entwicklung eine zufällige. Es ſollte daher auch die Behandlung ſelbſt im Einzelnen ſtets im Hinblick auf das Ganze unternommen werden; denn ſie bilden ein keineswegs un- wichtiges Element in dem allgemeinen Bildungsweſen, und es iſt kaum zu verkennen, daß das neue ſociale Element, welches nebſt dem gewerb- lichen in unſerer Zeit hinzugetreten iſt, es möglich und auch wohl nöthig machen wird, einen allgemeinen Geſichtspunkt dafür einzunehmen. Oeffentliche Bildungsanſtalten ſind alle diejenigen Anſtalten für die geiſtige Entwicklung des Volkes, die nicht mehr aus einem beſtimm- ten Zweck hervorgegangen ſind, und daher ſich auch nicht auf Bildungs- mittel für dieſen beſtimmten Zweck beſchränken, ſondern überhaupt die Mittel der geiſtigen Entwicklung ſo weit darbieten, als dieß von Seiten des Einzelnen nicht mehr geſchehen kann. Ihr Auftreten, ihre Geſtalt und ihr öffentliches Recht hängen daher enge mit dem geſammten Gange des Bildungsweſens zuſammen, und tragen den Charakter der betreffenden Epoche an ſich. Dieſer aber wird durch die ſociale Entwicklung beſtimmt, und ſo wird man ſagen müſſen, daß jede Geſellſchaftsordnung ihre eigenthümlichen Bildungs- anſtalten hat. Um dieſe aber richtig beurtheilen zu können, darf man ein zweites nicht vergeſſen. Das Weſen der geiſtigen Arbeit, der tiefere und letzte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre06_1868
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre06_1868/43
Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre06_1868/43>, abgerufen am 27.04.2024.