Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868.bald ihren dauernden Platz in dem allgemeinen Bildungswesen ein- Das Bewußtsein und das Gefühl von dem Werthe der öffentlichen bald ihren dauernden Platz in dem allgemeinen Bildungsweſen ein- Das Bewußtſein und das Gefühl von dem Werthe der öffentlichen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0048" n="32"/> bald ihren dauernden Platz in dem allgemeinen Bildungsweſen ein-<lb/> nehmen, und dann wird die Verwaltung dahin gelangen, wo ſie jetzt<lb/> mit dem Volksſchulweſen ſteht. Man wird ſolche Volksbibliotheken in<lb/> nicht zu langer Zeit zu einer <hi rendition="#g">Verpflichtung der Gemeinden</hi> er-<lb/> heben, und eben ſo werden die öffentlichen Vorträge zu <hi rendition="#g">regel-<lb/> mäßigen Functionen</hi>, ohne welche die Gemeinden künftig eben ſo<lb/> wenig werden ſein können, wie jetzt ohne die Volksſchule, und wo die<lb/> Mittel dazu bei der Gemeinde nicht ausreichen, wird der Staat ſie zu<lb/> dieſem Zwecke ſubventioniren. Nur ſollte, wenn das kommt, unbedingt<lb/> und unter allen Umſtänden feſtgehalten werden, daß die Benutzung<lb/> ſolcher Bibliotheken wenigſtens der ſolcher Vorträge <hi rendition="#g">niemals</hi> ganz<lb/> unentgeltlich ſein darf. Die Unentgeltlichkeit würde durch die ihr in-<lb/> wohnende Natur daſſelbe Uebel und in bösartigerer Weiſe wieder er-<lb/> zeugen, das ſie bekämpfen ſoll: das Gefühl des Gegenſatzes der<lb/> Klaſſen. Noch iſt jedes Volk untergegangen, das denen, die ſich einen<lb/> Genuß oder ein Bildungsmittel mit eigenen Kräften erſchaffen können,<lb/> dieſelbe als Geſchenk gegeben hat, und ewig wird dieß bleiben! —</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Das Bewußtſein und das Gefühl von dem Werthe der öffentlichen<lb/> Bildungsanſtalten iſt ſo alt wie das öffentliche Bildungsweſen über-<lb/> haupt, aber es iſt natürlich unklar, und muß bei den einzelnen An-<lb/> ſtalten ſtehen geblieben werden. Die Verwaltung bedarf aber ihrer-<lb/> ſeits einer allgemeinen, ſie alle umfaſſenden Auffaſſung derſelben. Wir<lb/> ſind noch außer Stande, viel mehr als die obigen allgemeinen Geſichts-<lb/> punkte zu geben, oder mehr als zerſtreute, faſt zuſammenhangsloſe<lb/> Bruchſtücke der betreffenden Geſetzgebungen mitzutheilen. Unſer Wunſch<lb/> geht daher im Namen der Wiſſenſchaft dahin, daß alle Männer von<lb/> Fach, welche ſich mit den Verhältniſſen jener ſpeziellen Anſtalten be-<lb/> ſchäftigen, die innern und äußerlichen Beziehungen zu dem Ganzen des<lb/> öffentlichen Bildungsweſens in dem Einzelnen, was ihnen entgegen<lb/> kommt, im Auge behalten mögen. Was das ſyſtematiſche Element<lb/> betrifft, ſo muß gefordert werden, daß man den bisherigen, auf der<lb/> ſtändiſchen Ordnung beruhenden Standpunkt verlaſſe, und namentlich<lb/> die Bibliotheken, Sammlungen u. ſ. w. nicht mehr bloß der wiſſen-<lb/> ſchaftlichen Bildung, ſondern der allgemeinen Bildung hinzurechne. —<lb/> Eine Literatur über das Ganze gibt es ſo wenig, als eine Codification;<lb/> nur die territorialen Verwaltungsgeſetzkunden haben ein leider nicht<lb/> vollſtändiges Material, und das nur für die alten Staatsanſtalten,<lb/> aufgeſtellt. <hi rendition="#g">Mohl</hi> hat in ſeiner <hi rendition="#g">Polizeiwiſſenſchaft</hi> <hi rendition="#aq">I.</hi> §. 83—86<lb/> das entſchiedene Verdienſt, dem Gegenſtande ſeinen Platz in der<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [32/0048]
bald ihren dauernden Platz in dem allgemeinen Bildungsweſen ein-
nehmen, und dann wird die Verwaltung dahin gelangen, wo ſie jetzt
mit dem Volksſchulweſen ſteht. Man wird ſolche Volksbibliotheken in
nicht zu langer Zeit zu einer Verpflichtung der Gemeinden er-
heben, und eben ſo werden die öffentlichen Vorträge zu regel-
mäßigen Functionen, ohne welche die Gemeinden künftig eben ſo
wenig werden ſein können, wie jetzt ohne die Volksſchule, und wo die
Mittel dazu bei der Gemeinde nicht ausreichen, wird der Staat ſie zu
dieſem Zwecke ſubventioniren. Nur ſollte, wenn das kommt, unbedingt
und unter allen Umſtänden feſtgehalten werden, daß die Benutzung
ſolcher Bibliotheken wenigſtens der ſolcher Vorträge niemals ganz
unentgeltlich ſein darf. Die Unentgeltlichkeit würde durch die ihr in-
wohnende Natur daſſelbe Uebel und in bösartigerer Weiſe wieder er-
zeugen, das ſie bekämpfen ſoll: das Gefühl des Gegenſatzes der
Klaſſen. Noch iſt jedes Volk untergegangen, das denen, die ſich einen
Genuß oder ein Bildungsmittel mit eigenen Kräften erſchaffen können,
dieſelbe als Geſchenk gegeben hat, und ewig wird dieß bleiben! —
Das Bewußtſein und das Gefühl von dem Werthe der öffentlichen
Bildungsanſtalten iſt ſo alt wie das öffentliche Bildungsweſen über-
haupt, aber es iſt natürlich unklar, und muß bei den einzelnen An-
ſtalten ſtehen geblieben werden. Die Verwaltung bedarf aber ihrer-
ſeits einer allgemeinen, ſie alle umfaſſenden Auffaſſung derſelben. Wir
ſind noch außer Stande, viel mehr als die obigen allgemeinen Geſichts-
punkte zu geben, oder mehr als zerſtreute, faſt zuſammenhangsloſe
Bruchſtücke der betreffenden Geſetzgebungen mitzutheilen. Unſer Wunſch
geht daher im Namen der Wiſſenſchaft dahin, daß alle Männer von
Fach, welche ſich mit den Verhältniſſen jener ſpeziellen Anſtalten be-
ſchäftigen, die innern und äußerlichen Beziehungen zu dem Ganzen des
öffentlichen Bildungsweſens in dem Einzelnen, was ihnen entgegen
kommt, im Auge behalten mögen. Was das ſyſtematiſche Element
betrifft, ſo muß gefordert werden, daß man den bisherigen, auf der
ſtändiſchen Ordnung beruhenden Standpunkt verlaſſe, und namentlich
die Bibliotheken, Sammlungen u. ſ. w. nicht mehr bloß der wiſſen-
ſchaftlichen Bildung, ſondern der allgemeinen Bildung hinzurechne. —
Eine Literatur über das Ganze gibt es ſo wenig, als eine Codification;
nur die territorialen Verwaltungsgeſetzkunden haben ein leider nicht
vollſtändiges Material, und das nur für die alten Staatsanſtalten,
aufgeſtellt. Mohl hat in ſeiner Polizeiwiſſenſchaft I. §. 83—86
das entſchiedene Verdienſt, dem Gegenſtande ſeinen Platz in der
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