Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868.Hauptschriftsteller: Birkner, über die Preßfreiheit und ihre Gesetze 1797; Vorwiegend bleibt dabei stets nebst abstrakter Anerkennung des Hauptſchriftſteller: Birkner, über die Preßfreiheit und ihre Geſetze 1797; Vorwiegend bleibt dabei ſtets nebſt abſtrakter Anerkennung des <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0096" n="80"/> Hauptſchriftſteller: <hi rendition="#g">Birkner</hi>, über die Preßfreiheit und ihre Geſetze 1797;<lb/><hi rendition="#g">Gruner</hi>, <hi rendition="#aq">Cremutius Cordus</hi> oder über Bücherverbote 1798 u. a.</p><lb/> <p>Vorwiegend bleibt dabei ſtets nebſt abſtrakter Anerkennung des<lb/> Rechts auf Preßfreiheit der polizeiliche Geſichtspunkt, und zwar <hi rendition="#g">immer</hi><lb/> ohne Unterſcheidung der eigentlichen und der unfreien Polizei. Die<lb/> freiere Auffaſſung erſcheint daher im Staatsrecht auch nicht in dem<lb/> Suchen nach jener Begriffsbeſtimmung, ſondern zunächſt in dem Verſuch,<lb/> die „Preßfreiheit“ nicht mehr einfach dem ſtaatsrechtlichen Begriff und<lb/> Recht der Polizei einzuordnen, ſondern ihr eine andere, höhere Stellung<lb/> einzuräumen. Die Kategorie des öffentlichen Rechts, unter der ſie auf-<lb/> geführt wird, hat daher an und für ſich ſchon ihre hiſtoriſche Bedeutung.<lb/> Der erſte, glauben wir, der hier Bahn brach, und ſtatt der Preßpolizei<lb/> die Preßfreiheit zum Grunde legt, iſt unter den Staatsrechtslehrern<lb/><hi rendition="#g">Aretin</hi> in ſeinem Staatsrecht der conſtitutionellen Monarchie 1828, welcher<lb/> den Begriff der Preßfreiheit zuerſt als einen publiciſtiſchen in das Staats-<lb/> recht einführt, die Preßpolizei fallen läßt, und die erſtere als eine der<lb/> „Garantien der Verfaſſung“ herſtellt. Er iſt der erſte und einzige, der<lb/> einen ſtreng juriſtiſchen Standpunkt feſthält und zum Theil durchführt<lb/> und, indem er einerſeits die Cenſur für „heillos“ erklärt, ein „Straf-<lb/> geſetz für Preßvergehen“ fordert, mit der genaueren Beſtimmung „ſtraf-<lb/> bar erſcheint jede unzweideutige oder offenbare Aufforderung zu wider-<lb/> rechtlicher, geſetzlich mit Strafe belegter <hi rendition="#g">That</hi> und jede <hi rendition="#g">Beleidigung</hi><lb/> einer Perſon“ — merkwürdiger Weiſe will er keine Strafe für Ver-<lb/> letzungen der Sittlichkeit. Die Frage jedoch nach dem, was nothwendig<lb/> der Preßpolizei angehört, iſt auch ihm von der Frage nach dem Strafrecht<lb/> nicht geſchieden (Bd. <hi rendition="#aq">II.</hi> Abth. 2. <hi rendition="#aq">VII</hi>). Im Grunde iſt das Ganze<lb/> eine Paraphraſe der <hi rendition="#aq">Déclaration des droits</hi>. Für das <hi rendition="#g">territoriale</hi><lb/> Staatsrecht hat auch hier <hi rendition="#g">Mohl</hi> in ſeinem Württembergiſchen Staats-<lb/> recht 1846 den alten Standpunkt verlaſſen. Mohl faßt das Recht der<lb/> Preſſe als „Preßfreiheit“ ſchon unter dem Begriffe der „allgemeinen<lb/> Staatsbürgerrechte“ (Bd. <hi rendition="#aq">I</hi> §. 72. 73) und zwar als Theil der „Denk-<lb/> freiheit“ auf; ſeine Behandlung iſt freilich natürlich ſtreng referirend.<lb/> Die ſpäteren Verwaltungsrechte ſind ſich noch über den Standpunkt<lb/> nicht einig; <hi rendition="#g">Pözl</hi> (bayriſches Verwaltungsrecht §. 102) nimmt es wieder<lb/> als Theil der Sicherheitspolizei. <hi rendition="#g">Rönne</hi> dagegen (Preußiſches Staats-<lb/> recht Bd. <hi rendition="#aq">I. II.</hi> §. 96) nach Mohls Vorgang als „Recht der Preußen.“<lb/> Auch die Staats <hi rendition="#g">lehre</hi> iſt ſich nicht recht klar. Bemerkenswerth iſt<lb/> jedoch, daß man ſich bei der Preſſe im vorigen Jahre faſt nur Bücher<lb/> und Schriften dachte, und die Tagespreſſe kaum in Betracht zog (<hi rendition="#g">Juſti</hi><lb/> Bd. <hi rendition="#aq">IX.</hi> Hauptſtück 36. <hi rendition="#g">Sonnenfels</hi> Bd. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 94). Dieſe wird<lb/> erſt ſpät beachtet, und die erſte Aufnahme derſelben als einer ſpecifiſchen<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [80/0096]
Hauptſchriftſteller: Birkner, über die Preßfreiheit und ihre Geſetze 1797;
Gruner, Cremutius Cordus oder über Bücherverbote 1798 u. a.
Vorwiegend bleibt dabei ſtets nebſt abſtrakter Anerkennung des
Rechts auf Preßfreiheit der polizeiliche Geſichtspunkt, und zwar immer
ohne Unterſcheidung der eigentlichen und der unfreien Polizei. Die
freiere Auffaſſung erſcheint daher im Staatsrecht auch nicht in dem
Suchen nach jener Begriffsbeſtimmung, ſondern zunächſt in dem Verſuch,
die „Preßfreiheit“ nicht mehr einfach dem ſtaatsrechtlichen Begriff und
Recht der Polizei einzuordnen, ſondern ihr eine andere, höhere Stellung
einzuräumen. Die Kategorie des öffentlichen Rechts, unter der ſie auf-
geführt wird, hat daher an und für ſich ſchon ihre hiſtoriſche Bedeutung.
Der erſte, glauben wir, der hier Bahn brach, und ſtatt der Preßpolizei
die Preßfreiheit zum Grunde legt, iſt unter den Staatsrechtslehrern
Aretin in ſeinem Staatsrecht der conſtitutionellen Monarchie 1828, welcher
den Begriff der Preßfreiheit zuerſt als einen publiciſtiſchen in das Staats-
recht einführt, die Preßpolizei fallen läßt, und die erſtere als eine der
„Garantien der Verfaſſung“ herſtellt. Er iſt der erſte und einzige, der
einen ſtreng juriſtiſchen Standpunkt feſthält und zum Theil durchführt
und, indem er einerſeits die Cenſur für „heillos“ erklärt, ein „Straf-
geſetz für Preßvergehen“ fordert, mit der genaueren Beſtimmung „ſtraf-
bar erſcheint jede unzweideutige oder offenbare Aufforderung zu wider-
rechtlicher, geſetzlich mit Strafe belegter That und jede Beleidigung
einer Perſon“ — merkwürdiger Weiſe will er keine Strafe für Ver-
letzungen der Sittlichkeit. Die Frage jedoch nach dem, was nothwendig
der Preßpolizei angehört, iſt auch ihm von der Frage nach dem Strafrecht
nicht geſchieden (Bd. II. Abth. 2. VII). Im Grunde iſt das Ganze
eine Paraphraſe der Déclaration des droits. Für das territoriale
Staatsrecht hat auch hier Mohl in ſeinem Württembergiſchen Staats-
recht 1846 den alten Standpunkt verlaſſen. Mohl faßt das Recht der
Preſſe als „Preßfreiheit“ ſchon unter dem Begriffe der „allgemeinen
Staatsbürgerrechte“ (Bd. I §. 72. 73) und zwar als Theil der „Denk-
freiheit“ auf; ſeine Behandlung iſt freilich natürlich ſtreng referirend.
Die ſpäteren Verwaltungsrechte ſind ſich noch über den Standpunkt
nicht einig; Pözl (bayriſches Verwaltungsrecht §. 102) nimmt es wieder
als Theil der Sicherheitspolizei. Rönne dagegen (Preußiſches Staats-
recht Bd. I. II. §. 96) nach Mohls Vorgang als „Recht der Preußen.“
Auch die Staats lehre iſt ſich nicht recht klar. Bemerkenswerth iſt
jedoch, daß man ſich bei der Preſſe im vorigen Jahre faſt nur Bücher
und Schriften dachte, und die Tagespreſſe kaum in Betracht zog (Juſti
Bd. IX. Hauptſtück 36. Sonnenfels Bd. I. S. 94). Dieſe wird
erſt ſpät beachtet, und die erſte Aufnahme derſelben als einer ſpecifiſchen
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