Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868.Art der Presse mit Bezeichnung ihrer wichtigen Eigenthümlichkeiten in Stein, die Verwaltungslehre. VI. 6
Art der Preſſe mit Bezeichnung ihrer wichtigen Eigenthümlichkeiten in Stein, die Verwaltungslehre. VI. 6
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0097" n="81"/> Art der Preſſe mit Bezeichnung ihrer wichtigen Eigenthümlichkeiten in<lb/> die Fachwiſſenſchaft finden wir bei <hi rendition="#g">Mohl</hi>, Polizeiwiſſenſchaft Bd. <hi rendition="#aq">III.</hi><lb/> S. 35. Jedoch mußte man ſeit der formellen Entſtehung der Polizei-<lb/> wiſſenſchaft näher auf die Sache eingehen, und jetzt beginnt auch dieſe<lb/> Literatur ſich, wenn auch unklar, dem Gegenſatz zwiſchen der Noth-<lb/> wendigkeit des Preßſtraf- und Polizeirechts und der „Preßfreiheit“ zum<lb/> Bewußtſein zu bringen, ohne zu einer formulirten Entſcheidung zu ge-<lb/> langen; namentlich der wackere J. H. <hi rendition="#g">Berg</hi> (Polizeirecht <hi rendition="#aq">II.</hi> Bd.<lb/> S. 341. 344), wahrſcheinlich der Erfinder der „Preßfrechheit“ S. 341.<lb/><hi rendition="#g">Jacob</hi>, Polizeiwiſſenſchaft Bd. <hi rendition="#aq">II.</hi> §. 155 u. a. <hi rendition="#g">Pölitz</hi>, Staats-<lb/> wiſſenſchaft Bd. <hi rendition="#aq">II.</hi> 12. S. 491. „Die Verfaſſungen müſſen darüber<lb/> entſcheiden, welches von den beiden Syſtemen für die Beſchränkung der<lb/> Preßfreiheit, der Cenſur, oder der <hi rendition="#g">unbedingten</hi> Preßfreiheit, jedoch<lb/> mit einem Strafgeſetz für die Preßvergehen vorzuziehen ſei.“ Confuſer<lb/> zu ſein oder unentſchiedener iſt wohl nicht möglich. Dennoch ſprach<lb/> Pölitz die damalige Unklarheit am beſten aus; wie er dachten viele; man<lb/> ſieht aber, daß feſte Begriffe auch den Staatslehrern mangeln, und daß<lb/> man ſich weder über den leitenden Geſichtspunkt noch über den Inhalt<lb/> einig war. — Hier hätte nun das <hi rendition="#g">dritte</hi> Gebiet der Literatur helfen<lb/> müſſen, die eigentliche, ſowohl juriſtiſche als publiciſtiſche <hi rendition="#g">Literatur<lb/> der Preſſe</hi>. Aber auch ſie gelangte um ſo weniger dazu, als ſie von<lb/> Anfang an die Preſſe und ihre Fragen ſtets für ſich, ohne ihren Zu-<lb/> ſammenhang mit dem geſammten Organismus des Staats behandelte.<lb/> Man muß hier drei Richtungen unterſcheiden: die rein hiſtoriſche, die<lb/> publiciſtiſche, und die ſtreng preßrechtliche. Die erſte iſt verhältniß-<lb/> mäßig wenig vertreten, da ſie gleich anfangs bei der Geſchichte der<lb/><hi rendition="#g">Cenſur</hi> ſtehen blieb, wie <hi rendition="#g">Hoffmann</hi>, Geſchichte der Büchercenſur<lb/> 1819 und ſelbſt in neuerer Zeit das zu wenig beachtete, gründliche und<lb/> ſpeciell für die öſterreichiſche Cenſurgeſchichte wichtige Werk von <hi rendition="#aq">Dr.</hi> A.<lb/><hi rendition="#g">Wiesner</hi>, Denkwürdigkeiten der öſterreichiſchen Cenſur vom Zeitalter<lb/> der Reformation bis auf die Gegenwart 1847. Von einer Geſammt-<lb/> entwicklung des Preßweſens überhaupt iſt hier wenig die Rede; es ſind<lb/> das nur Darſtellungen des Kampfes der regierenden Gewalten mit dem<lb/> Geiſte der Preſſe, bei denen das Weſen der Preßfreiheit noch einfach<lb/> in dem Kampf gegen die Cenſur beſteht, und daher die Frage nach dem<lb/> Polizei- und Strafrecht in den Hintergrund tritt. Die <hi rendition="#g">publiciſtiſche</hi><lb/> Richtung hat denſelben Charakter. Sie will entweder Preßfreiheit<lb/><hi rendition="#aq">sans phrase,</hi> oder ſchwankt zwiſchen ihr und der Nothwendigkeit irgend<lb/> polizeilicher Maßregeln; zu einem Rechtsſyſtem gelangt ſie nicht. Indeſſen<lb/> liegt ihre hohe Bedeutung nicht in dem, was ſie für die Formulirung<lb/> der Begriffe oder der Rechtsſätze, oder für die ſtrenge Unterſcheidung<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Stein</hi>, die Verwaltungslehre. <hi rendition="#aq">VI.</hi> 6</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [81/0097]
Art der Preſſe mit Bezeichnung ihrer wichtigen Eigenthümlichkeiten in
die Fachwiſſenſchaft finden wir bei Mohl, Polizeiwiſſenſchaft Bd. III.
S. 35. Jedoch mußte man ſeit der formellen Entſtehung der Polizei-
wiſſenſchaft näher auf die Sache eingehen, und jetzt beginnt auch dieſe
Literatur ſich, wenn auch unklar, dem Gegenſatz zwiſchen der Noth-
wendigkeit des Preßſtraf- und Polizeirechts und der „Preßfreiheit“ zum
Bewußtſein zu bringen, ohne zu einer formulirten Entſcheidung zu ge-
langen; namentlich der wackere J. H. Berg (Polizeirecht II. Bd.
S. 341. 344), wahrſcheinlich der Erfinder der „Preßfrechheit“ S. 341.
Jacob, Polizeiwiſſenſchaft Bd. II. §. 155 u. a. Pölitz, Staats-
wiſſenſchaft Bd. II. 12. S. 491. „Die Verfaſſungen müſſen darüber
entſcheiden, welches von den beiden Syſtemen für die Beſchränkung der
Preßfreiheit, der Cenſur, oder der unbedingten Preßfreiheit, jedoch
mit einem Strafgeſetz für die Preßvergehen vorzuziehen ſei.“ Confuſer
zu ſein oder unentſchiedener iſt wohl nicht möglich. Dennoch ſprach
Pölitz die damalige Unklarheit am beſten aus; wie er dachten viele; man
ſieht aber, daß feſte Begriffe auch den Staatslehrern mangeln, und daß
man ſich weder über den leitenden Geſichtspunkt noch über den Inhalt
einig war. — Hier hätte nun das dritte Gebiet der Literatur helfen
müſſen, die eigentliche, ſowohl juriſtiſche als publiciſtiſche Literatur
der Preſſe. Aber auch ſie gelangte um ſo weniger dazu, als ſie von
Anfang an die Preſſe und ihre Fragen ſtets für ſich, ohne ihren Zu-
ſammenhang mit dem geſammten Organismus des Staats behandelte.
Man muß hier drei Richtungen unterſcheiden: die rein hiſtoriſche, die
publiciſtiſche, und die ſtreng preßrechtliche. Die erſte iſt verhältniß-
mäßig wenig vertreten, da ſie gleich anfangs bei der Geſchichte der
Cenſur ſtehen blieb, wie Hoffmann, Geſchichte der Büchercenſur
1819 und ſelbſt in neuerer Zeit das zu wenig beachtete, gründliche und
ſpeciell für die öſterreichiſche Cenſurgeſchichte wichtige Werk von Dr. A.
Wiesner, Denkwürdigkeiten der öſterreichiſchen Cenſur vom Zeitalter
der Reformation bis auf die Gegenwart 1847. Von einer Geſammt-
entwicklung des Preßweſens überhaupt iſt hier wenig die Rede; es ſind
das nur Darſtellungen des Kampfes der regierenden Gewalten mit dem
Geiſte der Preſſe, bei denen das Weſen der Preßfreiheit noch einfach
in dem Kampf gegen die Cenſur beſteht, und daher die Frage nach dem
Polizei- und Strafrecht in den Hintergrund tritt. Die publiciſtiſche
Richtung hat denſelben Charakter. Sie will entweder Preßfreiheit
sans phrase, oder ſchwankt zwiſchen ihr und der Nothwendigkeit irgend
polizeilicher Maßregeln; zu einem Rechtsſyſtem gelangt ſie nicht. Indeſſen
liegt ihre hohe Bedeutung nicht in dem, was ſie für die Formulirung
der Begriffe oder der Rechtsſätze, oder für die ſtrenge Unterſcheidung
Stein, die Verwaltungslehre. VI. 6
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