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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.

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diese Einzelheiten irgend eine Wichtigkeit für das Gesammtleben der
Nation, so würde es eine außerordentlich schwierige Aufgabe sein, sie
genau zusammenzustellen. Wir halten nur fest, daß die Art der Be-
handlung, welche Judeich eingeschlagen, auch für das Ganze nicht
ausreicht, während wir ihm im Einzelnen Vieles verdanken. Doch wun-
dern wir uns billig über die Nichtberücksichtigung der Literatur, nament-
lich des Werkes von Sugenheim.

Eine kurze Zusammenstellung der positiven Resultate ergiebt fol-
gendes Bild, bei dem wir erinnern, daß wir nicht im Stande waren,
genaue Angaben über die Patrimonialgerichte allenthalben zu finden.

Preußen. -- Das Allgemeine Landrecht (1791) bleibt vollkom-
men unentschieden, indem es sich darauf beschränkt, den Namen der
Leibeigenschaft in den der Erbunterthänigkeit zu verwandeln und nur
vorschreibt, die Hofdienste so viel als möglich in gemessene Frohnden
umzuändern. Die Rescripte vom 26. Mai 1795 und 18. Jan. 1796
bestimmten nichts über die Quantität, sondern nur über die Qualität
der zuzumessenden Prügel an die Erbunterthänigen (Sugen-
heim
S. 414 und 415). Erst Friedrich Wilhelm III. erklärt, den
Bauern zu einem freien, selbständigen Staatsbürger machen zu wollen.
Erster Versuch, 1799, die Ablösung der Frohnden auf den Domainen.
Weitere Anstrengungen der Regierung 1802, 1805. Dann das ent-
scheidende Edikt vom 8. Oktober 1807, welches das Unterthä-
nigkeitsverhältniß
überhaupt aufhebt, während "alle Verbind-
bindlichkeiten, die den bisher Unterthänigen als freien Leuten ver-
möge des Besitzes
eines Grundstücks oder vermöge eines Vertrages
obliegen, in Kraft bleiben;" doch regulirte die Verordnung vom
24. Oktober 1810 bereits die freiwillige Ablösung. Jetzt war die
Person frei, das Gut blieb unfrei; es war noch nicht einmal Eigen-
thum. Da gab die Verordnung vom 27. Juli 1808 allen Do-
mainen
-Insassen das volle und uneingeschränkte Eigenthum un-
entgeltlich
, bis das entscheidende Edikt vom 14. September 1811
allen, auch gutsherrlichen Bauern, dieß Eigenthum verlieh, mit dem
Rechte auf Abfindung der Lasten durch Abtretung von Land oder durch
eine Rente. Das war ein trefflicher Anfang; allein es mangelten die
Hauptsachen: erstlich blieb die Patrimonialgerichtsbarkeit mit dem
Strafrecht für Polizeiübertretungen bis 14 Tagen Gefängniß oder
5 Thlr. Buße und die Leitung der Dorfangelegenheiten (Kamptz,
Annalen Bd. 34, S. 346; speciell v. d. Heyde, die Patrimonial-
und Polizeigerichtsbarkeit, 5. Aufl. 1845; vgl. Sugenheim S. 471);
zweitens das Lehnsrecht und Obereigenthum; drittens das Jagd-
recht; viertens aber, was die Hauptsache war, war zwar die Ablösung

Stein, die Verwaltungslehre. VII. 14

dieſe Einzelheiten irgend eine Wichtigkeit für das Geſammtleben der
Nation, ſo würde es eine außerordentlich ſchwierige Aufgabe ſein, ſie
genau zuſammenzuſtellen. Wir halten nur feſt, daß die Art der Be-
handlung, welche Judeich eingeſchlagen, auch für das Ganze nicht
ausreicht, während wir ihm im Einzelnen Vieles verdanken. Doch wun-
dern wir uns billig über die Nichtberückſichtigung der Literatur, nament-
lich des Werkes von Sugenheim.

Eine kurze Zuſammenſtellung der poſitiven Reſultate ergiebt fol-
gendes Bild, bei dem wir erinnern, daß wir nicht im Stande waren,
genaue Angaben über die Patrimonialgerichte allenthalben zu finden.

Preußen. — Das Allgemeine Landrecht (1791) bleibt vollkom-
men unentſchieden, indem es ſich darauf beſchränkt, den Namen der
Leibeigenſchaft in den der Erbunterthänigkeit zu verwandeln und nur
vorſchreibt, die Hofdienſte ſo viel als möglich in gemeſſene Frohnden
umzuändern. Die Reſcripte vom 26. Mai 1795 und 18. Jan. 1796
beſtimmten nichts über die Quantität, ſondern nur über die Qualität
der zuzumeſſenden Prügel an die Erbunterthänigen (Sugen-
heim
S. 414 und 415). Erſt Friedrich Wilhelm III. erklärt, den
Bauern zu einem freien, ſelbſtändigen Staatsbürger machen zu wollen.
Erſter Verſuch, 1799, die Ablöſung der Frohnden auf den Domainen.
Weitere Anſtrengungen der Regierung 1802, 1805. Dann das ent-
ſcheidende Edikt vom 8. Oktober 1807, welches das Unterthä-
nigkeitsverhältniß
überhaupt aufhebt, während „alle Verbind-
bindlichkeiten, die den bisher Unterthänigen als freien Leuten ver-
möge des Beſitzes
eines Grundſtücks oder vermöge eines Vertrages
obliegen, in Kraft bleiben;“ doch regulirte die Verordnung vom
24. Oktober 1810 bereits die freiwillige Ablöſung. Jetzt war die
Perſon frei, das Gut blieb unfrei; es war noch nicht einmal Eigen-
thum. Da gab die Verordnung vom 27. Juli 1808 allen Do-
mainen
-Inſaſſen das volle und uneingeſchränkte Eigenthum un-
entgeltlich
, bis das entſcheidende Edikt vom 14. September 1811
allen, auch gutsherrlichen Bauern, dieß Eigenthum verlieh, mit dem
Rechte auf Abfindung der Laſten durch Abtretung von Land oder durch
eine Rente. Das war ein trefflicher Anfang; allein es mangelten die
Hauptſachen: erſtlich blieb die Patrimonialgerichtsbarkeit mit dem
Strafrecht für Polizeiübertretungen bis 14 Tagen Gefängniß oder
5 Thlr. Buße und die Leitung der Dorfangelegenheiten (Kamptz,
Annalen Bd. 34, S. 346; ſpeciell v. d. Heyde, die Patrimonial-
und Polizeigerichtsbarkeit, 5. Aufl. 1845; vgl. Sugenheim S. 471);
zweitens das Lehnsrecht und Obereigenthum; drittens das Jagd-
recht; viertens aber, was die Hauptſache war, war zwar die Ablöſung

Stein, die Verwaltungslehre. VII. 14
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[209/0227] dieſe Einzelheiten irgend eine Wichtigkeit für das Geſammtleben der Nation, ſo würde es eine außerordentlich ſchwierige Aufgabe ſein, ſie genau zuſammenzuſtellen. Wir halten nur feſt, daß die Art der Be- handlung, welche Judeich eingeſchlagen, auch für das Ganze nicht ausreicht, während wir ihm im Einzelnen Vieles verdanken. Doch wun- dern wir uns billig über die Nichtberückſichtigung der Literatur, nament- lich des Werkes von Sugenheim. Eine kurze Zuſammenſtellung der poſitiven Reſultate ergiebt fol- gendes Bild, bei dem wir erinnern, daß wir nicht im Stande waren, genaue Angaben über die Patrimonialgerichte allenthalben zu finden. Preußen. — Das Allgemeine Landrecht (1791) bleibt vollkom- men unentſchieden, indem es ſich darauf beſchränkt, den Namen der Leibeigenſchaft in den der Erbunterthänigkeit zu verwandeln und nur vorſchreibt, die Hofdienſte ſo viel als möglich in gemeſſene Frohnden umzuändern. Die Reſcripte vom 26. Mai 1795 und 18. Jan. 1796 beſtimmten nichts über die Quantität, ſondern nur über die Qualität der zuzumeſſenden Prügel an die Erbunterthänigen (Sugen- heim S. 414 und 415). Erſt Friedrich Wilhelm III. erklärt, den Bauern zu einem freien, ſelbſtändigen Staatsbürger machen zu wollen. Erſter Verſuch, 1799, die Ablöſung der Frohnden auf den Domainen. Weitere Anſtrengungen der Regierung 1802, 1805. Dann das ent- ſcheidende Edikt vom 8. Oktober 1807, welches das Unterthä- nigkeitsverhältniß überhaupt aufhebt, während „alle Verbind- bindlichkeiten, die den bisher Unterthänigen als freien Leuten ver- möge des Beſitzes eines Grundſtücks oder vermöge eines Vertrages obliegen, in Kraft bleiben;“ doch regulirte die Verordnung vom 24. Oktober 1810 bereits die freiwillige Ablöſung. Jetzt war die Perſon frei, das Gut blieb unfrei; es war noch nicht einmal Eigen- thum. Da gab die Verordnung vom 27. Juli 1808 allen Do- mainen-Inſaſſen das volle und uneingeſchränkte Eigenthum un- entgeltlich, bis das entſcheidende Edikt vom 14. September 1811 allen, auch gutsherrlichen Bauern, dieß Eigenthum verlieh, mit dem Rechte auf Abfindung der Laſten durch Abtretung von Land oder durch eine Rente. Das war ein trefflicher Anfang; allein es mangelten die Hauptſachen: erſtlich blieb die Patrimonialgerichtsbarkeit mit dem Strafrecht für Polizeiübertretungen bis 14 Tagen Gefängniß oder 5 Thlr. Buße und die Leitung der Dorfangelegenheiten (Kamptz, Annalen Bd. 34, S. 346; ſpeciell v. d. Heyde, die Patrimonial- und Polizeigerichtsbarkeit, 5. Aufl. 1845; vgl. Sugenheim S. 471); zweitens das Lehnsrecht und Obereigenthum; drittens das Jagd- recht; viertens aber, was die Hauptſache war, war zwar die Ablöſung Stein, die Verwaltungslehre. VII. 14

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre07_1868/227>, abgerufen am 21.11.2024.