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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894.

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ihrem Realismus durch die Farbe und Form der Originaltiere beeinflusst und
solche auszuwählen geleitet worden sind, deren Nachahmung bei Töpfen am
glücklichsten ausfallen musste. Die Fledermaus hat ausser ihrem rundlichen
Rumpf genau die Farbe des Thons, und die ebenfalls nicht seltene Kröte (Nr. 21)
kam in dem kreisrunden bauchigen Topf vorzüglich zur Geltung. Gürteltiere und
Schildkröte sind ja überhaupt nur wandelnde Topfschalen und wurden deshalb
auch der Nachbildung des Panzers an der Topfwölbung gewürdigt. Die mit dem
angebundenen Schwanz von der Hängematte baumelnde Eidechse empfiehlt sich
als gutes Haustier der freundlichen Beachtung. Endlich kamen noch der Kaiman
und Cascudo-Fisch, beide panzerbewehrt, in mehreren Exemplaren vor. Die
übrigen Motive sind Unica.

Wir haben die folgenden Tiere in Nachbildungen gefunden und der Samm-
lung einverleibt.

Säugetiere: Zwei Arten Fledermaus (1--6), Reh Seite 291, Eichhörnchen,
Irara-Marder (Galictis barbara) (15), Faultier (16), kleiner Ameisenbär oder Ta-
mandua mirim (Myrmecophaga tetradactyla), Gürteltier: sowohl ein kleines Tatu
(14), als Tatu Canastra oder Riesengürteltier (Dasypus Gigas), endlich ein nächt-
liches Waldtier, das einem Gürteltier ähnlich sein sollte (13).

Vögel: Weisser Sperber (Buteo pterocles) (12), Coruja-Eule (8), Taube (9),
Makuko-Waldhuhn (Trachypelmus brasiliensis) (10), Inyambu-Rebhuhn (11), Ente (7)
und ein unbestimmter fliegender Vogel.

Kriechtiere und Lurche: Trakaja-Flussschildkröte (Emys Tracaxa) (20),
Kagado-Schildkröte (Emys depressa), Jabuti-Waldschildkröte (Testudo tabulata),
Kaiman, Eidechse (22), Sinimbu oder Chamäleon (Anolis), Kröte (21).

Fische: Cascudo, Akara oder Harnischwels (Loricaria) (24), Lagunenfisch
(23), Rochen.

Insekten und niedere Tiere: Karapato oder Zecke (Ixodes) (17), Krebs (19),
Wasserassel (18).

Das schönste Exemplar, die Trakaja-Schildkröte, Nr. 20, ist wirklich ein
Kunstwerk, nicht so sehr, weil die Panzerzeichnung so sorgfältig eingeritzt ist,
sondern wegen der ungemein glücklichen Modellierung von Kopf, Schwanz und
Gliedmassen. Besonders die Vorderfüsschen legen sich so weich und natürlich
um, dass man über das Formtalent und die Beobachtungsgabe der unbekannten
Mehinakufrau in Staunen gerät. Ich muss zu ihren Ehren feststellen, dass sie die
Natur getreuer kopiert hat als der Berliner Zeichner und Lithograph ihre Nach-
bildung.

Bei einigen Tieren darf man eher von einem unmittelbaren Modell mit
Höhlung als von einem Topf mit anatomischer Gliederung sprechen. So die
Schildkröte 20, die Kröte 21, die Fledermaus 1, die Eidechse 23, für die in der
Zeichnung meines Vetters, Abbildung 87, auch noch die Körperbemalung sichtbar
wird. Die Fledermaus ist besonders wegen der aufgespannten Flughaut, aus der
die hinteren Extremitäten sorgfältig herausgearbeitet sind, bemerkenswert. In

ihrem Realismus durch die Farbe und Form der Originaltiere beeinflusst und
solche auszuwählen geleitet worden sind, deren Nachahmung bei Töpfen am
glücklichsten ausfallen musste. Die Fledermaus hat ausser ihrem rundlichen
Rumpf genau die Farbe des Thons, und die ebenfalls nicht seltene Kröte (Nr. 21)
kam in dem kreisrunden bauchigen Topf vorzüglich zur Geltung. Gürteltiere und
Schildkröte sind ja überhaupt nur wandelnde Topfschalen und wurden deshalb
auch der Nachbildung des Panzers an der Topfwölbung gewürdigt. Die mit dem
angebundenen Schwanz von der Hängematte baumelnde Eidechse empfiehlt sich
als gutes Haustier der freundlichen Beachtung. Endlich kamen noch der Kaiman
und Cascudo-Fisch, beide panzerbewehrt, in mehreren Exemplaren vor. Die
übrigen Motive sind Unica.

Wir haben die folgenden Tiere in Nachbildungen gefunden und der Samm-
lung einverleibt.

Säugetiere: Zwei Arten Fledermaus (1—6), Reh Seite 291, Eichhörnchen,
Irara-Marder (Galictis barbara) (15), Faultier (16), kleiner Ameisenbär oder Ta-
manduá mirim (Myrmecophaga tetradactyla), Gürteltier: sowohl ein kleines Tatú
(14), als Tatú Canastra oder Riesengürteltier (Dasypus Gigas), endlich ein nächt-
liches Waldtier, das einem Gürteltier ähnlich sein sollte (13).

Vögel: Weisser Sperber (Buteo pterocles) (12), Coruja-Eule (8), Taube (9),
Makuko-Waldhuhn (Trachypelmus brasiliensis) (10), Inyambú-Rebhuhn (11), Ente (7)
und ein unbestimmter fliegender Vogel.

Kriechtiere und Lurche: Trakajá-Flussschildkröte (Emys Tracaxa) (20),
Kágado-Schildkröte (Emys depressa), Jabutí-Waldschildkröte (Testudo tabulata),
Kaiman, Eidechse (22), Sinimbú oder Chamäleon (Anolis), Kröte (21).

Fische: Cascudo, Akará oder Harnischwels (Loricaria) (24), Lagunenfisch
(23), Rochen.

Insekten und niedere Tiere: Karapato oder Zecke (Ixodes) (17), Krebs (19),
Wasserassel (18).

Das schönste Exemplar, die Trakajá-Schildkröte, Nr. 20, ist wirklich ein
Kunstwerk, nicht so sehr, weil die Panzerzeichnung so sorgfältig eingeritzt ist,
sondern wegen der ungemein glücklichen Modellierung von Kopf, Schwanz und
Gliedmassen. Besonders die Vorderfüsschen legen sich so weich und natürlich
um, dass man über das Formtalent und die Beobachtungsgabe der unbekannten
Mehinakúfrau in Staunen gerät. Ich muss zu ihren Ehren feststellen, dass sie die
Natur getreuer kopiert hat als der Berliner Zeichner und Lithograph ihre Nach-
bildung.

Bei einigen Tieren darf man eher von einem unmittelbaren Modell mit
Höhlung als von einem Topf mit anatomischer Gliederung sprechen. So die
Schildkröte 20, die Kröte 21, die Fledermaus 1, die Eidechse 23, für die in der
Zeichnung meines Vetters, Abbildung 87, auch noch die Körperbemalung sichtbar
wird. Die Fledermaus ist besonders wegen der aufgespannten Flughaut, aus der
die hinteren Extremitäten sorgfältig herausgearbeitet sind, bemerkenswert. In

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[290/0354] ihrem Realismus durch die Farbe und Form der Originaltiere beeinflusst und solche auszuwählen geleitet worden sind, deren Nachahmung bei Töpfen am glücklichsten ausfallen musste. Die Fledermaus hat ausser ihrem rundlichen Rumpf genau die Farbe des Thons, und die ebenfalls nicht seltene Kröte (Nr. 21) kam in dem kreisrunden bauchigen Topf vorzüglich zur Geltung. Gürteltiere und Schildkröte sind ja überhaupt nur wandelnde Topfschalen und wurden deshalb auch der Nachbildung des Panzers an der Topfwölbung gewürdigt. Die mit dem angebundenen Schwanz von der Hängematte baumelnde Eidechse empfiehlt sich als gutes Haustier der freundlichen Beachtung. Endlich kamen noch der Kaiman und Cascudo-Fisch, beide panzerbewehrt, in mehreren Exemplaren vor. Die übrigen Motive sind Unica. Wir haben die folgenden Tiere in Nachbildungen gefunden und der Samm- lung einverleibt. Säugetiere: Zwei Arten Fledermaus (1—6), Reh Seite 291, Eichhörnchen, Irara-Marder (Galictis barbara) (15), Faultier (16), kleiner Ameisenbär oder Ta- manduá mirim (Myrmecophaga tetradactyla), Gürteltier: sowohl ein kleines Tatú (14), als Tatú Canastra oder Riesengürteltier (Dasypus Gigas), endlich ein nächt- liches Waldtier, das einem Gürteltier ähnlich sein sollte (13). Vögel: Weisser Sperber (Buteo pterocles) (12), Coruja-Eule (8), Taube (9), Makuko-Waldhuhn (Trachypelmus brasiliensis) (10), Inyambú-Rebhuhn (11), Ente (7) und ein unbestimmter fliegender Vogel. Kriechtiere und Lurche: Trakajá-Flussschildkröte (Emys Tracaxa) (20), Kágado-Schildkröte (Emys depressa), Jabutí-Waldschildkröte (Testudo tabulata), Kaiman, Eidechse (22), Sinimbú oder Chamäleon (Anolis), Kröte (21). Fische: Cascudo, Akará oder Harnischwels (Loricaria) (24), Lagunenfisch (23), Rochen. Insekten und niedere Tiere: Karapato oder Zecke (Ixodes) (17), Krebs (19), Wasserassel (18). Das schönste Exemplar, die Trakajá-Schildkröte, Nr. 20, ist wirklich ein Kunstwerk, nicht so sehr, weil die Panzerzeichnung so sorgfältig eingeritzt ist, sondern wegen der ungemein glücklichen Modellierung von Kopf, Schwanz und Gliedmassen. Besonders die Vorderfüsschen legen sich so weich und natürlich um, dass man über das Formtalent und die Beobachtungsgabe der unbekannten Mehinakúfrau in Staunen gerät. Ich muss zu ihren Ehren feststellen, dass sie die Natur getreuer kopiert hat als der Berliner Zeichner und Lithograph ihre Nach- bildung. Bei einigen Tieren darf man eher von einem unmittelbaren Modell mit Höhlung als von einem Topf mit anatomischer Gliederung sprechen. So die Schildkröte 20, die Kröte 21, die Fledermaus 1, die Eidechse 23, für die in der Zeichnung meines Vetters, Abbildung 87, auch noch die Körperbemalung sichtbar wird. Die Fledermaus ist besonders wegen der aufgespannten Flughaut, aus der die hinteren Extremitäten sorgfältig herausgearbeitet sind, bemerkenswert. In

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Zitationshilfe: Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/354>, abgerufen am 21.11.2024.