Beckers wird nicht weniger in der Besonderheit entwickelt sein, als dieser reale Stein; also muß er auch ebenso viel Sein ha- ben. Und kurz alle realen Dinge müssen gleichviel Thätigkeit und Sein haben; denn sie stehen alle auf gleicher Stufe der Ent- wickelung der Besonderheit, alle auf der höchsten Stufe, der individuellen Realität. -- Doch es sei, der Geist erkenne ver- möge der Thätigkeit.
"Die Thätigkeit ist aber in der realen Welt in die Beson- derheit des Seins versenkt; und die sinnliche Anschauung, von der die Bildung der Begriffe ausgehen soll, giebt die realen Dinge in der letzten Besonderheit als Individuen, in denen das Sein das aufs entschiedenste vorwaltende Moment ist. Sie können daher nur dadurch in den Geist aufgenommen und ihm als Be- griffe assimilirt werden, daß die Besonderheit des Seins unter eine Thätigkeit als ein Allgemeines gestellt und als Art aufgefaßt wird." Wir stoßen hier plötzlich auf den völlig un- vorbereiteten, also ungerechtfertigten Ausdruck "ein Allgemei- nes", als gäbe es ein mehrfaches Allgemeines, da wir bis jetzt nur das Allgemeine, die Thätigkeit, hatten. Im Sein, in der Hemmung der Thätigkeit oder in der gehemmten Thätigkeit ha- ben wir die Verschiedenheit zugestanden; aber wie soll nun auch in der Thätigkeit, insofern sie nicht gehemmt ist, eine Verschie- denheit möglich sein? Doch nur immer weiter! Wir haben also jetzt, wenn wir Becker alles zugestehen, was er verlangt hat, den Geist als zur Erkenntniß der Dinge durchaus fähig, weil sein Wesen, das Allgemeine, die Thätigkeit, ihm mit den realen Dingen gemeinsam ist. Sein Gang der Erkenntniß aber nimmt die der realen Schöpfung entgegengesetzte Richtung, indem er vom sinnlich Individuellen ausgeht, jene aber vom Allgemei- nen; er zum Allgemeinen hinauf-, jene zum Realen hinabsteigt.
"Die Thätigkeit, die wir als das der realen Welt mit dem Geiste Gemeinsame bezeichnet haben, kömmt in den realen Din- gen dem Geiste nur vermittelst der sinnlichen Anschauung und somit als in dem Besondern erscheinende Thätigkeit entge- gen." Wozu braucht aber der Geist überhaupt erst darauf zu warten, daß ihm die Thätigkeit entgegenkomme? er hat sie ja in sich, und folglich muß er, ganz wie der Hegelsche abso- lute Begriff, durch seine eigene Thätigkeit, Bewegung in sich, die ganze Welt, a priori wie man sagt, aus sich heraus setzen, construiren können Doch Becker meint, der Geist
Beckers wird nicht weniger in der Besonderheit entwickelt sein, als dieser reale Stein; also muß er auch ebenso viel Sein ha- ben. Und kurz alle realen Dinge müssen gleichviel Thätigkeit und Sein haben; denn sie stehen alle auf gleicher Stufe der Ent- wickelung der Besonderheit, alle auf der höchsten Stufe, der individuellen Realität. — Doch es sei, der Geist erkenne ver- möge der Thätigkeit.
„Die Thätigkeit ist aber in der realen Welt in die Beson- derheit des Seins versenkt; und die sinnliche Anschauung, von der die Bildung der Begriffe ausgehen soll, giebt die realen Dinge in der letzten Besonderheit als Individuen, in denen das Sein das aufs entschiedenste vorwaltende Moment ist. Sie können daher nur dadurch in den Geist aufgenommen und ihm als Be- griffe assimilirt werden, daß die Besonderheit des Seins unter eine Thätigkeit als ein Allgemeines gestellt und als Art aufgefaßt wird.“ Wir stoßen hier plötzlich auf den völlig un- vorbereiteten, also ungerechtfertigten Ausdruck „ein Allgemei- nes“, als gäbe es ein mehrfaches Allgemeines, da wir bis jetzt nur das Allgemeine, die Thätigkeit, hatten. Im Sein, in der Hemmung der Thätigkeit oder in der gehemmten Thätigkeit ha- ben wir die Verschiedenheit zugestanden; aber wie soll nun auch in der Thätigkeit, insofern sie nicht gehemmt ist, eine Verschie- denheit möglich sein? Doch nur immer weiter! Wir haben also jetzt, wenn wir Becker alles zugestehen, was er verlangt hat, den Geist als zur Erkenntniß der Dinge durchaus fähig, weil sein Wesen, das Allgemeine, die Thätigkeit, ihm mit den realen Dingen gemeinsam ist. Sein Gang der Erkenntniß aber nimmt die der realen Schöpfung entgegengesetzte Richtung, indem er vom sinnlich Individuellen ausgeht, jene aber vom Allgemei- nen; er zum Allgemeinen hinauf-, jene zum Realen hinabsteigt.
„Die Thätigkeit, die wir als das der realen Welt mit dem Geiste Gemeinsame bezeichnet haben, kömmt in den realen Din- gen dem Geiste nur vermittelst der sinnlichen Anschauung und somit als in dem Besondern erscheinende Thätigkeit entge- gen.“ Wozu braucht aber der Geist überhaupt erst darauf zu warten, daß ihm die Thätigkeit entgegenkomme? er hat sie ja in sich, und folglich muß er, ganz wie der Hegelsche abso- lute Begriff, durch seine eigene Thätigkeit, Bewegung in sich, die ganze Welt, a priori wie man sagt, aus sich heraus setzen, construiren können Doch Becker meint, der Geist
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Beckers wird nicht weniger in der Besonderheit entwickelt sein,
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und Sein haben; denn sie stehen alle auf gleicher Stufe der Ent-
wickelung der Besonderheit, alle auf der höchsten Stufe, der
individuellen Realität. — Doch es sei, der Geist erkenne ver-
möge der Thätigkeit.
„Die Thätigkeit ist aber in der realen Welt in die Beson-
derheit des Seins versenkt; und die sinnliche Anschauung, von
der die Bildung der Begriffe ausgehen soll, giebt die realen Dinge
in der letzten Besonderheit als Individuen, in denen das Sein
das aufs entschiedenste vorwaltende Moment ist. Sie können
daher nur dadurch in den Geist aufgenommen und ihm als Be-
griffe assimilirt werden, daß die Besonderheit des Seins unter
eine Thätigkeit als ein Allgemeines gestellt und als Art
aufgefaßt wird.“ Wir stoßen hier plötzlich auf den völlig un-
vorbereiteten, also ungerechtfertigten Ausdruck „ein Allgemei-
nes“, als gäbe es ein mehrfaches Allgemeines, da wir bis jetzt
nur das Allgemeine, die Thätigkeit, hatten. Im Sein, in der
Hemmung der Thätigkeit oder in der gehemmten Thätigkeit ha-
ben wir die Verschiedenheit zugestanden; aber wie soll nun auch
in der Thätigkeit, insofern sie nicht gehemmt ist, eine Verschie-
denheit möglich sein? Doch nur immer weiter! Wir haben also
jetzt, wenn wir Becker alles zugestehen, was er verlangt hat,
den Geist als zur Erkenntniß der Dinge durchaus fähig, weil
sein Wesen, das Allgemeine, die Thätigkeit, ihm mit den realen
Dingen gemeinsam ist. Sein Gang der Erkenntniß aber nimmt
die der realen Schöpfung entgegengesetzte Richtung, indem er
vom sinnlich Individuellen ausgeht, jene aber vom Allgemei-
nen; er zum Allgemeinen hinauf-, jene zum Realen hinabsteigt.
„Die Thätigkeit, die wir als das der realen Welt mit dem
Geiste Gemeinsame bezeichnet haben, kömmt in den realen Din-
gen dem Geiste nur vermittelst der sinnlichen Anschauung und
somit als in dem Besondern erscheinende Thätigkeit entge-
gen.“ Wozu braucht aber der Geist überhaupt erst darauf zu
warten, daß ihm die Thätigkeit entgegenkomme? er hat sie ja
in sich, und folglich muß er, ganz wie der Hegelsche abso-
lute Begriff, durch seine eigene Thätigkeit, Bewegung in sich,
die ganze Welt, a priori wie man sagt, aus sich heraus
setzen, construiren können Doch Becker meint, der Geist
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Steinthal, Heymann: Grammatik, Logik und Psychologie. Ihre Principien und ihr Verhältniss zu einander. Berlin, 1855, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinthal_grammatik_1855/123>, abgerufen am 21.11.2024.
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