Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.Liguorianer nach. Der eine war ein Tiroler und schwieg, der andere ein Wiener und plauderte lehrreich über Welt und Leben, insbesondere viel Aprioristisches über die Alpen, die er seit acht Tagen betreten hatte. Auf der Moosseite, wo wir miteinander vorüber kamen, steht ein Wirthshaus, vor dessen Thüre die Tochter erschien, fragend, ob denn heute gar nichts gefällig sey, kein Wein, keine frische Buttr. Während wir uns nun zur Rast anließen, versammelte sich alles Hauswesen, so weit es daheim war, drei Brüder, schöne Jungen, der älteste mit Schnurrbart und gelockten blonden Haaren, wie sie hier die Burschen haben, und die Schwester, die uns so gastfreundlich angerufen hatte. Der älteste Bruder bemerkte, es gehe ein kühler Wind im Freien und lud uns ein hinein zu kommen, da es doch viel schöner sey in dem "Gaden." Ich freute mich über den lieben Kerl mit seiner Nibelungensprache, ging auch hinein in den Gaden, fand es aber sehr schmutzig darinnen und die Wände neu geweißt. Die Unterredung war recht niedlich, und drehte sich abermals um die sonderbaren Herrenleute, die die schiechen Jöcher absteigen, um sich ein Plaisir zu machen. Von da nach Lannersbach herunter führt ein anmuthiger Pfad am Bache hin. Aus tiefer Dämmerung schimmerten endlich die spitzthurmige Kirche und die hölzernen Häuser, die zwar etwas ansehnlicher sind, als jene in Hinterdux, aber ebenso schwarzbraun und rußig. Man sollte es nicht denken, daß zwischen hölzernen Häusern ein solcher Abstand seyn könnte, wie zwischen den Hütten in Dux und den Palästen im Bregenzerwald. Uebrigens ging ein sehr kühler Nachtwind, denn das Klima von Dux ist kalt und rauh. Dank der hohen Lage - 4666 Wiener Fuß über dem Meere - und der Nachbarschaft des Ferners. Im untern Wirthshause zu Lannersbach saßen zwei Landsleute beim Weine, Gymnasiasten von München, deren einer, als leidenschaftlicher Geognost, eine Menge von Zeichnungen und stenographischen Notizen, auch einige gesammelte Felsstücke bei sich trug. Er freute sich, jetzt mehr und mehr in reichhaltige Gegenden vorzudringen, und hatte sich versprochen, den derben Hammer, den er bei sich führte, im Steinreich Liguorianer nach. Der eine war ein Tiroler und schwieg, der andere ein Wiener und plauderte lehrreich über Welt und Leben, insbesondere viel Aprioristisches über die Alpen, die er seit acht Tagen betreten hatte. Auf der Moosseite, wo wir miteinander vorüber kamen, steht ein Wirthshaus, vor dessen Thüre die Tochter erschien, fragend, ob denn heute gar nichts gefällig sey, kein Wein, keine frische Buttr. Während wir uns nun zur Rast anließen, versammelte sich alles Hauswesen, so weit es daheim war, drei Brüder, schöne Jungen, der älteste mit Schnurrbart und gelockten blonden Haaren, wie sie hier die Burschen haben, und die Schwester, die uns so gastfreundlich angerufen hatte. Der älteste Bruder bemerkte, es gehe ein kühler Wind im Freien und lud uns ein hinein zu kommen, da es doch viel schöner sey in dem „Gaden.“ Ich freute mich über den lieben Kerl mit seiner Nibelungensprache, ging auch hinein in den Gaden, fand es aber sehr schmutzig darinnen und die Wände neu geweißt. Die Unterredung war recht niedlich, und drehte sich abermals um die sonderbaren Herrenleute, die die schiechen Jöcher absteigen, um sich ein Plaisir zu machen. Von da nach Lannersbach herunter führt ein anmuthiger Pfad am Bache hin. Aus tiefer Dämmerung schimmerten endlich die spitzthurmige Kirche und die hölzernen Häuser, die zwar etwas ansehnlicher sind, als jene in Hinterdux, aber ebenso schwarzbraun und rußig. Man sollte es nicht denken, daß zwischen hölzernen Häusern ein solcher Abstand seyn könnte, wie zwischen den Hütten in Dux und den Palästen im Bregenzerwald. Uebrigens ging ein sehr kühler Nachtwind, denn das Klima von Dux ist kalt und rauh. Dank der hohen Lage – 4666 Wiener Fuß über dem Meere – und der Nachbarschaft des Ferners. Im untern Wirthshause zu Lannersbach saßen zwei Landsleute beim Weine, Gymnasiasten von München, deren einer, als leidenschaftlicher Geognost, eine Menge von Zeichnungen und stenographischen Notizen, auch einige gesammelte Felsstücke bei sich trug. Er freute sich, jetzt mehr und mehr in reichhaltige Gegenden vorzudringen, und hatte sich versprochen, den derben Hammer, den er bei sich führte, im Steinreich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0516" n="512"/> Liguorianer nach. 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Liguorianer nach. Der eine war ein Tiroler und schwieg, der andere ein Wiener und plauderte lehrreich über Welt und Leben, insbesondere viel Aprioristisches über die Alpen, die er seit acht Tagen betreten hatte. Auf der Moosseite, wo wir miteinander vorüber kamen, steht ein Wirthshaus, vor dessen Thüre die Tochter erschien, fragend, ob denn heute gar nichts gefällig sey, kein Wein, keine frische Buttr. Während wir uns nun zur Rast anließen, versammelte sich alles Hauswesen, so weit es daheim war, drei Brüder, schöne Jungen, der älteste mit Schnurrbart und gelockten blonden Haaren, wie sie hier die Burschen haben, und die Schwester, die uns so gastfreundlich angerufen hatte. Der älteste Bruder bemerkte, es gehe ein kühler Wind im Freien und lud uns ein hinein zu kommen, da es doch viel schöner sey in dem „Gaden.“ Ich freute mich über den lieben Kerl mit seiner Nibelungensprache, ging auch hinein in den Gaden, fand es aber sehr schmutzig darinnen und die Wände neu geweißt. Die Unterredung war recht niedlich, und drehte sich abermals um die sonderbaren Herrenleute, die die schiechen Jöcher absteigen, um sich ein Plaisir zu machen.
Von da nach Lannersbach herunter führt ein anmuthiger Pfad am Bache hin. Aus tiefer Dämmerung schimmerten endlich die spitzthurmige Kirche und die hölzernen Häuser, die zwar etwas ansehnlicher sind, als jene in Hinterdux, aber ebenso schwarzbraun und rußig. Man sollte es nicht denken, daß zwischen hölzernen Häusern ein solcher Abstand seyn könnte, wie zwischen den Hütten in Dux und den Palästen im Bregenzerwald. Uebrigens ging ein sehr kühler Nachtwind, denn das Klima von Dux ist kalt und rauh. Dank der hohen Lage – 4666 Wiener Fuß über dem Meere – und der Nachbarschaft des Ferners.
Im untern Wirthshause zu Lannersbach saßen zwei Landsleute beim Weine, Gymnasiasten von München, deren einer, als leidenschaftlicher Geognost, eine Menge von Zeichnungen und stenographischen Notizen, auch einige gesammelte Felsstücke bei sich trug. Er freute sich, jetzt mehr und mehr in reichhaltige Gegenden vorzudringen, und hatte sich versprochen, den derben Hammer, den er bei sich führte, im Steinreich
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