gisset; dennoch so facil sey, nicht nur allein die Praeliminaria Pacis, sondern auch so gar die formalen Friedens-Schlüsse selbst, in seiner Feinde Lande einzugehen und zu schliessen? Hier- auf nun geben einige die Antwort,
1. Ignorantiae: Sie könten es nicht pene- triren, und diesen wissen also nichts,
2. Scientiae, wenigstens praesumptivae.
1. Daß der König in Franckreich, gleichwie er meistens Autor der Kriege, also auch Au- tor der Friedens-Schlüsse seyn wolle; weil er nun selbige andern antrüge, wäre der Raison gantz gemäß, daß der den Frieden suchende oder anbiethende Theil, dem an- dern frey lassen müste, an welchen Orte er ihm sein Suchen gewehren und sich mit ihm vergleichen wolle.
2. Daß er seines hohen und besonderen Tituls als Christianissimi eingedenck, sich nicht entbrechen wolle, sich selbigem gemäß auf- zuführen: und sich gerne dahin ruffen liesse, und durch seine Ambassadeurs in ziemlich weit entlegenen Orten erscheine, wohin ihn die Christenheit verlanget. Andere aber meinen,
3. Daß es deswegen geschehe, weil er wohl wüste, daß sich nicht leichtlich einer oder der ander seiner Contre-Parthie wagen wür- de, in sein Territorium, umb daselbst mit
ihm
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Hoff-Ceremoniel.
giſſet; dennoch ſo facil ſey, nicht nur allein die Præliminaria Pacis, ſondern auch ſo gar die formalen Friedens-Schluͤſſe ſelbſt, in ſeiner Feinde Lande einzugehen und zu ſchlieſſen? Hier- auf nun geben einige die Antwort,
1. Ignorantiæ: Sie koͤnten es nicht pene- triren, und dieſen wiſſen alſo nichts,
2. Scientiæ, wenigſtens præſumptivæ.
1. Daß der Koͤnig in Franckreich, gleichwie er meiſtens Autor der Kriege, alſo auch Au- tor der Friedens-Schluͤſſe ſeyn wolle; weil er nun ſelbige andern antruͤge, waͤre der Raiſon gantz gemaͤß, daß der den Frieden ſuchende oder anbiethende Theil, dem an- dern frey laſſen muͤſte, an welchen Orte er ihm ſein Suchen gewehren und ſich mit ihm vergleichen wolle.
2. Daß er ſeines hohen und beſonderen Tituls als Chriſtianisſimi eingedenck, ſich nicht entbrechen wolle, ſich ſelbigem gemaͤß auf- zufuͤhren: und ſich gerne dahin ruffen lieſſe, und durch ſeine Ambaſſadeurs in ziemlich weit entlegenen Orten erſcheine, wohin ihn die Chriſtenheit verlanget. Andere aber meinen,
3. Daß es deswegen geſchehe, weil er wohl wuͤſte, daß ſich nicht leichtlich einer oder der ander ſeiner Contre-Parthie wagen wuͤr- de, in ſein Territorium, umb daſelbſt mit
ihm
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Hoff-Ceremoniel.
giſſet; dennoch ſo facil ſey, nicht nur allein die
Præliminaria Pacis, ſondern auch ſo gar die
formalen Friedens-Schluͤſſe ſelbſt, in ſeiner
Feinde Lande einzugehen und zu ſchlieſſen? Hier-
auf nun geben einige die Antwort,
1. Ignorantiæ: Sie koͤnten es nicht pene-
triren, und dieſen wiſſen alſo nichts,
2. Scientiæ, wenigſtens præſumptivæ.
1. Daß der Koͤnig in Franckreich, gleichwie er
meiſtens Autor der Kriege, alſo auch Au-
tor der Friedens-Schluͤſſe ſeyn wolle; weil
er nun ſelbige andern antruͤge, waͤre der
Raiſon gantz gemaͤß, daß der den Frieden
ſuchende oder anbiethende Theil, dem an-
dern frey laſſen muͤſte, an welchen Orte er
ihm ſein Suchen gewehren und ſich mit ihm
vergleichen wolle.
2. Daß er ſeines hohen und beſonderen Tituls
als Chriſtianisſimi eingedenck, ſich nicht
entbrechen wolle, ſich ſelbigem gemaͤß auf-
zufuͤhren: und ſich gerne dahin ruffen lieſſe,
und durch ſeine Ambaſſadeurs in ziemlich
weit entlegenen Orten erſcheine, wohin ihn
die Chriſtenheit verlanget. Andere aber
meinen,
3. Daß es deswegen geſchehe, weil er wohl
wuͤſte, daß ſich nicht leichtlich einer oder der
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Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715/337>, abgerufen am 24.11.2024.
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