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Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715.

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Europäisches
rico IV. in harte Wort-Wechselung geriethe,
vorgebende: das Jus gentium wäre dadurch vio-
lir
et worden. Der König aber antwortete ihm
klug und nette: Ein Ambassadeur oder seine
Leute, die Verrätherey in eines Herrn Lande stif-
ten, machen sich des Rechts der Inviolabilität
verlustig; Jedoch wurde der Secretair wieder
auf freyen Fuß gestellet.

§. 3.

Anno 1617. erlitte der Frantzösis. Am-
bassad
eur zu Constantinopel, einen harten Affront,
und zwar durch folgende Gelegenheit: Ein Pol-
nischer von Adel, Koretzky, war im Kriege ge-
fangen, und nachgehends in gemeldtem Constan-
tinopel in das Gefängniß geworffen worden; aus
welchem er aber durch eine Strick-Leiter echapi-
r
et. Weil nun die Türcken einen Argwohn be-
kamen, als hätte ihn der Frantzösische Ambassa-
deur
in sein Quartier aufgenommen, und darin-
nen verstecket: liessen sie ihn ersuchen, selbigen her-
aus zu geben; Weil er aber versicherte, daß er von
diesem Polen nichts wüste: sendeten sie die Scher-
gen in dessen Pallast, und liessen alles visitiren;
Da man aber den Koretzky nicht darinnen fand,
nahmen sie aus Zorne den Ambassadeur selbst in
Arrest, und führten ihn für den Groß-Vezier:
welcher ihn nicht allein mit harten Worten em-
pfieng, sondern auch gar bey sich behielte. Ob er
nun gleich endlich wieder in seine Freyheit gestel-
let wurde; musten doch der Secretair, Koch, und

noch

Europaͤiſches
rico IV. in harte Wort-Wechſelung geriethe,
vorgebende: das Jus gentium waͤre dadurch vio-
lir
et worden. Der Koͤnig aber antwortete ihm
klug und nette: Ein Ambaſſadeur oder ſeine
Leute, die Verraͤtherey in eines Herrn Lande ſtif-
ten, machen ſich des Rechts der Inviolabilitaͤt
verluſtig; Jedoch wurde der Secretair wieder
auf freyen Fuß geſtellet.

§. 3.

Anno 1617. erlitte der Frantzoͤſiſ. Am-
baſſad
eur zu Conſtantinopel, einen haꝛten Affront,
und zwar durch folgende Gelegenheit: Ein Pol-
niſcher von Adel, Koretzky, war im Kriege ge-
fangen, und nachgehends in gemeldtem Conſtan-
tinopel in das Gefaͤngniß geworffen worden; aus
welchem er aber durch eine Strick-Leiter echapi-
r
et. Weil nun die Tuͤrcken einen Argwohn be-
kamen, als haͤtte ihn der Frantzoͤſiſche Ambaſſa-
deur
in ſein Quartier aufgenommen, und darin-
nen verſtecket: lieſſen ſie ihn erſuchen, ſelbigen her-
aus zu geben; Weil er aber verſicherte, daß er von
dieſem Polen nichts wuͤſte: ſendeten ſie die Scher-
gen in deſſen Pallaſt, und lieſſen alles viſitiren;
Da man aber den Koretzky nicht darinnen fand,
nahmen ſie aus Zorne den Ambaſſadeur ſelbſt in
Arreſt, und fuͤhrten ihn fuͤr den Groß-Vezier:
welcher ihn nicht allein mit harten Worten em-
pfieng, ſondern auch gar bey ſich behielte. Ob er
nun gleich endlich wieder in ſeine Freyheit geſtel-
let wurde; muſten doch der Secretair, Koch, und

noch
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[684/0712] Europaͤiſches rico IV. in harte Wort-Wechſelung geriethe, vorgebende: das Jus gentium waͤre dadurch vio- liret worden. Der Koͤnig aber antwortete ihm klug und nette: Ein Ambaſſadeur oder ſeine Leute, die Verraͤtherey in eines Herrn Lande ſtif- ten, machen ſich des Rechts der Inviolabilitaͤt verluſtig; Jedoch wurde der Secretair wieder auf freyen Fuß geſtellet. §. 3. Anno 1617. erlitte der Frantzoͤſiſ. Am- baſſadeur zu Conſtantinopel, einen haꝛten Affront, und zwar durch folgende Gelegenheit: Ein Pol- niſcher von Adel, Koretzky, war im Kriege ge- fangen, und nachgehends in gemeldtem Conſtan- tinopel in das Gefaͤngniß geworffen worden; aus welchem er aber durch eine Strick-Leiter echapi- ret. Weil nun die Tuͤrcken einen Argwohn be- kamen, als haͤtte ihn der Frantzoͤſiſche Ambaſſa- deur in ſein Quartier aufgenommen, und darin- nen verſtecket: lieſſen ſie ihn erſuchen, ſelbigen her- aus zu geben; Weil er aber verſicherte, daß er von dieſem Polen nichts wuͤſte: ſendeten ſie die Scher- gen in deſſen Pallaſt, und lieſſen alles viſitiren; Da man aber den Koretzky nicht darinnen fand, nahmen ſie aus Zorne den Ambaſſadeur ſelbſt in Arreſt, und fuͤhrten ihn fuͤr den Groß-Vezier: welcher ihn nicht allein mit harten Worten em- pfieng, ſondern auch gar bey ſich behielte. Ob er nun gleich endlich wieder in ſeine Freyheit geſtel- let wurde; muſten doch der Secretair, Koch, und noch

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Zitationshilfe: Stieve, Gottfried: Europäisches Hoff-Ceremoniel. Leipzig, 1715, S. 684. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stieve_hoffceremoniel_1715/712>, abgerufen am 22.11.2024.