Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

spät war, die ruhige Nacht noch immer eine große
Hize und Schwüle in sich hegte. Ich ging einige
Male in dem Zimmer hin und her, trat dann an ein
Fenster, lehnte mich hinaus, und betrachtete den
Himmel. So viel die Dunkelheit und die noch immer
hell leuchtenden Blize erkennen ließen, war die Ge¬
stalt der Dinge dieselbe, wie sie am Abend vor dem
Speisen gewesen war. Wolkentrümmer standen an
dem Himmel und, wie die Sterne zeigten, waren
zwischen ihnen reine Stellen. Zu Zeiten fuhr ein
Bliz aus ihnen über den Getreidehügel und die
Wipfel der unbewegten Bäume, und der Donner
rollte ihm nach.

Als ich eine Weile die freie Luft genossen hatte,
schloß ich mein Fenster, schloß auch das andere, und
begab mich zur Ruhe.

Nachdem ich noch eine Zeit lang, wie es meine
Gewohnheit war, in dem Bette gelesen, und mitunter
sogar mit Bleifeder etwas in meine Schriften ge¬
schrieben hatte, löschte ich das Licht aus, und richtete
mich zum Schlafen.

Ehe der Schlummer völlig meine Sinne umfing,
hörte ich noch wie sich draußen ein Wind erhob, und
die Wipfel der Bäume zu starkem Rauschen bewegte.

ſpät war, die ruhige Nacht noch immer eine große
Hize und Schwüle in ſich hegte. Ich ging einige
Male in dem Zimmer hin und her, trat dann an ein
Fenſter, lehnte mich hinaus, und betrachtete den
Himmel. So viel die Dunkelheit und die noch immer
hell leuchtenden Blize erkennen ließen, war die Ge¬
ſtalt der Dinge dieſelbe, wie ſie am Abend vor dem
Speiſen geweſen war. Wolkentrümmer ſtanden an
dem Himmel und, wie die Sterne zeigten, waren
zwiſchen ihnen reine Stellen. Zu Zeiten fuhr ein
Bliz aus ihnen über den Getreidehügel und die
Wipfel der unbewegten Bäume, und der Donner
rollte ihm nach.

Als ich eine Weile die freie Luft genoſſen hatte,
ſchloß ich mein Fenſter, ſchloß auch das andere, und
begab mich zur Ruhe.

Nachdem ich noch eine Zeit lang, wie es meine
Gewohnheit war, in dem Bette geleſen, und mitunter
ſogar mit Bleifeder etwas in meine Schriften ge¬
ſchrieben hatte, löſchte ich das Licht aus, und richtete
mich zum Schlafen.

Ehe der Schlummer völlig meine Sinne umfing,
hörte ich noch wie ſich draußen ein Wind erhob, und
die Wipfel der Bäume zu ſtarkem Rauſchen bewegte.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0131" n="117"/>
&#x017F;pät war, die ruhige Nacht noch immer eine große<lb/>
Hize und Schwüle in &#x017F;ich hegte. Ich ging einige<lb/>
Male in dem Zimmer hin und her, trat dann an ein<lb/>
Fen&#x017F;ter, lehnte mich hinaus, und betrachtete den<lb/>
Himmel. So viel die Dunkelheit und die noch immer<lb/>
hell leuchtenden Blize erkennen ließen, war die Ge¬<lb/>
&#x017F;talt der Dinge die&#x017F;elbe, wie &#x017F;ie am Abend vor dem<lb/>
Spei&#x017F;en gewe&#x017F;en war. Wolkentrümmer &#x017F;tanden an<lb/>
dem Himmel und, wie die Sterne zeigten, waren<lb/>
zwi&#x017F;chen ihnen reine Stellen. Zu Zeiten fuhr ein<lb/>
Bliz aus ihnen über den Getreidehügel und die<lb/>
Wipfel der unbewegten Bäume, und der Donner<lb/>
rollte ihm nach.</p><lb/>
        <p>Als ich eine Weile die freie Luft geno&#x017F;&#x017F;en hatte,<lb/>
&#x017F;chloß ich mein Fen&#x017F;ter, &#x017F;chloß auch das andere, und<lb/>
begab mich zur Ruhe.</p><lb/>
        <p>Nachdem ich noch eine Zeit lang, wie es meine<lb/>
Gewohnheit war, in dem Bette gele&#x017F;en, und mitunter<lb/>
&#x017F;ogar mit Bleifeder etwas in meine Schriften ge¬<lb/>
&#x017F;chrieben hatte, lö&#x017F;chte ich das Licht aus, und richtete<lb/>
mich zum Schlafen.</p><lb/>
        <p>Ehe der Schlummer völlig meine Sinne umfing,<lb/>
hörte ich noch wie &#x017F;ich draußen ein Wind erhob, und<lb/>
die Wipfel der Bäume zu &#x017F;tarkem Rau&#x017F;chen bewegte.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[117/0131] ſpät war, die ruhige Nacht noch immer eine große Hize und Schwüle in ſich hegte. Ich ging einige Male in dem Zimmer hin und her, trat dann an ein Fenſter, lehnte mich hinaus, und betrachtete den Himmel. So viel die Dunkelheit und die noch immer hell leuchtenden Blize erkennen ließen, war die Ge¬ ſtalt der Dinge dieſelbe, wie ſie am Abend vor dem Speiſen geweſen war. Wolkentrümmer ſtanden an dem Himmel und, wie die Sterne zeigten, waren zwiſchen ihnen reine Stellen. Zu Zeiten fuhr ein Bliz aus ihnen über den Getreidehügel und die Wipfel der unbewegten Bäume, und der Donner rollte ihm nach. Als ich eine Weile die freie Luft genoſſen hatte, ſchloß ich mein Fenſter, ſchloß auch das andere, und begab mich zur Ruhe. Nachdem ich noch eine Zeit lang, wie es meine Gewohnheit war, in dem Bette geleſen, und mitunter ſogar mit Bleifeder etwas in meine Schriften ge¬ ſchrieben hatte, löſchte ich das Licht aus, und richtete mich zum Schlafen. Ehe der Schlummer völlig meine Sinne umfing, hörte ich noch wie ſich draußen ein Wind erhob, und die Wipfel der Bäume zu ſtarkem Rauſchen bewegte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/131
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/131>, abgerufen am 12.05.2024.