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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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Vorstellung in Folge anderer Eindrücke wieder aus
dem Haupte verloren."

"Wenn wir etwa noch einmal ein wenig in dem
Garten herumgehn," sagte mein Gastfreund, "so wer¬
den wir mehrere solche Vogelbehälter sehen. Den
Heckennistern bauen wir ein so dichtes Geflechte von
Dornzweigen und Dornästen in unsere Büsche, daß
man meinen sollte, es könne kaum eine Hummel ein-
und ausschlüpfen; aber der Vogel findet doch einen
Eingang, und baut sich sein Nest. Solcher Nester könnt
ihr mehrere sehen, wenn ihr wollt. Sie haben das
Angenehme, daß man diese Federfamilien in ihrem
Haushalte sieht, was bei den Höhlennistern nicht an¬
geht. Auf diese Weise schüzen wir die kleineren Vögel,
die wir in unserem Garten brauchen. Die großen,
welche sich mit Schnabel Krallen und Flügeln verthei¬
digen können, sind bei uns eher Feinde als Freunde,
und werden nicht geduldet."

"Außer dem Schuze," fuhr er nach einer Weile
fort, "brauchen die Vögel auch Nahrung. Sie meiden
die nahrungsarmen Orte, und unterscheiden sich hier¬
durch von den Menschen, welche zuweilen große
Strecken weit gerade dahin wandern, wo sie ihren
Unterhalt nicht finden. Die Vögel, die für unseren

Vorſtellung in Folge anderer Eindrücke wieder aus
dem Haupte verloren.“

„Wenn wir etwa noch einmal ein wenig in dem
Garten herumgehn,“ ſagte mein Gaſtfreund, „ſo wer¬
den wir mehrere ſolche Vogelbehälter ſehen. Den
Heckenniſtern bauen wir ein ſo dichtes Geflechte von
Dornzweigen und Dornäſten in unſere Büſche, daß
man meinen ſollte, es könne kaum eine Hummel ein-
und ausſchlüpfen; aber der Vogel findet doch einen
Eingang, und baut ſich ſein Neſt. Solcher Neſter könnt
ihr mehrere ſehen, wenn ihr wollt. Sie haben das
Angenehme, daß man dieſe Federfamilien in ihrem
Haushalte ſieht, was bei den Höhlenniſtern nicht an¬
geht. Auf dieſe Weiſe ſchüzen wir die kleineren Vögel,
die wir in unſerem Garten brauchen. Die großen,
welche ſich mit Schnabel Krallen und Flügeln verthei¬
digen können, ſind bei uns eher Feinde als Freunde,
und werden nicht geduldet.“

„Außer dem Schuze,“ fuhr er nach einer Weile
fort, „brauchen die Vögel auch Nahrung. Sie meiden
die nahrungsarmen Orte, und unterſcheiden ſich hier¬
durch von den Menſchen, welche zuweilen große
Strecken weit gerade dahin wandern, wo ſie ihren
Unterhalt nicht finden. Die Vögel, die für unſeren

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[234/0248] Vorſtellung in Folge anderer Eindrücke wieder aus dem Haupte verloren.“ „Wenn wir etwa noch einmal ein wenig in dem Garten herumgehn,“ ſagte mein Gaſtfreund, „ſo wer¬ den wir mehrere ſolche Vogelbehälter ſehen. Den Heckenniſtern bauen wir ein ſo dichtes Geflechte von Dornzweigen und Dornäſten in unſere Büſche, daß man meinen ſollte, es könne kaum eine Hummel ein- und ausſchlüpfen; aber der Vogel findet doch einen Eingang, und baut ſich ſein Neſt. Solcher Neſter könnt ihr mehrere ſehen, wenn ihr wollt. Sie haben das Angenehme, daß man dieſe Federfamilien in ihrem Haushalte ſieht, was bei den Höhlenniſtern nicht an¬ geht. Auf dieſe Weiſe ſchüzen wir die kleineren Vögel, die wir in unſerem Garten brauchen. Die großen, welche ſich mit Schnabel Krallen und Flügeln verthei¬ digen können, ſind bei uns eher Feinde als Freunde, und werden nicht geduldet.“ „Außer dem Schuze,“ fuhr er nach einer Weile fort, „brauchen die Vögel auch Nahrung. Sie meiden die nahrungsarmen Orte, und unterſcheiden ſich hier¬ durch von den Menſchen, welche zuweilen große Strecken weit gerade dahin wandern, wo ſie ihren Unterhalt nicht finden. Die Vögel, die für unſeren

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/248>, abgerufen am 22.11.2024.