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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

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lieber zeigen als einem andern. Wer weiß, ob er nicht
gar auf dieser Reise das eine oder andere Stück für
seine Alterthumszimmer erwerben könnte. Wenn er
immer warte, bis die dringendsten Geschäfte vor¬
über wären, und bis er sich mehr auf die jüngeren
Leute in seiner Arbeitsstube verlassen könne, so werde
er gar nie reisen; denn die Geschäfte seien immer
dringend, und sein Mißtrauen in die Kräfte der jün¬
geren Leute wachse immer mehr, je älter er werde,
und je mehr er selber alle Sachen allein verrichten
wolle.

Der Vater antwortete, er werde nicht nur schon
einmal reisen, sondern sogar eines Tages sich in den
Ruhestand sezen, und keine Handelsgeschäfte weiter
vornehmen.

Die Mutter erwiederte, daß dies sehr gut sein,
und daß ihr dieser Tag wie ein zweiter Brauttag er¬
scheinen werde.

Ich mußte dem Vater nun auch die einzelnen
Holzgattungen angeben, aus denen die verschiedenen
Geräthe in dem Rosenhause eingelegt seien, aus de¬
nen die Fußböden beständen, und endlich aus wel¬
chen geschnizt würde. Ich that es so ziemlich gut,
denn ich hatte bei der Betrachtung dieser Dinge an

lieber zeigen als einem andern. Wer weiß, ob er nicht
gar auf dieſer Reiſe das eine oder andere Stück für
ſeine Alterthumszimmer erwerben könnte. Wenn er
immer warte, bis die dringendſten Geſchäfte vor¬
über wären, und bis er ſich mehr auf die jüngeren
Leute in ſeiner Arbeitsſtube verlaſſen könne, ſo werde
er gar nie reiſen; denn die Geſchäfte ſeien immer
dringend, und ſein Mißtrauen in die Kräfte der jün¬
geren Leute wachſe immer mehr, je älter er werde,
und je mehr er ſelber alle Sachen allein verrichten
wolle.

Der Vater antwortete, er werde nicht nur ſchon
einmal reiſen, ſondern ſogar eines Tages ſich in den
Ruheſtand ſezen, und keine Handelsgeſchäfte weiter
vornehmen.

Die Mutter erwiederte, daß dies ſehr gut ſein,
und daß ihr dieſer Tag wie ein zweiter Brauttag er¬
ſcheinen werde.

Ich mußte dem Vater nun auch die einzelnen
Holzgattungen angeben, aus denen die verſchiedenen
Geräthe in dem Roſenhauſe eingelegt ſeien, aus de¬
nen die Fußböden beſtänden, und endlich aus wel¬
chen geſchnizt würde. Ich that es ſo ziemlich gut,
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[284/0298] lieber zeigen als einem andern. Wer weiß, ob er nicht gar auf dieſer Reiſe das eine oder andere Stück für ſeine Alterthumszimmer erwerben könnte. Wenn er immer warte, bis die dringendſten Geſchäfte vor¬ über wären, und bis er ſich mehr auf die jüngeren Leute in ſeiner Arbeitsſtube verlaſſen könne, ſo werde er gar nie reiſen; denn die Geſchäfte ſeien immer dringend, und ſein Mißtrauen in die Kräfte der jün¬ geren Leute wachſe immer mehr, je älter er werde, und je mehr er ſelber alle Sachen allein verrichten wolle. Der Vater antwortete, er werde nicht nur ſchon einmal reiſen, ſondern ſogar eines Tages ſich in den Ruheſtand ſezen, und keine Handelsgeſchäfte weiter vornehmen. Die Mutter erwiederte, daß dies ſehr gut ſein, und daß ihr dieſer Tag wie ein zweiter Brauttag er¬ ſcheinen werde. Ich mußte dem Vater nun auch die einzelnen Holzgattungen angeben, aus denen die verſchiedenen Geräthe in dem Roſenhauſe eingelegt ſeien, aus de¬ nen die Fußböden beſtänden, und endlich aus wel¬ chen geſchnizt würde. Ich that es ſo ziemlich gut, denn ich hatte bei der Betrachtung dieſer Dinge an

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/298>, abgerufen am 24.11.2024.