Als ich, da die Hausglocke zwölf Uhr geschlagen hatte, in das Speisezimmer hinunter gegangen war, fand ich in der That die Gesellschaft nicht umgeklei¬ det. Mein Gastfreund war in den Kleidern, wie er sie alle Tage hatte, und die Frauen trugen die nehm¬ lichen Gewänder, in denen sie den Spaziergang ge¬ macht hatten. Gustav und ich waren wie gewöhnlich.
Am oberen Ende des Tisches stand ein etwas grö¬ ßerer Stuhl, und vor ihm auf dem Tische ein Stoß von Tellern. Mein Gastfreund führte, da ein stum¬ mes Gebeth verrichtet worden war, die Frau zu die¬ sem Stuhle, den sie sofort einnahm. Links von ihr saß mein Gastfreund, rechts ich, neben meinem Gast¬ freunde Natalie, und neben ihr Gustav. Mir fiel es auf, daß er die Frau als ersten Gast zu dem Plaze mit den Tellern geführt hatte, den in meiner Eltern Hause meine Mutter einnahm, und von dem aus sie vorlegte. Es mußte aber hier so eingeführt sein; denn wirklich begann die Frau sofort die Teller der Reihe nach mit Suppe zu füllen, die ein junges Auf¬ wartemädchen an die Pläze trug.
Mich erfüllte das mit großer Behaglichkeit. Es war mir, als wenn das immer bisher gefehlt hätte.
Ich dankte ihm für die Erinnerung.
Als ich, da die Hausglocke zwölf Uhr geſchlagen hatte, in das Speiſezimmer hinunter gegangen war, fand ich in der That die Geſellſchaft nicht umgeklei¬ det. Mein Gaſtfreund war in den Kleidern, wie er ſie alle Tage hatte, und die Frauen trugen die nehm¬ lichen Gewänder, in denen ſie den Spaziergang ge¬ macht hatten. Guſtav und ich waren wie gewöhnlich.
Am oberen Ende des Tiſches ſtand ein etwas grö¬ ßerer Stuhl, und vor ihm auf dem Tiſche ein Stoß von Tellern. Mein Gaſtfreund führte, da ein ſtum¬ mes Gebeth verrichtet worden war, die Frau zu die¬ ſem Stuhle, den ſie ſofort einnahm. Links von ihr ſaß mein Gaſtfreund, rechts ich, neben meinem Gaſt¬ freunde Natalie, und neben ihr Guſtav. Mir fiel es auf, daß er die Frau als erſten Gaſt zu dem Plaze mit den Tellern geführt hatte, den in meiner Eltern Hauſe meine Mutter einnahm, und von dem aus ſie vorlegte. Es mußte aber hier ſo eingeführt ſein; denn wirklich begann die Frau ſofort die Teller der Reihe nach mit Suppe zu füllen, die ein junges Auf¬ wartemädchen an die Pläze trug.
Mich erfüllte das mit großer Behaglichkeit. Es war mir, als wenn das immer bisher gefehlt hätte.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0398"n="384"/><p>Ich dankte ihm für die Erinnerung.</p><lb/><p>Als ich, da die Hausglocke zwölf Uhr geſchlagen<lb/>
hatte, in das Speiſezimmer hinunter gegangen war,<lb/>
fand ich in der That die Geſellſchaft nicht umgeklei¬<lb/>
det. Mein Gaſtfreund war in den Kleidern, wie er<lb/>ſie alle Tage hatte, und die Frauen trugen die nehm¬<lb/>
lichen Gewänder, in denen ſie den Spaziergang ge¬<lb/>
macht hatten. Guſtav und ich waren wie gewöhnlich.</p><lb/><p>Am oberen Ende des Tiſches ſtand ein etwas grö¬<lb/>
ßerer Stuhl, und vor ihm auf dem Tiſche ein Stoß<lb/>
von Tellern. Mein Gaſtfreund führte, da ein ſtum¬<lb/>
mes Gebeth verrichtet worden war, die Frau zu die¬<lb/>ſem Stuhle, den ſie ſofort einnahm. Links von ihr<lb/>ſaß mein Gaſtfreund, rechts ich, neben meinem Gaſt¬<lb/>
freunde Natalie, und neben ihr Guſtav. Mir fiel es<lb/>
auf, daß er die Frau als erſten Gaſt zu dem Plaze<lb/>
mit den Tellern geführt hatte, den in meiner Eltern<lb/>
Hauſe meine Mutter einnahm, und von dem aus ſie<lb/>
vorlegte. Es mußte aber hier ſo eingeführt ſein;<lb/>
denn wirklich begann die Frau ſofort die Teller der<lb/>
Reihe nach mit Suppe zu füllen, die ein junges Auf¬<lb/>
wartemädchen an die Pläze trug.</p><lb/><p>Mich erfüllte das mit großer Behaglichkeit. Es<lb/>
war mir, als wenn das immer bisher gefehlt hätte.<lb/></p></div></body></text></TEI>
[384/0398]
Ich dankte ihm für die Erinnerung.
Als ich, da die Hausglocke zwölf Uhr geſchlagen
hatte, in das Speiſezimmer hinunter gegangen war,
fand ich in der That die Geſellſchaft nicht umgeklei¬
det. Mein Gaſtfreund war in den Kleidern, wie er
ſie alle Tage hatte, und die Frauen trugen die nehm¬
lichen Gewänder, in denen ſie den Spaziergang ge¬
macht hatten. Guſtav und ich waren wie gewöhnlich.
Am oberen Ende des Tiſches ſtand ein etwas grö¬
ßerer Stuhl, und vor ihm auf dem Tiſche ein Stoß
von Tellern. Mein Gaſtfreund führte, da ein ſtum¬
mes Gebeth verrichtet worden war, die Frau zu die¬
ſem Stuhle, den ſie ſofort einnahm. Links von ihr
ſaß mein Gaſtfreund, rechts ich, neben meinem Gaſt¬
freunde Natalie, und neben ihr Guſtav. Mir fiel es
auf, daß er die Frau als erſten Gaſt zu dem Plaze
mit den Tellern geführt hatte, den in meiner Eltern
Hauſe meine Mutter einnahm, und von dem aus ſie
vorlegte. Es mußte aber hier ſo eingeführt ſein;
denn wirklich begann die Frau ſofort die Teller der
Reihe nach mit Suppe zu füllen, die ein junges Auf¬
wartemädchen an die Pläze trug.
Mich erfüllte das mit großer Behaglichkeit. Es
war mir, als wenn das immer bisher gefehlt hätte.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/398>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.