dieser Stelle gleiten, ich ließ es an ihr erklingen, und auch ich hatte das Gefühl, daß es Marmor sei, was ich eben behandle. Weil der Plaz, an dem die Ver¬ suche gemacht wurden, doch zu augenfällig war, um weiter gehen zu können, und ihn etwa zu verunstal¬ ten, so beschlossen wir an einem unscheinbareren einen neuen Versuch zu machen. In der Ferse des linken Fußes fehlte ein kleines Stückchen, dort mußte jeden¬ falls Gips eingesezt werden, dort beschlossen wir zu forschen. Wir drehten die Gestalt mit ihrer Scheibe in eine Lage, in welcher das helle Licht auf die Lücke an der Ferse fiel. Es zeigte sich, daß neben der klei¬ nen Vertiefung noch ein Stückchen Gips ledig sei, und bei der leisesten Berührung herab fallen müsse. Wir sezten das Messer an, das Stück sprang weg, und es zeigte sich auf dem Grunde, der blos wurde, ein Stoff, der nicht Gips war. Das Auge sagte, es sei Marmor. Ich holte ein Vergrößerungsglas, wir leiteten durch Spiegel ein schimmerndes Licht auf die Stelle, ich schaute durch das Glas auf sie, und mir funkelten die feinen Kristalle des weißen Marmors entgegen. Eustach sah ebenfalls durch die Linse, wir versuchten an dem Plaze noch andere Mittel, und es stellte sich fest, daß die untersuchte Fläche Marmor sei.
dieſer Stelle gleiten, ich ließ es an ihr erklingen, und auch ich hatte das Gefühl, daß es Marmor ſei, was ich eben behandle. Weil der Plaz, an dem die Ver¬ ſuche gemacht wurden, doch zu augenfällig war, um weiter gehen zu können, und ihn etwa zu verunſtal¬ ten, ſo beſchloſſen wir an einem unſcheinbareren einen neuen Verſuch zu machen. In der Ferſe des linken Fußes fehlte ein kleines Stückchen, dort mußte jeden¬ falls Gips eingeſezt werden, dort beſchloſſen wir zu forſchen. Wir drehten die Geſtalt mit ihrer Scheibe in eine Lage, in welcher das helle Licht auf die Lücke an der Ferſe fiel. Es zeigte ſich, daß neben der klei¬ nen Vertiefung noch ein Stückchen Gips ledig ſei, und bei der leiſeſten Berührung herab fallen müſſe. Wir ſezten das Meſſer an, das Stück ſprang weg, und es zeigte ſich auf dem Grunde, der blos wurde, ein Stoff, der nicht Gips war. Das Auge ſagte, es ſei Marmor. Ich holte ein Vergrößerungsglas, wir leiteten durch Spiegel ein ſchimmerndes Licht auf die Stelle, ich ſchaute durch das Glas auf ſie, und mir funkelten die feinen Kriſtalle des weißen Marmors entgegen. Euſtach ſah ebenfalls durch die Linſe, wir verſuchten an dem Plaze noch andere Mittel, und es ſtellte ſich feſt, daß die unterſuchte Fläche Marmor ſei.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0130"n="116"/>
dieſer Stelle gleiten, ich ließ es an ihr erklingen, und<lb/>
auch ich hatte das Gefühl, daß es Marmor ſei, was<lb/>
ich eben behandle. Weil der Plaz, an dem die Ver¬<lb/>ſuche gemacht wurden, doch zu augenfällig war, um<lb/>
weiter gehen zu können, und ihn etwa zu verunſtal¬<lb/>
ten, ſo beſchloſſen wir an einem unſcheinbareren einen<lb/>
neuen Verſuch zu machen. In der Ferſe des linken<lb/>
Fußes fehlte ein kleines Stückchen, dort mußte jeden¬<lb/>
falls Gips eingeſezt werden, dort beſchloſſen wir zu<lb/>
forſchen. Wir drehten die Geſtalt mit ihrer Scheibe<lb/>
in eine Lage, in welcher das helle Licht auf die Lücke<lb/>
an der Ferſe fiel. Es zeigte ſich, daß neben der klei¬<lb/>
nen Vertiefung noch ein Stückchen Gips ledig ſei,<lb/>
und bei der leiſeſten Berührung herab fallen müſſe.<lb/>
Wir ſezten das Meſſer an, das Stück ſprang weg,<lb/>
und es zeigte ſich auf dem Grunde, der blos wurde,<lb/>
ein Stoff, der nicht Gips war. Das Auge ſagte, es<lb/>ſei Marmor. Ich holte ein Vergrößerungsglas, wir<lb/>
leiteten durch Spiegel ein ſchimmerndes Licht auf die<lb/>
Stelle, ich ſchaute durch das Glas auf ſie, und mir<lb/>
funkelten die feinen Kriſtalle des weißen Marmors<lb/>
entgegen. Euſtach ſah ebenfalls durch die Linſe, wir<lb/>
verſuchten an dem Plaze noch andere Mittel, und es<lb/>ſtellte ſich feſt, daß die unterſuchte Fläche Marmor ſei.<lb/></p></div></body></text></TEI>
[116/0130]
dieſer Stelle gleiten, ich ließ es an ihr erklingen, und
auch ich hatte das Gefühl, daß es Marmor ſei, was
ich eben behandle. Weil der Plaz, an dem die Ver¬
ſuche gemacht wurden, doch zu augenfällig war, um
weiter gehen zu können, und ihn etwa zu verunſtal¬
ten, ſo beſchloſſen wir an einem unſcheinbareren einen
neuen Verſuch zu machen. In der Ferſe des linken
Fußes fehlte ein kleines Stückchen, dort mußte jeden¬
falls Gips eingeſezt werden, dort beſchloſſen wir zu
forſchen. Wir drehten die Geſtalt mit ihrer Scheibe
in eine Lage, in welcher das helle Licht auf die Lücke
an der Ferſe fiel. Es zeigte ſich, daß neben der klei¬
nen Vertiefung noch ein Stückchen Gips ledig ſei,
und bei der leiſeſten Berührung herab fallen müſſe.
Wir ſezten das Meſſer an, das Stück ſprang weg,
und es zeigte ſich auf dem Grunde, der blos wurde,
ein Stoff, der nicht Gips war. Das Auge ſagte, es
ſei Marmor. Ich holte ein Vergrößerungsglas, wir
leiteten durch Spiegel ein ſchimmerndes Licht auf die
Stelle, ich ſchaute durch das Glas auf ſie, und mir
funkelten die feinen Kriſtalle des weißen Marmors
entgegen. Euſtach ſah ebenfalls durch die Linſe, wir
verſuchten an dem Plaze noch andere Mittel, und es
ſtellte ſich feſt, daß die unterſuchte Fläche Marmor ſei.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/130>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.