nachtwärts mit einem Wagen in unsere Stadt gefah¬ ren. Den Vater traf ich sehr heiter an, er schien gleichsam um mehrere Jahre jünger geworden zu sein. Die Augen glänzten in seinem Angesichte, als wäre ihm eine sehr große Freude widerfahren. Auch die anderen sahen sehr vergnügt und fröhlich aus.
Nach dem Mittagessen führte er mich in das glä¬ serne Häuschen, und zeigte mir, daß sich die Verklei¬ dungen bereits auf den Pfeilern befänden. Es war ein bewunderungswürdiger Anblick, ich hätte nie ge¬ dacht, daß sich die Schnizerei so gut darstellen würde. Sie war vollkommen gereinigt und schwach mit Fir¬ niß überzogen worden.
"Siehst du," sagte der Vater, "wie sich alles schön gestaltet hat. Die Holzverkleidung fügt sich, als wäre sie für diese Pfeiler gemacht worden. Es ist fast auch so der Fall; wenn nicht die Holzverkleidung für die Pfeiler gemacht worden ist, so sind doch die Pfei¬ ler für die Holzverkleidung gemacht worden. Was aber von weit größerer Bedeutung ist, besteht darin, daß das Holzkunstwerk in das ganze Häuschen so paßt, als wäre sie ursprünglich für dasselbe bestimmt gewesen -- und dies freut mich am meisten. Ich kann mich daher auch nicht so betrüben wie du, daß
nachtwärts mit einem Wagen in unſere Stadt gefah¬ ren. Den Vater traf ich ſehr heiter an, er ſchien gleichſam um mehrere Jahre jünger geworden zu ſein. Die Augen glänzten in ſeinem Angeſichte, als wäre ihm eine ſehr große Freude widerfahren. Auch die anderen ſahen ſehr vergnügt und fröhlich aus.
Nach dem Mittageſſen führte er mich in das glä¬ ſerne Häuschen, und zeigte mir, daß ſich die Verklei¬ dungen bereits auf den Pfeilern befänden. Es war ein bewunderungswürdiger Anblick, ich hätte nie ge¬ dacht, daß ſich die Schnizerei ſo gut darſtellen würde. Sie war vollkommen gereinigt und ſchwach mit Fir¬ niß überzogen worden.
„Siehſt du,“ ſagte der Vater, „wie ſich alles ſchön geſtaltet hat. Die Holzverkleidung fügt ſich, als wäre ſie für dieſe Pfeiler gemacht worden. Es iſt faſt auch ſo der Fall; wenn nicht die Holzverkleidung für die Pfeiler gemacht worden iſt, ſo ſind doch die Pfei¬ ler für die Holzverkleidung gemacht worden. Was aber von weit größerer Bedeutung iſt, beſteht darin, daß das Holzkunſtwerk in das ganze Häuschen ſo paßt, als wäre ſie urſprünglich für dasſelbe beſtimmt geweſen — und dies freut mich am meiſten. Ich kann mich daher auch nicht ſo betrüben wie du, daß
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0206"n="192"/>
nachtwärts mit einem Wagen in unſere Stadt gefah¬<lb/>
ren. Den Vater traf ich ſehr heiter an, er ſchien<lb/>
gleichſam um mehrere Jahre jünger geworden zu ſein.<lb/>
Die Augen glänzten in ſeinem Angeſichte, als wäre<lb/>
ihm eine ſehr große Freude widerfahren. Auch die<lb/>
anderen ſahen ſehr vergnügt und fröhlich aus.</p><lb/><p>Nach dem Mittageſſen führte er mich in das glä¬<lb/>ſerne Häuschen, und zeigte mir, daß ſich die Verklei¬<lb/>
dungen bereits auf den Pfeilern befänden. Es war<lb/>
ein bewunderungswürdiger Anblick, ich hätte nie ge¬<lb/>
dacht, daß ſich die Schnizerei ſo gut darſtellen würde.<lb/>
Sie war vollkommen gereinigt und ſchwach mit Fir¬<lb/>
niß überzogen worden.</p><lb/><p>„Siehſt du,“ſagte der Vater, „wie ſich alles ſchön<lb/>
geſtaltet hat. Die Holzverkleidung fügt ſich, als wäre<lb/>ſie für dieſe Pfeiler gemacht worden. Es iſt faſt auch<lb/>ſo der Fall; wenn nicht die Holzverkleidung für<lb/>
die Pfeiler gemacht worden iſt, ſo ſind doch die Pfei¬<lb/>
ler für die Holzverkleidung gemacht worden. Was<lb/>
aber von weit größerer Bedeutung iſt, beſteht darin,<lb/>
daß das Holzkunſtwerk in das ganze Häuschen ſo<lb/>
paßt, als wäre ſie urſprünglich für dasſelbe beſtimmt<lb/>
geweſen — und dies freut mich am meiſten. Ich<lb/>
kann mich daher auch nicht ſo betrüben wie du, daß<lb/></p></div></body></text></TEI>
[192/0206]
nachtwärts mit einem Wagen in unſere Stadt gefah¬
ren. Den Vater traf ich ſehr heiter an, er ſchien
gleichſam um mehrere Jahre jünger geworden zu ſein.
Die Augen glänzten in ſeinem Angeſichte, als wäre
ihm eine ſehr große Freude widerfahren. Auch die
anderen ſahen ſehr vergnügt und fröhlich aus.
Nach dem Mittageſſen führte er mich in das glä¬
ſerne Häuschen, und zeigte mir, daß ſich die Verklei¬
dungen bereits auf den Pfeilern befänden. Es war
ein bewunderungswürdiger Anblick, ich hätte nie ge¬
dacht, daß ſich die Schnizerei ſo gut darſtellen würde.
Sie war vollkommen gereinigt und ſchwach mit Fir¬
niß überzogen worden.
„Siehſt du,“ ſagte der Vater, „wie ſich alles ſchön
geſtaltet hat. Die Holzverkleidung fügt ſich, als wäre
ſie für dieſe Pfeiler gemacht worden. Es iſt faſt auch
ſo der Fall; wenn nicht die Holzverkleidung für
die Pfeiler gemacht worden iſt, ſo ſind doch die Pfei¬
ler für die Holzverkleidung gemacht worden. Was
aber von weit größerer Bedeutung iſt, beſteht darin,
daß das Holzkunſtwerk in das ganze Häuschen ſo
paßt, als wäre ſie urſprünglich für dasſelbe beſtimmt
geweſen — und dies freut mich am meiſten. Ich
kann mich daher auch nicht ſo betrüben wie du, daß
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/206>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.