als bei meinem Gastfreunde ja selbst im Sternenhofe, erschienen mir als außerordentlich schön, als ganz vollendete zusammenstimmende Meisterwerke, wie sie, wenn ich dem ersten Eindrucke trauen durfte, bei mei¬ nem Gastfreunde in dieser gleich hohen und zusammen gehörigen Schönheit nicht vorhanden waren. Es be¬ fand sich, wie ich bald entdeckte, kein Bild der neueren oder neuesten Zeit darunter, sämmtlich gehörten sie der älteren Zeit an, wenigstens, wie ich wahrzuneh¬ men glaubte, dem sechzehnten Jahrhunderte. Ein ganz tiefes eigenthümliches Gefühl kam in meine Seele. Das ist die große und nicht zu beschreibende Liebe des Vaters. Diese kostbaren Dinge besaß er, an diesen Dingen hing sein Herz, sein Sohn war vorüber gegangen, ohne sie zu beachten, und der Va¬ ter entzog dem Sohne doch kein Theilchen der Zunei¬ gung, er opferte sich ihm, er opferte ihm fast sein Leben, er sorgte für ihn, und suchte ihm nicht ein¬ mal zu beweisen, wie schön die Sachen wären. Ich erfuhr, wie sehr ich auch hier geschont worden war.
"Das sind ja herrliche Bilder," rief ich in Rüh¬ rung aus.
"Ich glaube, daß sie nicht unbedeutend sind," er¬
als bei meinem Gaſtfreunde ja ſelbſt im Sternenhofe, erſchienen mir als außerordentlich ſchön, als ganz vollendete zuſammenſtimmende Meiſterwerke, wie ſie, wenn ich dem erſten Eindrucke trauen durfte, bei mei¬ nem Gaſtfreunde in dieſer gleich hohen und zuſammen gehörigen Schönheit nicht vorhanden waren. Es be¬ fand ſich, wie ich bald entdeckte, kein Bild der neueren oder neueſten Zeit darunter, ſämmtlich gehörten ſie der älteren Zeit an, wenigſtens, wie ich wahrzuneh¬ men glaubte, dem ſechzehnten Jahrhunderte. Ein ganz tiefes eigenthümliches Gefühl kam in meine Seele. Das iſt die große und nicht zu beſchreibende Liebe des Vaters. Dieſe koſtbaren Dinge beſaß er, an dieſen Dingen hing ſein Herz, ſein Sohn war vorüber gegangen, ohne ſie zu beachten, und der Va¬ ter entzog dem Sohne doch kein Theilchen der Zunei¬ gung, er opferte ſich ihm, er opferte ihm faſt ſein Leben, er ſorgte für ihn, und ſuchte ihm nicht ein¬ mal zu beweiſen, wie ſchön die Sachen wären. Ich erfuhr, wie ſehr ich auch hier geſchont worden war.
„Das ſind ja herrliche Bilder,“ rief ich in Rüh¬ rung aus.
„Ich glaube, daß ſie nicht unbedeutend ſind,“ er¬
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als bei meinem Gaſtfreunde ja ſelbſt im Sternenhofe,
erſchienen mir als außerordentlich ſchön, als ganz
vollendete zuſammenſtimmende Meiſterwerke, wie ſie,
wenn ich dem erſten Eindrucke trauen durfte, bei mei¬
nem Gaſtfreunde in dieſer gleich hohen und zuſammen
gehörigen Schönheit nicht vorhanden waren. Es be¬
fand ſich, wie ich bald entdeckte, kein Bild der neueren
oder neueſten Zeit darunter, ſämmtlich gehörten ſie
der älteren Zeit an, wenigſtens, wie ich wahrzuneh¬
men glaubte, dem ſechzehnten Jahrhunderte. Ein
ganz tiefes eigenthümliches Gefühl kam in meine
Seele. Das iſt die große und nicht zu beſchreibende
Liebe des Vaters. Dieſe koſtbaren Dinge beſaß er,
an dieſen Dingen hing ſein Herz, ſein Sohn war
vorüber gegangen, ohne ſie zu beachten, und der Va¬
ter entzog dem Sohne doch kein Theilchen der Zunei¬
gung, er opferte ſich ihm, er opferte ihm faſt ſein
Leben, er ſorgte für ihn, und ſuchte ihm nicht ein¬
mal zu beweiſen, wie ſchön die Sachen wären. Ich
erfuhr, wie ſehr ich auch hier geſchont worden war.
„Das ſind ja herrliche Bilder,“ rief ich in Rüh¬
rung aus.
„Ich glaube, daß ſie nicht unbedeutend ſind,“ er¬
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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/246>, abgerufen am 16.02.2025.
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