etwas weit Schöneres gebracht habe, als ich wußte. Ich nahm mir vor, im nächsten Frühlinge viel ge¬ nauer nach den zu diesen Verkleidungen noch gehören¬ den Theilen zu forschen; ich hatte früher nur im All¬ gemeinen gefragt, jezt wollte ich aber auf das Sorg¬ fältigste in der ganzen Gegend suchen. Nachdem wir noch eine Weile über das Werk geredet hatten, führte mich die Mutter durch alle meine Zimmer, und zeigte mir, was man während meiner Abwesenheit gethan habe, um mir den Winteraufenthalt recht angenehm zu machen. Die Schwester kam dazu, und da die Mutter fortgegangen war, schlang sie beide Arme um meinen Hals, küßte mich, und sagte, daß ich so gut sei, und daß sie mich nach Vater und Mutter unter allen Dingen, die auf der Welt sein können, am mei¬ sten und am außerordentlichsten liebe. Mir wären bei dieser Rede bald die Thränen in die Augen getreten.
Als ich später in meinem Zimmer allein auf und ab ging, wollte mir mein Herz immer sagen: "jezt ist alles gut, jezt ist alles gut."
Ich kaufte mir am andern Tage eine spanische Sprachlehre, welche mir ein Freund, der sich seit meh¬ reren Jahren mit diesen Dingen abgegeben hatte, an¬ rieth. Ich begann neben meinen anderen Arbeiten
etwas weit Schöneres gebracht habe, als ich wußte. Ich nahm mir vor, im nächſten Frühlinge viel ge¬ nauer nach den zu dieſen Verkleidungen noch gehören¬ den Theilen zu forſchen; ich hatte früher nur im All¬ gemeinen gefragt‚ jezt wollte ich aber auf das Sorg¬ fältigſte in der ganzen Gegend ſuchen. Nachdem wir noch eine Weile über das Werk geredet hatten, führte mich die Mutter durch alle meine Zimmer, und zeigte mir, was man während meiner Abweſenheit gethan habe, um mir den Winteraufenthalt recht angenehm zu machen. Die Schweſter kam dazu, und da die Mutter fortgegangen war, ſchlang ſie beide Arme um meinen Hals, küßte mich, und ſagte, daß ich ſo gut ſei, und daß ſie mich nach Vater und Mutter unter allen Dingen, die auf der Welt ſein können, am mei¬ ſten und am außerordentlichſten liebe. Mir wären bei dieſer Rede bald die Thränen in die Augen getreten.
Als ich ſpäter in meinem Zimmer allein auf und ab ging, wollte mir mein Herz immer ſagen: „jezt iſt alles gut, jezt iſt alles gut.“
Ich kaufte mir am andern Tage eine ſpaniſche Sprachlehre, welche mir ein Freund, der ſich ſeit meh¬ reren Jahren mit dieſen Dingen abgegeben hatte, an¬ rieth. Ich begann neben meinen anderen Arbeiten
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0027"n="13"/>
etwas weit Schöneres gebracht habe, als ich wußte.<lb/>
Ich nahm mir vor, im nächſten Frühlinge viel ge¬<lb/>
nauer nach den zu dieſen Verkleidungen noch gehören¬<lb/>
den Theilen zu forſchen; ich hatte früher nur im All¬<lb/>
gemeinen gefragt‚ jezt wollte ich aber auf das Sorg¬<lb/>
fältigſte in der ganzen Gegend ſuchen. Nachdem wir<lb/>
noch eine Weile über das Werk geredet hatten, führte<lb/>
mich die Mutter durch alle meine Zimmer, und zeigte<lb/>
mir, was man während meiner Abweſenheit gethan<lb/>
habe, um mir den Winteraufenthalt recht angenehm<lb/>
zu machen. Die Schweſter kam dazu, und da die<lb/>
Mutter fortgegangen war, ſchlang ſie beide Arme um<lb/>
meinen Hals, küßte mich, und ſagte, daß ich ſo gut<lb/>ſei, und daß ſie mich nach Vater und Mutter unter<lb/>
allen Dingen, die auf der Welt ſein können, am mei¬<lb/>ſten und am außerordentlichſten liebe. Mir wären bei<lb/>
dieſer Rede bald die Thränen in die Augen getreten.</p><lb/><p>Als ich ſpäter in meinem Zimmer allein auf und<lb/>
ab ging, wollte mir mein Herz immer ſagen: „jezt iſt<lb/>
alles gut, jezt iſt alles gut.“</p><lb/><p>Ich kaufte mir am andern Tage eine ſpaniſche<lb/>
Sprachlehre, welche mir ein Freund, der ſich ſeit meh¬<lb/>
reren Jahren mit dieſen Dingen abgegeben hatte, an¬<lb/>
rieth. Ich begann neben meinen anderen Arbeiten<lb/></p></div></body></text></TEI>
[13/0027]
etwas weit Schöneres gebracht habe, als ich wußte.
Ich nahm mir vor, im nächſten Frühlinge viel ge¬
nauer nach den zu dieſen Verkleidungen noch gehören¬
den Theilen zu forſchen; ich hatte früher nur im All¬
gemeinen gefragt‚ jezt wollte ich aber auf das Sorg¬
fältigſte in der ganzen Gegend ſuchen. Nachdem wir
noch eine Weile über das Werk geredet hatten, führte
mich die Mutter durch alle meine Zimmer, und zeigte
mir, was man während meiner Abweſenheit gethan
habe, um mir den Winteraufenthalt recht angenehm
zu machen. Die Schweſter kam dazu, und da die
Mutter fortgegangen war, ſchlang ſie beide Arme um
meinen Hals, küßte mich, und ſagte, daß ich ſo gut
ſei, und daß ſie mich nach Vater und Mutter unter
allen Dingen, die auf der Welt ſein können, am mei¬
ſten und am außerordentlichſten liebe. Mir wären bei
dieſer Rede bald die Thränen in die Augen getreten.
Als ich ſpäter in meinem Zimmer allein auf und
ab ging, wollte mir mein Herz immer ſagen: „jezt iſt
alles gut, jezt iſt alles gut.“
Ich kaufte mir am andern Tage eine ſpaniſche
Sprachlehre, welche mir ein Freund, der ſich ſeit meh¬
reren Jahren mit dieſen Dingen abgegeben hatte, an¬
rieth. Ich begann neben meinen anderen Arbeiten
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/27>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.