neu; man hat schon solche versucht, und der Freiherr von Risach hat bei uns nach beigebrachten Zeichnun¬ gen Dinge ähnlicher Art verfertigen lassen."
Mir leuchtete die Sache sehr ein, und ich konnte sie nicht weiter belegen. Ich betrachtete von nun an mit noch größerer Sorgfalt und Genauigkeit die Ar¬ beiten, welche mein Freund in den verschiedenen Werkstätten der Stadt machen ließ. Sie waren mei¬ stens sehr schön, ja ich glaube, schöner, als man sie irgendwo zu sehen gewohnt ist. Deßungeachtet mußte ich behaupten, daß, wenn nur überhaupt ein edlerer und höherer Sinn für Kunst vorhanden wäre, dieje¬ nigen Leute, welche große Summen für Schmuck ausgeben, dieselben Summen oder vielleicht noch größere dahin verwenden würden, daß sie gleich wirk¬ liche Kunstwerke in Juwelen bestellten. Dagegen er¬ wiederte mein Freund, daß, wie hoch der Kunstsinn auch stehe und wie weit er sich verbreite, doch die Zahl derer immer größer bleiben würde, welche blos Schmuck als Schmucksachen kaufe, als derer, welche Kunstwerke in Kleinodien entwerfen und aus¬ führen lassen, was er allerdings als die höchste Spize seines Berufes ansehen würde. Dazu komme noch, daß mancher, der Kunstsinn habe, von der Schönheit
neu; man hat ſchon ſolche verſucht, und der Freiherr von Riſach hat bei uns nach beigebrachten Zeichnun¬ gen Dinge ähnlicher Art verfertigen laſſen.“
Mir leuchtete die Sache ſehr ein, und ich konnte ſie nicht weiter belegen. Ich betrachtete von nun an mit noch größerer Sorgfalt und Genauigkeit die Ar¬ beiten, welche mein Freund in den verſchiedenen Werkſtätten der Stadt machen ließ. Sie waren mei¬ ſtens ſehr ſchön, ja ich glaube, ſchöner, als man ſie irgendwo zu ſehen gewohnt iſt. Deßungeachtet mußte ich behaupten, daß, wenn nur überhaupt ein edlerer und höherer Sinn für Kunſt vorhanden wäre, dieje¬ nigen Leute, welche große Summen für Schmuck ausgeben, dieſelben Summen oder vielleicht noch größere dahin verwenden würden, daß ſie gleich wirk¬ liche Kunſtwerke in Juwelen beſtellten. Dagegen er¬ wiederte mein Freund, daß, wie hoch der Kunſtſinn auch ſtehe und wie weit er ſich verbreite, doch die Zahl derer immer größer bleiben würde, welche blos Schmuck als Schmuckſachen kaufe, als derer, welche Kunſtwerke in Kleinodien entwerfen und aus¬ führen laſſen, was er allerdings als die höchſte Spize ſeines Berufes anſehen würde. Dazu komme noch, daß mancher, der Kunſtſinn habe, von der Schönheit
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neu; man hat ſchon ſolche verſucht, und der Freiherr
von Riſach hat bei uns nach beigebrachten Zeichnun¬
gen Dinge ähnlicher Art verfertigen laſſen.“
Mir leuchtete die Sache ſehr ein, und ich konnte
ſie nicht weiter belegen. Ich betrachtete von nun an
mit noch größerer Sorgfalt und Genauigkeit die Ar¬
beiten, welche mein Freund in den verſchiedenen
Werkſtätten der Stadt machen ließ. Sie waren mei¬
ſtens ſehr ſchön, ja ich glaube, ſchöner, als man ſie
irgendwo zu ſehen gewohnt iſt. Deßungeachtet mußte
ich behaupten, daß, wenn nur überhaupt ein edlerer
und höherer Sinn für Kunſt vorhanden wäre, dieje¬
nigen Leute, welche große Summen für Schmuck
ausgeben, dieſelben Summen oder vielleicht noch
größere dahin verwenden würden, daß ſie gleich wirk¬
liche Kunſtwerke in Juwelen beſtellten. Dagegen er¬
wiederte mein Freund, daß, wie hoch der Kunſtſinn
auch ſtehe und wie weit er ſich verbreite, doch die
Zahl derer immer größer bleiben würde, welche
blos Schmuck als Schmuckſachen kaufe, als derer,
welche Kunſtwerke in Kleinodien entwerfen und aus¬
führen laſſen, was er allerdings als die höchſte Spize
ſeines Berufes anſehen würde. Dazu komme noch,
daß mancher, der Kunſtſinn habe, von der Schönheit
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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/276>, abgerufen am 22.11.2024.
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