darauf, auch ein solches Gemälde versuchen zu wol¬ len. Da mein Gastfreund nichts dawider hatte, so überließ ich ihm meine Farben zur Benüzung, und er begann auf einem Tische neben mir sein Geschäft, in¬ dem er den nehmlichen Schrein abbildete wie ich. Im Zeichnen war er sehr unterrichtet, Eustach war sein Lehrmeister; dieser hatte aber bisher noch immer nicht zugegeben, daß sein Zögling den Gebrauch der Far¬ ben anfange, weil er von dem Grundsaze ausging, daß zuvor eine sehr sichere und behende Zeichnung vor¬ handen sein müsse. Die Spielerei aber mit dem Schreine -- denn es war nichts weiter als eine Spie¬ lerei -- ließ er als eine Ausnahme geschehen.
Ich wurde in Kurzem mit der ersten Arbeit fertig. Das Bild sah in den genau und gewissenhaft nachge¬ ahmten Farben fast noch lieblicher und reizender aus als der Gegenstand selber, da alles ins Kleinere und Feinere zusammengerückt war.
Da ich die Zeichnung vollendet hatte, legte ich sie meinem Gastfreunde und Mathilde vor. Sie billig¬ ten dieselbe, und schlugen einige kleine Änderungen vor. Da ich die Nothwendigkeit derselben einsah, nahm ich sie sogleich vor. Hierauf wurde von ihnen so wie von Eustach die Abbildung für fertig erklärt.
darauf, auch ein ſolches Gemälde verſuchen zu wol¬ len. Da mein Gaſtfreund nichts dawider hatte, ſo überließ ich ihm meine Farben zur Benüzung, und er begann auf einem Tiſche neben mir ſein Geſchäft, in¬ dem er den nehmlichen Schrein abbildete wie ich. Im Zeichnen war er ſehr unterrichtet, Euſtach war ſein Lehrmeiſter; dieſer hatte aber bisher noch immer nicht zugegeben, daß ſein Zögling den Gebrauch der Far¬ ben anfange, weil er von dem Grundſaze ausging, daß zuvor eine ſehr ſichere und behende Zeichnung vor¬ handen ſein müſſe. Die Spielerei aber mit dem Schreine — denn es war nichts weiter als eine Spie¬ lerei — ließ er als eine Ausnahme geſchehen.
Ich wurde in Kurzem mit der erſten Arbeit fertig. Das Bild ſah in den genau und gewiſſenhaft nachge¬ ahmten Farben faſt noch lieblicher und reizender aus als der Gegenſtand ſelber, da alles ins Kleinere und Feinere zuſammengerückt war.
Da ich die Zeichnung vollendet hatte, legte ich ſie meinem Gaſtfreunde und Mathilde vor. Sie billig¬ ten dieſelbe, und ſchlugen einige kleine Änderungen vor. Da ich die Nothwendigkeit derſelben einſah, nahm ich ſie ſogleich vor. Hierauf wurde von ihnen ſo wie von Euſtach die Abbildung für fertig erklärt.
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darauf, auch ein ſolches Gemälde verſuchen zu wol¬
len. Da mein Gaſtfreund nichts dawider hatte, ſo
überließ ich ihm meine Farben zur Benüzung, und er
begann auf einem Tiſche neben mir ſein Geſchäft, in¬
dem er den nehmlichen Schrein abbildete wie ich. Im
Zeichnen war er ſehr unterrichtet, Euſtach war ſein
Lehrmeiſter; dieſer hatte aber bisher noch immer nicht
zugegeben, daß ſein Zögling den Gebrauch der Far¬
ben anfange, weil er von dem Grundſaze ausging,
daß zuvor eine ſehr ſichere und behende Zeichnung vor¬
handen ſein müſſe. Die Spielerei aber mit dem
Schreine — denn es war nichts weiter als eine Spie¬
lerei — ließ er als eine Ausnahme geſchehen.
Ich wurde in Kurzem mit der erſten Arbeit fertig.
Das Bild ſah in den genau und gewiſſenhaft nachge¬
ahmten Farben faſt noch lieblicher und reizender aus
als der Gegenſtand ſelber, da alles ins Kleinere und
Feinere zuſammengerückt war.
Da ich die Zeichnung vollendet hatte, legte ich ſie
meinem Gaſtfreunde und Mathilde vor. Sie billig¬
ten dieſelbe, und ſchlugen einige kleine Änderungen
vor. Da ich die Nothwendigkeit derſelben einſah,
nahm ich ſie ſogleich vor. Hierauf wurde von ihnen
ſo wie von Euſtach die Abbildung für fertig erklärt.
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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/36>, abgerufen am 21.11.2024.
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