dig über die Heiterkeit des Vaters, sie ging gerne in seine Pläne ein, und beförderte alles, was sie in ihrem Kreise zu der Erfüllung derselben thun konnte. Sie schien uns Kinder mehr zu lieben als in jeder vergan¬ genen Zeit. Klotilde wendete sich immer mehr und mehr zu mir, sie war gleichsam mein Bruder, ich war ihr Freund ihr Rathgeber ihr Gesellschafter. Sie schien gar keine andere Empfindung als für unser Haus zu haben. Wir sezten unsere Übungen im Spanischen im Zitherspielen im Zeichnen und Malen fort. Troz dieser Dinge war sie auch im Hauswesen eifrig, um der Mutter Folge zu leisten, und ihren Beifall zu ge¬ winnen. Wenn etwas in dieser Art, das eine größere Sorgfalt und Geschicklichkeit erheischte, besonders ge¬ lang, und dies erkannt wurde, so war ihre Befriedi¬ gung größer, als wenn sie bei einer ernsten und wich¬ tigen Bewerbung vor einer ansehnlichen Versammlung den Preis davon getragen hätte.
In den Gesellschaften, die in kleineren oder größe¬ ren Kreisen nur seltener als in früheren Jahren in un¬ serem Hause statt fanden, wurden jezt auch mehr Ge¬ spräche geführt, als da wir auch jünger waren. Es wurden ernsthafte Dinge in Untersuchung gezogen, Angelegenheiten des Staates allgemeine öffentliche
dig über die Heiterkeit des Vaters, ſie ging gerne in ſeine Pläne ein, und beförderte alles, was ſie in ihrem Kreiſe zu der Erfüllung derſelben thun konnte. Sie ſchien uns Kinder mehr zu lieben als in jeder vergan¬ genen Zeit. Klotilde wendete ſich immer mehr und mehr zu mir, ſie war gleichſam mein Bruder, ich war ihr Freund ihr Rathgeber ihr Geſellſchafter. Sie ſchien gar keine andere Empfindung als für unſer Haus zu haben. Wir ſezten unſere Übungen im Spaniſchen im Zitherſpielen im Zeichnen und Malen fort. Troz dieſer Dinge war ſie auch im Hausweſen eifrig, um der Mutter Folge zu leiſten, und ihren Beifall zu ge¬ winnen. Wenn etwas in dieſer Art, das eine größere Sorgfalt und Geſchicklichkeit erheiſchte, beſonders ge¬ lang, und dies erkannt wurde, ſo war ihre Befriedi¬ gung größer, als wenn ſie bei einer ernſten und wich¬ tigen Bewerbung vor einer anſehnlichen Verſammlung den Preis davon getragen hätte.
In den Geſellſchaften, die in kleineren oder größe¬ ren Kreiſen nur ſeltener als in früheren Jahren in un¬ ſerem Hauſe ſtatt fanden, wurden jezt auch mehr Ge¬ ſpräche geführt, als da wir auch jünger waren. Es wurden ernſthafte Dinge in Unterſuchung gezogen, Angelegenheiten des Staates allgemeine öffentliche
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0386"n="372"/>
dig über die Heiterkeit des Vaters, ſie ging gerne in<lb/>ſeine Pläne ein, und beförderte alles, was ſie in ihrem<lb/>
Kreiſe zu der Erfüllung derſelben thun konnte. Sie<lb/>ſchien uns Kinder mehr zu lieben als in jeder vergan¬<lb/>
genen Zeit. Klotilde wendete ſich immer mehr und<lb/>
mehr zu mir, ſie war gleichſam mein Bruder, ich war<lb/>
ihr Freund ihr Rathgeber ihr Geſellſchafter. Sie ſchien<lb/>
gar keine andere Empfindung als für unſer Haus zu<lb/>
haben. Wir ſezten unſere Übungen im Spaniſchen<lb/>
im Zitherſpielen im Zeichnen und Malen fort. Troz<lb/>
dieſer Dinge war ſie auch im Hausweſen eifrig, um<lb/>
der Mutter Folge zu leiſten, und ihren Beifall zu ge¬<lb/>
winnen. Wenn etwas in dieſer Art, das eine größere<lb/>
Sorgfalt und Geſchicklichkeit erheiſchte, beſonders ge¬<lb/>
lang, und dies erkannt wurde, ſo war ihre Befriedi¬<lb/>
gung größer, als wenn ſie bei einer ernſten und wich¬<lb/>
tigen Bewerbung vor einer anſehnlichen Verſammlung<lb/>
den Preis davon getragen hätte.</p><lb/><p>In den Geſellſchaften, die in kleineren oder größe¬<lb/>
ren Kreiſen nur ſeltener als in früheren Jahren in un¬<lb/>ſerem Hauſe ſtatt fanden, wurden jezt auch mehr Ge¬<lb/>ſpräche geführt, als da wir auch jünger waren. Es<lb/>
wurden ernſthafte Dinge in Unterſuchung gezogen,<lb/>
Angelegenheiten des Staates allgemeine öffentliche<lb/></p></div></body></text></TEI>
[372/0386]
dig über die Heiterkeit des Vaters, ſie ging gerne in
ſeine Pläne ein, und beförderte alles, was ſie in ihrem
Kreiſe zu der Erfüllung derſelben thun konnte. Sie
ſchien uns Kinder mehr zu lieben als in jeder vergan¬
genen Zeit. Klotilde wendete ſich immer mehr und
mehr zu mir, ſie war gleichſam mein Bruder, ich war
ihr Freund ihr Rathgeber ihr Geſellſchafter. Sie ſchien
gar keine andere Empfindung als für unſer Haus zu
haben. Wir ſezten unſere Übungen im Spaniſchen
im Zitherſpielen im Zeichnen und Malen fort. Troz
dieſer Dinge war ſie auch im Hausweſen eifrig, um
der Mutter Folge zu leiſten, und ihren Beifall zu ge¬
winnen. Wenn etwas in dieſer Art, das eine größere
Sorgfalt und Geſchicklichkeit erheiſchte, beſonders ge¬
lang, und dies erkannt wurde, ſo war ihre Befriedi¬
gung größer, als wenn ſie bei einer ernſten und wich¬
tigen Bewerbung vor einer anſehnlichen Verſammlung
den Preis davon getragen hätte.
In den Geſellſchaften, die in kleineren oder größe¬
ren Kreiſen nur ſeltener als in früheren Jahren in un¬
ſerem Hauſe ſtatt fanden, wurden jezt auch mehr Ge¬
ſpräche geführt, als da wir auch jünger waren. Es
wurden ernſthafte Dinge in Unterſuchung gezogen,
Angelegenheiten des Staates allgemeine öffentliche
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/386>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.