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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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Mann zu dem Weibe führt, als stille durchaus auf¬
richtige süsse Freundschaft auftritt, die über alles Lob
und über allen Tadel erhaben ist, und die vielleicht
das Spiegelklarste ist, was menschliche Verhältnisse
aufzuweisen haben. Diese Liebe trat ein. Sie ist innig
ohne Selbstsucht, freut sich, mit dem Andern zu¬
sammen zu sein, sucht seine Tage zu schmücken und
zu verlängern, ist zart, und hat gleichsam keinen
irdischen Ursprung an sich. Mathilde nimmt Antheil
an jeder meiner Bestrebungen. Sie geht mit mir in
den Räumen meines Hauses herum, ist mit mir in
dem Garten, betrachtet die Blumen oder Gemüse,
ist in dem Meierhofe, und schaut seine Erträgnisse an,
geht in das Schreinerhaus, und betrachtet, was wir
machen, und sie betheiligt sich an unserer Kunst und
selbst an unsern wissenschaftlichen Bestrebungen. Ich
sehe in ihrem Hause nach, betrachte die Dinge im
Schlosse im Meierhofe auf den Feldern, nehme Theil
an ihren Wünschen und Meinungen, und schloß die
Erziehung und die Zukunft ihrer Kinder in mein Herz.
So leben wir in Glück und Stettigkeit gleichsam
einen Nachsommer ohne vorhergegangenen Sommer,
Meine Sammlungen vervollständigen sich, die Bau¬
lichkeiten runden sich immer mehr, ich habe Menschen

Mann zu dem Weibe führt, als ſtille durchaus auf¬
richtige ſüſſe Freundſchaft auftritt, die über alles Lob
und über allen Tadel erhaben iſt, und die vielleicht
das Spiegelklarſte iſt, was menſchliche Verhältniſſe
aufzuweiſen haben. Dieſe Liebe trat ein. Sie iſt innig
ohne Selbſtſucht, freut ſich, mit dem Andern zu¬
ſammen zu ſein, ſucht ſeine Tage zu ſchmücken und
zu verlängern, iſt zart, und hat gleichſam keinen
irdiſchen Urſprung an ſich. Mathilde nimmt Antheil
an jeder meiner Beſtrebungen. Sie geht mit mir in
den Räumen meines Hauſes herum, iſt mit mir in
dem Garten, betrachtet die Blumen oder Gemüſe,
iſt in dem Meierhofe, und ſchaut ſeine Erträgniſſe an,
geht in das Schreinerhaus, und betrachtet, was wir
machen, und ſie betheiligt ſich an unſerer Kunſt und
ſelbſt an unſern wiſſenſchaftlichen Beſtrebungen. Ich
ſehe in ihrem Hauſe nach, betrachte die Dinge im
Schloſſe im Meierhofe auf den Feldern, nehme Theil
an ihren Wünſchen und Meinungen, und ſchloß die
Erziehung und die Zukunft ihrer Kinder in mein Herz.
So leben wir in Glück und Stettigkeit gleichſam
einen Nachſommer ohne vorhergegangenen Sommer,
Meine Sammlungen vervollſtändigen ſich, die Bau¬
lichkeiten runden ſich immer mehr, ich habe Menſchen

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[349/0363] Mann zu dem Weibe führt, als ſtille durchaus auf¬ richtige ſüſſe Freundſchaft auftritt, die über alles Lob und über allen Tadel erhaben iſt, und die vielleicht das Spiegelklarſte iſt, was menſchliche Verhältniſſe aufzuweiſen haben. Dieſe Liebe trat ein. Sie iſt innig ohne Selbſtſucht, freut ſich, mit dem Andern zu¬ ſammen zu ſein, ſucht ſeine Tage zu ſchmücken und zu verlängern, iſt zart, und hat gleichſam keinen irdiſchen Urſprung an ſich. Mathilde nimmt Antheil an jeder meiner Beſtrebungen. Sie geht mit mir in den Räumen meines Hauſes herum, iſt mit mir in dem Garten, betrachtet die Blumen oder Gemüſe, iſt in dem Meierhofe, und ſchaut ſeine Erträgniſſe an, geht in das Schreinerhaus, und betrachtet, was wir machen, und ſie betheiligt ſich an unſerer Kunſt und ſelbſt an unſern wiſſenſchaftlichen Beſtrebungen. Ich ſehe in ihrem Hauſe nach, betrachte die Dinge im Schloſſe im Meierhofe auf den Feldern, nehme Theil an ihren Wünſchen und Meinungen, und ſchloß die Erziehung und die Zukunft ihrer Kinder in mein Herz. So leben wir in Glück und Stettigkeit gleichſam einen Nachſommer ohne vorhergegangenen Sommer, Meine Sammlungen vervollſtändigen ſich, die Bau¬ lichkeiten runden ſich immer mehr, ich habe Menſchen

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/363>, abgerufen am 22.11.2024.