war ein Talglicht, welches in einem messingenen Leuchter stak. Er stellte den Leuchter auf den Tisch und legte eine messingene Lichtscheere dazu. Dann sezten wir uns beide an den Tisch, blieben sizen, und erwar¬ teten das Gewitter.
Dasselbe schien nicht mehr lange ausbleiben zu wollen. Als der Pfarrer das Licht gebracht hatte, war die wenige Helle, die von draußen noch durch die Fenster herein gekommen war, verschwunden, die Fenster standen wie schwarze Tafeln da, und die völ¬ lige Nacht war hereingebrochen. Die Blize waren schärfer, und erleuchteten troz des Kerzenlichtes bei jedem Aufflammen die Winkel des Stübleins. Die Donner wurden ernster und dringender. So blieb es eine lange Weile. Endlich kam der erste Stoß des Gewitterwindes. Der Baum, welcher vor dem Hause stand, schauerte einen Augenblik leise, wie von einem kurz abgebrochenen Lüftchen getroffen, dann war es wieder stille. Über ein Kleines kam das Schauern abermals, jedoch länger und tiefer. Nach einem kur¬ zen Zeitraume geschah ein starker Stoß, alle Blätter rauschten, die Äste mochten zittern, nach der Art zu urtheilen, wie wir den Schall herein vernahmen, und nun hörte das Tönen gar nicht mehr auf. Der Baum des Hauses, die Heken um dasselbe und alle Gebüsche
war ein Talglicht, welches in einem meſſingenen Leuchter ſtak. Er ſtellte den Leuchter auf den Tiſch und legte eine meſſingene Lichtſcheere dazu. Dann ſezten wir uns beide an den Tiſch, blieben ſizen, und erwar¬ teten das Gewitter.
Dasſelbe ſchien nicht mehr lange ausbleiben zu wollen. Als der Pfarrer das Licht gebracht hatte, war die wenige Helle, die von draußen noch durch die Fenſter herein gekommen war, verſchwunden, die Fenſter ſtanden wie ſchwarze Tafeln da, und die völ¬ lige Nacht war hereingebrochen. Die Blize waren ſchärfer, und erleuchteten troz des Kerzenlichtes bei jedem Aufflammen die Winkel des Stübleins. Die Donner wurden ernſter und dringender. So blieb es eine lange Weile. Endlich kam der erſte Stoß des Gewitterwindes. Der Baum, welcher vor dem Hauſe ſtand, ſchauerte einen Augenblik leiſe, wie von einem kurz abgebrochenen Lüftchen getroffen, dann war es wieder ſtille. Über ein Kleines kam das Schauern abermals, jedoch länger und tiefer. Nach einem kur¬ zen Zeitraume geſchah ein ſtarker Stoß, alle Blätter rauſchten, die Äſte mochten zittern, nach der Art zu urtheilen, wie wir den Schall herein vernahmen, und nun hörte das Tönen gar nicht mehr auf. Der Baum des Hauſes, die Heken um dasſelbe und alle Gebüſche
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war ein Talglicht, welches in einem meſſingenen
Leuchter ſtak. Er ſtellte den Leuchter auf den Tiſch und
legte eine meſſingene Lichtſcheere dazu. Dann ſezten
wir uns beide an den Tiſch, blieben ſizen, und erwar¬
teten das Gewitter.
Dasſelbe ſchien nicht mehr lange ausbleiben zu
wollen. Als der Pfarrer das Licht gebracht hatte,
war die wenige Helle, die von draußen noch durch
die Fenſter herein gekommen war, verſchwunden, die
Fenſter ſtanden wie ſchwarze Tafeln da, und die völ¬
lige Nacht war hereingebrochen. Die Blize waren
ſchärfer, und erleuchteten troz des Kerzenlichtes bei
jedem Aufflammen die Winkel des Stübleins. Die
Donner wurden ernſter und dringender. So blieb es
eine lange Weile. Endlich kam der erſte Stoß des
Gewitterwindes. Der Baum, welcher vor dem Hauſe
ſtand, ſchauerte einen Augenblik leiſe, wie von einem
kurz abgebrochenen Lüftchen getroffen, dann war es
wieder ſtille. Über ein Kleines kam das Schauern
abermals, jedoch länger und tiefer. Nach einem kur¬
zen Zeitraume geſchah ein ſtarker Stoß, alle Blätter
rauſchten, die Äſte mochten zittern, nach der Art zu
urtheilen, wie wir den Schall herein vernahmen, und
nun hörte das Tönen gar nicht mehr auf. Der Baum
des Hauſes, die Heken um dasſelbe und alle Gebüſche
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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/118>, abgerufen am 21.11.2024.
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