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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853.

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braunen Mädchens, die es mit den Reisigbündeln
gezeigt hatte, sie lief gegen die Haselstaude, riß die
Kinder hervor, bedeutete ihnen zu folgen, das fremde
Mädchen lief voran, die Großmutter eilte mit den
Kindern hinterher, sie kamen zu den Bündeln, das
Mädchen zeigte, daß man hinein kriechen sollte, Si¬
gismund wurde zuerst hinein gethan, dann folgte
Clementia, dann folgten Emma und die Großmutter
neben einander, und am äußersten Rande schmiegte
sich das braune Mädchen an, und hielt die blonden
Loken Emmas in der Hand.

Die Kinder hatten kaum Zeit gehabt, sich unter
die Bündel zu legen, und eben wollten sie lauschen,
was geschehen würde, als sie in den Haselstauden
einen Schall vernahmen, als würde ein Stein durch
das Laub geworfen. Sie hörten später das noch ein¬
mal, dann nichts mehr. Endlich sahen sie wie ein
weißes blinkendes Geschoß einen Hagelkern vor ihrem
Bündelhause auf das Gras nieder fallen, sie sahen
ihn hoch empor springen, und wieder niederfallen,
und weiter kollern. Dasselbe geschah in der Nähe mit
einem zweiten. Im Augenblike kam auch der Sturm,
er faßte die Büsche, daß sie rauschten, ließ einen
Athemzug lang nach, daß alles todtenstill stand, dann
faßte er die Büsche neuerdings, legte sie um, daß das

braunen Mädchens, die es mit den Reiſigbündeln
gezeigt hatte, ſie lief gegen die Haſelſtaude, riß die
Kinder hervor, bedeutete ihnen zu folgen, das fremde
Mädchen lief voran, die Großmutter eilte mit den
Kindern hinterher, ſie kamen zu den Bündeln, das
Mädchen zeigte, daß man hinein kriechen ſollte, Si¬
gismund wurde zuerſt hinein gethan, dann folgte
Clementia, dann folgten Emma und die Großmutter
neben einander, und am äußerſten Rande ſchmiegte
ſich das braune Mädchen an, und hielt die blonden
Loken Emmas in der Hand.

Die Kinder hatten kaum Zeit gehabt, ſich unter
die Bündel zu legen, und eben wollten ſie lauſchen,
was geſchehen würde, als ſie in den Haſelſtauden
einen Schall vernahmen, als würde ein Stein durch
das Laub geworfen. Sie hörten ſpäter das noch ein¬
mal, dann nichts mehr. Endlich ſahen ſie wie ein
weißes blinkendes Geſchoß einen Hagelkern vor ihrem
Bündelhauſe auf das Gras nieder fallen, ſie ſahen
ihn hoch empor ſpringen, und wieder niederfallen,
und weiter kollern. Dasſelbe geſchah in der Nähe mit
einem zweiten. Im Augenblike kam auch der Sturm,
er faßte die Büſche, daß ſie rauſchten, ließ einen
Athemzug lang nach, daß alles todtenſtill ſtand, dann
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[128/0139] braunen Mädchens, die es mit den Reiſigbündeln gezeigt hatte, ſie lief gegen die Haſelſtaude, riß die Kinder hervor, bedeutete ihnen zu folgen, das fremde Mädchen lief voran, die Großmutter eilte mit den Kindern hinterher, ſie kamen zu den Bündeln, das Mädchen zeigte, daß man hinein kriechen ſollte, Si¬ gismund wurde zuerſt hinein gethan, dann folgte Clementia, dann folgten Emma und die Großmutter neben einander, und am äußerſten Rande ſchmiegte ſich das braune Mädchen an, und hielt die blonden Loken Emmas in der Hand. Die Kinder hatten kaum Zeit gehabt, ſich unter die Bündel zu legen, und eben wollten ſie lauſchen, was geſchehen würde, als ſie in den Haſelſtauden einen Schall vernahmen, als würde ein Stein durch das Laub geworfen. Sie hörten ſpäter das noch ein¬ mal, dann nichts mehr. Endlich ſahen ſie wie ein weißes blinkendes Geſchoß einen Hagelkern vor ihrem Bündelhauſe auf das Gras nieder fallen, ſie ſahen ihn hoch empor ſpringen, und wieder niederfallen, und weiter kollern. Dasſelbe geſchah in der Nähe mit einem zweiten. Im Augenblike kam auch der Sturm, er faßte die Büſche, daß ſie rauſchten, ließ einen Athemzug lang nach, daß alles todtenſtill ſtand, dann faßte er die Büſche neuerdings, legte ſie um, daß das

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/139>, abgerufen am 24.11.2024.