weil von den Wolken kein Schleier mehr herab hing, so konnten die Kinder von ihrer Höhle aus die Schnee¬ hügel sehen, wie sie sich in Linien von dem dun¬ keln Himmel abschnitten. Weil es in der Höhle viel wärmer war, als es an jedem andern Plaze im ganzen Tage gewesen war, so ruhten die Kinder enge aneinan¬ der sizend, und vergaßen sogar die Finsterniß zu fürch¬ ten. Bald vermehrten sich auch die Sterne, jezt kam hier einer zum Vorscheine jezt dort, bis es schien, als wäre am ganzen Himmel keine Wolke mehr.
Das war der Zeitpunkt, in welchem man in den Thälern die Lichter anzuzünden pflegt. Zuerst wird eines angezündet und auf den Tisch gestellt, um die Stube zu erleuchten, oder es brennt auch nur ein Span, oder es brennt das Feuer auf der Leuchte, und es erhellen sich alle Fenster von bewohnten Stuben, und glänzen in die Schneenacht hinaus -- aber heute erst -- am heiligen Abende -- da wurden viel meh¬ rere angezündet, um die Gaben zu beleuchten, welche für die Kinder auf den Tischen lagen, oder an den Bäumen hingen, es wurden wohl unzählige ange¬ zündet; denn beinahe in jedem Hause in jeder Hütte jedem Zimmer war eines oder mehrere Kinder, denen der heilige Christ etwas gebracht hatte, und wozu man Lichter stellen mußte. Der Knabe hatte geglaubt,
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weil von den Wolken kein Schleier mehr herab hing, ſo konnten die Kinder von ihrer Höhle aus die Schnee¬ hügel ſehen, wie ſie ſich in Linien von dem dun¬ keln Himmel abſchnitten. Weil es in der Höhle viel wärmer war, als es an jedem andern Plaze im ganzen Tage geweſen war, ſo ruhten die Kinder enge aneinan¬ der ſizend, und vergaßen ſogar die Finſterniß zu fürch¬ ten. Bald vermehrten ſich auch die Sterne, jezt kam hier einer zum Vorſcheine jezt dort, bis es ſchien, als wäre am ganzen Himmel keine Wolke mehr.
Das war der Zeitpunkt, in welchem man in den Thälern die Lichter anzuzünden pflegt. Zuerſt wird eines angezündet und auf den Tiſch geſtellt, um die Stube zu erleuchten, oder es brennt auch nur ein Span, oder es brennt das Feuer auf der Leuchte, und es erhellen ſich alle Fenſter von bewohnten Stuben, und glänzen in die Schneenacht hinaus — aber heute erſt — am heiligen Abende — da wurden viel meh¬ rere angezündet, um die Gaben zu beleuchten, welche für die Kinder auf den Tiſchen lagen, oder an den Bäumen hingen, es wurden wohl unzählige ange¬ zündet; denn beinahe in jedem Hauſe in jeder Hütte jedem Zimmer war eines oder mehrere Kinder, denen der heilige Chriſt etwas gebracht hatte, und wozu man Lichter ſtellen mußte. Der Knabe hatte geglaubt,
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weil von den Wolken kein Schleier mehr herab hing,
ſo konnten die Kinder von ihrer Höhle aus die Schnee¬
hügel ſehen, wie ſie ſich in Linien von dem dun¬
keln Himmel abſchnitten. Weil es in der Höhle viel
wärmer war, als es an jedem andern Plaze im ganzen
Tage geweſen war, ſo ruhten die Kinder enge aneinan¬
der ſizend, und vergaßen ſogar die Finſterniß zu fürch¬
ten. Bald vermehrten ſich auch die Sterne, jezt kam
hier einer zum Vorſcheine jezt dort, bis es ſchien, als
wäre am ganzen Himmel keine Wolke mehr.
Das war der Zeitpunkt, in welchem man in den
Thälern die Lichter anzuzünden pflegt. Zuerſt wird
eines angezündet und auf den Tiſch geſtellt, um die
Stube zu erleuchten, oder es brennt auch nur ein
Span, oder es brennt das Feuer auf der Leuchte, und
es erhellen ſich alle Fenſter von bewohnten Stuben,
und glänzen in die Schneenacht hinaus — aber heute
erſt — am heiligen Abende — da wurden viel meh¬
rere angezündet, um die Gaben zu beleuchten, welche
für die Kinder auf den Tiſchen lagen, oder an den
Bäumen hingen, es wurden wohl unzählige ange¬
zündet; denn beinahe in jedem Hauſe in jeder Hütte
jedem Zimmer war eines oder mehrere Kinder, denen
der heilige Chriſt etwas gebracht hatte, und wozu
man Lichter ſtellen mußte. Der Knabe hatte geglaubt,
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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/78>, abgerufen am 24.11.2024.
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