Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853.der; aber sie sahen kein Thal keine Gegend, sondern Als eine lange Zeit vergangen war, sagte der "Nein, ich werde nicht schlafen," sagte das Mäd¬ Konrad hatte es an dem Zipfel des Kleides ge¬ Nun war es wieder stille. Nach einer Zeit empfand der Knabe ein sanftes "Sanna, schlafe nicht, ich bitte dich, schlafe nicht," der; aber ſie ſahen kein Thal keine Gegend, ſondern Als eine lange Zeit vergangen war, ſagte der „Nein, ich werde nicht ſchlafen,“ ſagte das Mäd¬ Konrad hatte es an dem Zipfel des Kleides ge¬ Nun war es wieder ſtille. Nach einer Zeit empfand der Knabe ein ſanftes „Sanna, ſchlafe nicht, ich bitte dich, ſchlafe nicht,“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0080" n="69"/> der; aber ſie ſahen kein Thal keine Gegend, ſondern<lb/> überall nur Weiß — lauter Weiß. Blos ein dunkles<lb/> Horn ein dunkles Haupt ein dunkler Arm wurde ſicht¬<lb/> bar, und ragte dort und hier aus dem Schimmer<lb/> empor. Der Mond war nirgends am Himmel zu<lb/> erbliken, vielleicht war er ſchon frühe mit der Sonne<lb/> untergegangen, oder er iſt noch nicht erſchienen.</p><lb/> <p>Als eine lange Zeit vergangen war, ſagte der<lb/> Knabe: „Sanna, du mußt nicht ſchlafen; denn weißt<lb/> du, wie der Vater geſagt hat, wenn man im Gebirge<lb/> ſchläft, muß man erfrieren, ſo wie der alte Eſchen¬<lb/> jäger auch geſchlafen hat, und vier Monate todt auf<lb/> dem Steine geſeſſen iſt, ohne daß jemand gewußt<lb/> hatte, wo er ſei.“</p><lb/> <p>„Nein, ich werde nicht ſchlafen,“ ſagte das Mäd¬<lb/> chen matt.</p><lb/> <p>Konrad hatte es an dem Zipfel des Kleides ge¬<lb/> ſchüttelt, um es zu jenen Worten zu erweken.</p><lb/> <p>Nun war es wieder ſtille.</p><lb/> <p>Nach einer Zeit empfand der Knabe ein ſanftes<lb/> Drüken gegen ſeinen Arm, das immer ſchwerer wurde.<lb/> Sanna war eingeſchlafen, und war gegen ihn herüber<lb/> geſunken.</p><lb/> <p>„Sanna, ſchlafe nicht, ich bitte dich, ſchlafe nicht,“<lb/> ſagte er.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [69/0080]
der; aber ſie ſahen kein Thal keine Gegend, ſondern
überall nur Weiß — lauter Weiß. Blos ein dunkles
Horn ein dunkles Haupt ein dunkler Arm wurde ſicht¬
bar, und ragte dort und hier aus dem Schimmer
empor. Der Mond war nirgends am Himmel zu
erbliken, vielleicht war er ſchon frühe mit der Sonne
untergegangen, oder er iſt noch nicht erſchienen.
Als eine lange Zeit vergangen war, ſagte der
Knabe: „Sanna, du mußt nicht ſchlafen; denn weißt
du, wie der Vater geſagt hat, wenn man im Gebirge
ſchläft, muß man erfrieren, ſo wie der alte Eſchen¬
jäger auch geſchlafen hat, und vier Monate todt auf
dem Steine geſeſſen iſt, ohne daß jemand gewußt
hatte, wo er ſei.“
„Nein, ich werde nicht ſchlafen,“ ſagte das Mäd¬
chen matt.
Konrad hatte es an dem Zipfel des Kleides ge¬
ſchüttelt, um es zu jenen Worten zu erweken.
Nun war es wieder ſtille.
Nach einer Zeit empfand der Knabe ein ſanftes
Drüken gegen ſeinen Arm, das immer ſchwerer wurde.
Sanna war eingeſchlafen, und war gegen ihn herüber
geſunken.
„Sanna, ſchlafe nicht, ich bitte dich, ſchlafe nicht,“
ſagte er.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |