Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853."Nein," lallte sie schlaftrunken, "ich schlafe nicht." Er rükte weiter von ihr, um sie in Bewegung zu "Mich friert nicht, Konrad," antwortete sie. "Ja, ja, es friert dich, Sanna, stehe auf," rief er. "Die Pelzjake ist warm," sagte sie. "Ich werde dir empor helfen," sagte er. "Nein," erwiederte sie, und war stille. Da fiel dem Knaben etwas anderes ein. Die Er nahm das Kalbfellränzchen, öffnete es, und „Nein,“ lallte ſie ſchlaftrunken, „ich ſchlafe nicht.“ Er rükte weiter von ihr, um ſie in Bewegung zu „Mich friert nicht, Konrad,“ antwortete ſie. „Ja, ja, es friert dich, Sanna, ſtehe auf,“ rief er. „Die Pelzjake iſt warm,“ ſagte ſie. „Ich werde dir empor helfen,“ ſagte er. „Nein,“ erwiederte ſie, und war ſtille. Da fiel dem Knaben etwas anderes ein. Die Er nahm das Kalbfellränzchen, öffnete es, und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0081" n="70"/> <p>„Nein,“ lallte ſie ſchlaftrunken, „ich ſchlafe nicht.“</p><lb/> <p>Er rükte weiter von ihr, um ſie in Bewegung zu<lb/> bringen, allein ſie ſank um, und hätte auf der Erde<lb/> liegend fortgeſchlafen. Er nahm ſie an der Schulter,<lb/> und rüttelte ſie. Da er ſich dabei ſelber etwas ſtärker<lb/> bewegte, merkte er, daß ihn friere, und daß ſein Arm<lb/> ſchwerer ſei. Er erſchrak, und ſprang auf. Er ergrif die<lb/> Schweſter, ſchüttelte ſie ſtärker, und ſagte: „Sanna,<lb/> ſtehe ein wenig auf, wir wollen eine Zeit ſtehen, daß<lb/> es beſſer wird.“</p><lb/> <p>„Mich friert nicht, Konrad,“ antwortete ſie.</p><lb/> <p>„Ja, ja, es friert dich, Sanna, ſtehe auf,“ rief er.</p><lb/> <p>„Die Pelzjake iſt warm,“ ſagte ſie.</p><lb/> <p>„Ich werde dir empor helfen,“ ſagte er.</p><lb/> <p>„Nein,“ erwiederte ſie, und war ſtille.</p><lb/> <p>Da fiel dem Knaben etwas anderes ein. Die<lb/> Großmutter hatte geſagt: Nur ein Schlükchen wärmt<lb/> den Magen ſo, daß es den Körper in den kälteſten<lb/> Wintertagen nicht frieren kann.</p><lb/> <p>Er nahm das Kalbfellränzchen, öffnete es, und<lb/> grif ſo lange, bis er das Fläſchchen fand, in welchem<lb/> die Großmutter der Mutter einen ſchwarzen Kaffeh¬<lb/> abſud ſchiken wollte. Er nahm das Fläſchchen heraus,<lb/> that den Verband weg, und öffnete mit Anſtrengung<lb/> den Kork. Dann bükte er ſich zu Sanna, und ſagte:<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [70/0081]
„Nein,“ lallte ſie ſchlaftrunken, „ich ſchlafe nicht.“
Er rükte weiter von ihr, um ſie in Bewegung zu
bringen, allein ſie ſank um, und hätte auf der Erde
liegend fortgeſchlafen. Er nahm ſie an der Schulter,
und rüttelte ſie. Da er ſich dabei ſelber etwas ſtärker
bewegte, merkte er, daß ihn friere, und daß ſein Arm
ſchwerer ſei. Er erſchrak, und ſprang auf. Er ergrif die
Schweſter, ſchüttelte ſie ſtärker, und ſagte: „Sanna,
ſtehe ein wenig auf, wir wollen eine Zeit ſtehen, daß
es beſſer wird.“
„Mich friert nicht, Konrad,“ antwortete ſie.
„Ja, ja, es friert dich, Sanna, ſtehe auf,“ rief er.
„Die Pelzjake iſt warm,“ ſagte ſie.
„Ich werde dir empor helfen,“ ſagte er.
„Nein,“ erwiederte ſie, und war ſtille.
Da fiel dem Knaben etwas anderes ein. Die
Großmutter hatte geſagt: Nur ein Schlükchen wärmt
den Magen ſo, daß es den Körper in den kälteſten
Wintertagen nicht frieren kann.
Er nahm das Kalbfellränzchen, öffnete es, und
grif ſo lange, bis er das Fläſchchen fand, in welchem
die Großmutter der Mutter einen ſchwarzen Kaffeh¬
abſud ſchiken wollte. Er nahm das Fläſchchen heraus,
that den Verband weg, und öffnete mit Anſtrengung
den Kork. Dann bükte er ſich zu Sanna, und ſagte:
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