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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845.

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soluten dagegen. Gleichwohl wollen gerade diese im besten
Sinne "christliche Fürsten" sein. Dazu müßten sie aber eine
rein geistige Macht werden, da der Christ nur dem Geiste
unterthan ist ("Gott ist Geist"). Consequent stellt die rein
geistige Macht nur der constitutionelle Fürst dar, er, der ohne
alle persönliche Bedeutung in dem Grade vergeistigt dasteht,
daß er für einen vollkommenen unheimlichen "Geist" gelten
kann, für eine Idee. Der constitutionelle König ist der wahr¬
haft christliche König, die ächte Consequenz des christlichen
Princips. In der constitutionellen Monarchie hat die indivi¬
duelle Herrschaft, d. h. ein wirklich wollender Herrscher,
sein Ende gefunden; darum waltet hier die individuelle
Freiheit
, Unabhängigkeit von jedem individuellen Gebieter,
von Jedem, der Mir mit einem tel est notre plaisir gebieten
könnte. Sie ist das vollendete christliche Staatsleben, ein
vergeistigtes Leben.

Das Bürgerthum benimmt sich durch und durch liberal.
Jeder persönliche Eingriff in die Sphäre des Andern em¬
pört den bürgerlichen Sinn: sieht der Bürger, daß man von
der Laune, dem Belieben, dem Willen eines Menschen als
Einzelnen (d. h. als nicht durch eine "höhere Macht" Auto¬
risirten) abhängig ist, gleich kehrt er seinen Liberalismus her¬
aus und schreit über "Willkühr". Genug, der Bürger be¬
hauptet seine Freiheit von dem, was man Befehl (ordonnance)
nennt: "Mir hat Niemand etwas zu -- befehlen!" Befehl
hat den Sinn, daß das, was Ich soll, der Wille eines andern
Menschen ist, wogegen Gesetz nicht eine persönliche Gewalt
des Andern ausdrückt. Die Freiheit des Bürgerthums ist die
Freiheit oder Unabhängigkeit vom Willen einer andern Person,
die sogenannte persönliche oder individuelle Freiheit; denn per¬

ſoluten dagegen. Gleichwohl wollen gerade dieſe im beſten
Sinne „chriſtliche Fürſten“ ſein. Dazu müßten ſie aber eine
rein geiſtige Macht werden, da der Chriſt nur dem Geiſte
unterthan iſt („Gott iſt Geiſt“). Conſequent ſtellt die rein
geiſtige Macht nur der conſtitutionelle Fürſt dar, er, der ohne
alle perſönliche Bedeutung in dem Grade vergeiſtigt daſteht,
daß er für einen vollkommenen unheimlichen „Geiſt“ gelten
kann, für eine Idee. Der conſtitutionelle König iſt der wahr¬
haft chriſtliche König, die ächte Conſequenz des chriſtlichen
Princips. In der conſtitutionellen Monarchie hat die indivi¬
duelle Herrſchaft, d. h. ein wirklich wollender Herrſcher,
ſein Ende gefunden; darum waltet hier die individuelle
Freiheit
, Unabhängigkeit von jedem individuellen Gebieter,
von Jedem, der Mir mit einem tel est notre plaisir gebieten
könnte. Sie iſt das vollendete chriſtliche Staatsleben, ein
vergeiſtigtes Leben.

Das Bürgerthum benimmt ſich durch und durch liberal.
Jeder perſönliche Eingriff in die Sphäre des Andern em¬
pört den bürgerlichen Sinn: ſieht der Bürger, daß man von
der Laune, dem Belieben, dem Willen eines Menſchen als
Einzelnen (d. h. als nicht durch eine „höhere Macht“ Auto¬
riſirten) abhängig iſt, gleich kehrt er ſeinen Liberalismus her¬
aus und ſchreit über „Willkühr“. Genug, der Bürger be¬
hauptet ſeine Freiheit von dem, was man Befehl (ordonnance)
nennt: „Mir hat Niemand etwas zu — befehlen!“ Befehl
hat den Sinn, daß das, was Ich ſoll, der Wille eines andern
Menſchen iſt, wogegen Geſetz nicht eine perſönliche Gewalt
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die ſogenannte perſönliche oder individuelle Freiheit; denn per¬

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[142/0150] ſoluten dagegen. Gleichwohl wollen gerade dieſe im beſten Sinne „chriſtliche Fürſten“ ſein. Dazu müßten ſie aber eine rein geiſtige Macht werden, da der Chriſt nur dem Geiſte unterthan iſt („Gott iſt Geiſt“). Conſequent ſtellt die rein geiſtige Macht nur der conſtitutionelle Fürſt dar, er, der ohne alle perſönliche Bedeutung in dem Grade vergeiſtigt daſteht, daß er für einen vollkommenen unheimlichen „Geiſt“ gelten kann, für eine Idee. Der conſtitutionelle König iſt der wahr¬ haft chriſtliche König, die ächte Conſequenz des chriſtlichen Princips. In der conſtitutionellen Monarchie hat die indivi¬ duelle Herrſchaft, d. h. ein wirklich wollender Herrſcher, ſein Ende gefunden; darum waltet hier die individuelle Freiheit, Unabhängigkeit von jedem individuellen Gebieter, von Jedem, der Mir mit einem tel est notre plaisir gebieten könnte. Sie iſt das vollendete chriſtliche Staatsleben, ein vergeiſtigtes Leben. Das Bürgerthum benimmt ſich durch und durch liberal. Jeder perſönliche Eingriff in die Sphäre des Andern em¬ pört den bürgerlichen Sinn: ſieht der Bürger, daß man von der Laune, dem Belieben, dem Willen eines Menſchen als Einzelnen (d. h. als nicht durch eine „höhere Macht“ Auto¬ riſirten) abhängig iſt, gleich kehrt er ſeinen Liberalismus her¬ aus und ſchreit über „Willkühr“. Genug, der Bürger be¬ hauptet ſeine Freiheit von dem, was man Befehl (ordonnance) nennt: „Mir hat Niemand etwas zu — befehlen!“ Befehl hat den Sinn, daß das, was Ich ſoll, der Wille eines andern Menſchen iſt, wogegen Geſetz nicht eine perſönliche Gewalt des Andern ausdrückt. Die Freiheit des Bürgerthums iſt die Freiheit oder Unabhängigkeit vom Willen einer andern Perſon, die ſogenannte perſönliche oder individuelle Freiheit; denn per¬

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Zitationshilfe: Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/150>, abgerufen am 23.11.2024.