und Herz so vollendet, daß sie wieder jung und neu erscheinen, das eine und das andere sich nicht mehr durch das Weltliche, Natürliche verblüffen lassen.
Zum Geiste also schwangen sich die Alten auf und gei¬ stig strebten sie zu werden. Es wird aber ein Mensch, der als Geist thätig sein will, zu ganz anderen Aufgaben hinge¬ zogen, als er sich vorher zu stellen vermochte, zu Aufgaben, welche wirklich dem Geiste und nicht dem bloßen Sinne oder Scharfsinn zu thun geben, der sich nur anstrengt, der Dinge Herr zu werden. Einzig um das Geistige bemüht sich der Geist, und in Allem sucht er die "Spuren des Geistes" auf: dem gläubigen Geiste "kommt alles von Gott" und inter¬ essirt ihn nur insofern, als es diese Abkunft offenbart; dem philosophischen Geiste erscheint alles mit dem Stempel der Vernunft und interessirt ihn nur so weit, als er Vernunft, d. h. geistigen Inhalt, darin zu entdecken vermag.
Nicht den Geist also, der es schlechterdings mit nichts Ungeistigem, mit keinem Dinge, sondern allein mit dem We¬ sen, welches hinter und über den Dingen existirt, mit den Gedanken zu thun hat, nicht ihn strengten die Alten an, denn sie hatten ihn noch nicht; nein, nach ihm rangen und sehnten sie sich erst und schärften ihn deshalb gegen ihren übermächtigen Feind, die Sinnenwelt (was wäre aber für sie nicht sinnlich gewesen, da Jehova oder die Götter der Heiden noch weit von dem Begriffe "Gott ist Geist" entfernt waren, da an die Stelle des sinnlichen Vaterlandes noch nicht das "himmlische" getreten war u. s. w.?), sie schärften gegen die Sinnenwelt den Sinn, den Scharfsinn. Noch heute sind die Juden, diese altklugen Kinder des Alterthums, nicht weiter gekommen, und können bei aller Subtilität und Stärke der
und Herz ſo vollendet, daß ſie wieder jung und neu erſcheinen, das eine und das andere ſich nicht mehr durch das Weltliche, Natürliche verblüffen laſſen.
Zum Geiſte alſo ſchwangen ſich die Alten auf und gei¬ ſtig ſtrebten ſie zu werden. Es wird aber ein Menſch, der als Geiſt thätig ſein will, zu ganz anderen Aufgaben hinge¬ zogen, als er ſich vorher zu ſtellen vermochte, zu Aufgaben, welche wirklich dem Geiſte und nicht dem bloßen Sinne oder Scharfſinn zu thun geben, der ſich nur anſtrengt, der Dinge Herr zu werden. Einzig um das Geiſtige bemüht ſich der Geiſt, und in Allem ſucht er die „Spuren des Geiſtes“ auf: dem gläubigen Geiſte „kommt alles von Gott“ und inter¬ eſſirt ihn nur inſofern, als es dieſe Abkunft offenbart; dem philoſophiſchen Geiſte erſcheint alles mit dem Stempel der Vernunft und intereſſirt ihn nur ſo weit, als er Vernunft, d. h. geiſtigen Inhalt, darin zu entdecken vermag.
Nicht den Geiſt alſo, der es ſchlechterdings mit nichts Ungeiſtigem, mit keinem Dinge, ſondern allein mit dem We¬ ſen, welches hinter und über den Dingen exiſtirt, mit den Gedanken zu thun hat, nicht ihn ſtrengten die Alten an, denn ſie hatten ihn noch nicht; nein, nach ihm rangen und ſehnten ſie ſich erſt und ſchärften ihn deshalb gegen ihren übermächtigen Feind, die Sinnenwelt (was wäre aber für ſie nicht ſinnlich geweſen, da Jehova oder die Götter der Heiden noch weit von dem Begriffe „Gott iſt Geiſt“ entfernt waren, da an die Stelle des ſinnlichen Vaterlandes noch nicht das „himmliſche“ getreten war u. ſ. w.?), ſie ſchärften gegen die Sinnenwelt den Sinn, den Scharfſinn. Noch heute ſind die Juden, dieſe altklugen Kinder des Alterthums, nicht weiter gekommen, und können bei aller Subtilität und Stärke der
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0035"n="27"/>
und Herz ſo vollendet, daß ſie wieder jung und neu erſcheinen,<lb/>
das eine und das andere ſich nicht mehr durch das Weltliche,<lb/>
Natürliche verblüffen laſſen.</p><lb/><p>Zum <hirendition="#g">Geiſte</hi> alſo ſchwangen ſich die Alten auf und <hirendition="#g">gei¬<lb/>ſtig</hi>ſtrebten ſie zu werden. Es wird aber ein Menſch, der<lb/>
als Geiſt thätig ſein will, zu ganz anderen Aufgaben hinge¬<lb/>
zogen, als er ſich vorher zu ſtellen vermochte, zu Aufgaben,<lb/>
welche wirklich dem Geiſte und nicht dem bloßen Sinne oder<lb/><hirendition="#g">Scharfſinn</hi> zu thun geben, der ſich nur anſtrengt, der <hirendition="#g">Dinge</hi><lb/>
Herr zu werden. Einzig um das Geiſtige bemüht ſich der<lb/>
Geiſt, und in Allem ſucht er die „Spuren des Geiſtes“ auf:<lb/>
dem <hirendition="#g">gläubigen</hi> Geiſte „kommt alles von Gott“ und inter¬<lb/>
eſſirt ihn nur inſofern, als es dieſe Abkunft offenbart; dem<lb/><hirendition="#g">philoſophiſchen</hi> Geiſte erſcheint alles mit dem Stempel der<lb/>
Vernunft und intereſſirt ihn nur ſo weit, als er Vernunft,<lb/>
d. h. geiſtigen Inhalt, darin zu entdecken vermag.</p><lb/><p>Nicht den Geiſt alſo, der es ſchlechterdings mit nichts<lb/>
Ungeiſtigem, mit keinem <hirendition="#g">Dinge</hi>, ſondern allein mit dem We¬<lb/>ſen, welches hinter und über den Dingen exiſtirt, mit den<lb/><hirendition="#g">Gedanken</hi> zu thun hat, nicht ihn ſtrengten die Alten an,<lb/>
denn ſie hatten ihn noch nicht; nein, nach ihm rangen und<lb/>ſehnten ſie ſich erſt und ſchärften ihn deshalb gegen ihren<lb/>
übermächtigen Feind, die Sinnenwelt (was wäre aber für ſie<lb/>
nicht ſinnlich geweſen, da Jehova oder die Götter der Heiden<lb/>
noch weit von dem Begriffe „Gott iſt <hirendition="#g">Geiſt</hi>“ entfernt waren,<lb/>
da an die Stelle des ſinnlichen Vaterlandes noch nicht das<lb/>„himmliſche“ getreten war u. ſ. w.?), ſie ſchärften gegen die<lb/>
Sinnenwelt den <hirendition="#g">Sinn</hi>, den Scharfſinn. Noch heute ſind die<lb/>
Juden, dieſe altklugen Kinder des Alterthums, nicht weiter<lb/>
gekommen, und können bei aller Subtilität und Stärke der<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[27/0035]
und Herz ſo vollendet, daß ſie wieder jung und neu erſcheinen,
das eine und das andere ſich nicht mehr durch das Weltliche,
Natürliche verblüffen laſſen.
Zum Geiſte alſo ſchwangen ſich die Alten auf und gei¬
ſtig ſtrebten ſie zu werden. Es wird aber ein Menſch, der
als Geiſt thätig ſein will, zu ganz anderen Aufgaben hinge¬
zogen, als er ſich vorher zu ſtellen vermochte, zu Aufgaben,
welche wirklich dem Geiſte und nicht dem bloßen Sinne oder
Scharfſinn zu thun geben, der ſich nur anſtrengt, der Dinge
Herr zu werden. Einzig um das Geiſtige bemüht ſich der
Geiſt, und in Allem ſucht er die „Spuren des Geiſtes“ auf:
dem gläubigen Geiſte „kommt alles von Gott“ und inter¬
eſſirt ihn nur inſofern, als es dieſe Abkunft offenbart; dem
philoſophiſchen Geiſte erſcheint alles mit dem Stempel der
Vernunft und intereſſirt ihn nur ſo weit, als er Vernunft,
d. h. geiſtigen Inhalt, darin zu entdecken vermag.
Nicht den Geiſt alſo, der es ſchlechterdings mit nichts
Ungeiſtigem, mit keinem Dinge, ſondern allein mit dem We¬
ſen, welches hinter und über den Dingen exiſtirt, mit den
Gedanken zu thun hat, nicht ihn ſtrengten die Alten an,
denn ſie hatten ihn noch nicht; nein, nach ihm rangen und
ſehnten ſie ſich erſt und ſchärften ihn deshalb gegen ihren
übermächtigen Feind, die Sinnenwelt (was wäre aber für ſie
nicht ſinnlich geweſen, da Jehova oder die Götter der Heiden
noch weit von dem Begriffe „Gott iſt Geiſt“ entfernt waren,
da an die Stelle des ſinnlichen Vaterlandes noch nicht das
„himmliſche“ getreten war u. ſ. w.?), ſie ſchärften gegen die
Sinnenwelt den Sinn, den Scharfſinn. Noch heute ſind die
Juden, dieſe altklugen Kinder des Alterthums, nicht weiter
gekommen, und können bei aller Subtilität und Stärke der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/35>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.