so wollen wir mit ihrer Schilderung den An- fang machen.
Unter einer weit überwiegenden Anzahl von Russen und Finnen, die diese Klasse eigentlich bilden, finden sich doch auch Ehsten, Letten, Tataren, Kalmücken, ja sogar Deutsche, Schwe- den, und andere Nationen, deren Loos in die- sem Fall gewöhnlich härter, als bey den Ein- gebornen zu seyn pflegt. Diese letztern sind größtentheils Leibeigene, die entweder zum Dienst ihrer Eigenthümer herbeygerufen wer- den, oder Pässe erhalten, um sich durch eine selbstgewählte Art von Industrie in den Städ- ten fortzuhelfen. Es ist nämlich bey den russi- schen Landbesitzern die Sitte, wenn sie ihre Güter nicht selbst bewirthschaften, von ihren Bauern nur eine Personensteuer zu erheben, die im Allgemeinen ziemlich gering ist, und oft weniger, selten aber mehr als fünf Rubel für jeden männlichen Kopf beträgt. Um die Quelle dieser Einahme ergiebiger zu machen, ertheilt man den Bauern Pässe, die ihnen die Erlaub- niß geben, ihren Boden zu verlassen und in den Städten reichlichere Erwerbmittel aufzu- suchen. Hiedurch erklärt sich, was sonst für
ſo wollen wir mit ihrer Schilderung den An- fang machen.
Unter einer weit uͤberwiegenden Anzahl von Ruſſen und Finnen, die dieſe Klaſſe eigentlich bilden, finden ſich doch auch Ehſten, Letten, Tataren, Kalmuͤcken, ja ſogar Deutſche, Schwe- den, und andere Nationen, deren Loos in die- ſem Fall gewoͤhnlich haͤrter, als bey den Ein- gebornen zu ſeyn pflegt. Dieſe letztern ſind groͤßtentheils Leibeigene, die entweder zum Dienſt ihrer Eigenthuͤmer herbeygerufen wer- den, oder Paͤſſe erhalten, um ſich durch eine ſelbſtgewaͤhlte Art von Induſtrie in den Staͤd- ten fortzuhelfen. Es iſt naͤmlich bey den ruſſi- ſchen Landbeſitzern die Sitte, wenn ſie ihre Guͤter nicht ſelbſt bewirthſchaften, von ihren Bauern nur eine Perſonenſteuer zu erheben, die im Allgemeinen ziemlich gering iſt, und oft weniger, ſelten aber mehr als fuͤnf Rubel fuͤr jeden maͤnnlichen Kopf betraͤgt. Um die Quelle dieſer Einahme ergiebiger zu machen, ertheilt man den Bauern Paͤſſe, die ihnen die Erlaub- niß geben, ihren Boden zu verlaſſen und in den Staͤdten reichlichere Erwerbmittel aufzu- ſuchen. Hiedurch erklaͤrt ſich, was ſonſt fuͤr
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0376"n="358"/>ſo wollen wir mit ihrer Schilderung den An-<lb/>
fang machen.</p><lb/><p>Unter einer weit uͤberwiegenden Anzahl von<lb/>
Ruſſen und Finnen, die dieſe Klaſſe eigentlich<lb/>
bilden, finden ſich doch auch Ehſten, Letten,<lb/>
Tataren, Kalmuͤcken, ja ſogar Deutſche, Schwe-<lb/>
den, und andere Nationen, deren Loos in die-<lb/>ſem Fall gewoͤhnlich haͤrter, als bey den Ein-<lb/>
gebornen zu ſeyn pflegt. Dieſe letztern ſind<lb/>
groͤßtentheils Leibeigene, die entweder zum<lb/>
Dienſt ihrer Eigenthuͤmer herbeygerufen wer-<lb/>
den, oder Paͤſſe erhalten, um ſich durch eine<lb/>ſelbſtgewaͤhlte Art von Induſtrie in den Staͤd-<lb/>
ten fortzuhelfen. Es iſt naͤmlich bey den ruſſi-<lb/>ſchen Landbeſitzern die Sitte, wenn ſie ihre<lb/>
Guͤter nicht ſelbſt bewirthſchaften, von ihren<lb/>
Bauern nur eine Perſonenſteuer zu erheben,<lb/>
die im Allgemeinen ziemlich gering iſt, und oft<lb/>
weniger, ſelten aber mehr als fuͤnf Rubel fuͤr<lb/>
jeden maͤnnlichen Kopf betraͤgt. Um die Quelle<lb/>
dieſer Einahme ergiebiger zu machen, ertheilt<lb/>
man den Bauern Paͤſſe, die ihnen die Erlaub-<lb/>
niß geben, ihren Boden zu verlaſſen und in<lb/>
den Staͤdten reichlichere Erwerbmittel aufzu-<lb/>ſuchen. Hiedurch erklaͤrt ſich, was ſonſt fuͤr<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[358/0376]
ſo wollen wir mit ihrer Schilderung den An-
fang machen.
Unter einer weit uͤberwiegenden Anzahl von
Ruſſen und Finnen, die dieſe Klaſſe eigentlich
bilden, finden ſich doch auch Ehſten, Letten,
Tataren, Kalmuͤcken, ja ſogar Deutſche, Schwe-
den, und andere Nationen, deren Loos in die-
ſem Fall gewoͤhnlich haͤrter, als bey den Ein-
gebornen zu ſeyn pflegt. Dieſe letztern ſind
groͤßtentheils Leibeigene, die entweder zum
Dienſt ihrer Eigenthuͤmer herbeygerufen wer-
den, oder Paͤſſe erhalten, um ſich durch eine
ſelbſtgewaͤhlte Art von Induſtrie in den Staͤd-
ten fortzuhelfen. Es iſt naͤmlich bey den ruſſi-
ſchen Landbeſitzern die Sitte, wenn ſie ihre
Guͤter nicht ſelbſt bewirthſchaften, von ihren
Bauern nur eine Perſonenſteuer zu erheben,
die im Allgemeinen ziemlich gering iſt, und oft
weniger, ſelten aber mehr als fuͤnf Rubel fuͤr
jeden maͤnnlichen Kopf betraͤgt. Um die Quelle
dieſer Einahme ergiebiger zu machen, ertheilt
man den Bauern Paͤſſe, die ihnen die Erlaub-
niß geben, ihren Boden zu verlaſſen und in
den Staͤdten reichlichere Erwerbmittel aufzu-
ſuchen. Hiedurch erklaͤrt ſich, was ſonſt fuͤr
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/376>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.