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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.

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Kaufmann ließ sich vor einiger Zeit zu diesem
Endzweck einen hiesigen Ofen, und einige Ar-
beiter schicken, die denselben in seinem Hause
aufstellen sollten. Da die Handwerker der
Stadt gegen eine solche Neuerung protestirten,
schlug er ihnen vor, daß die Arbeit in ihrem
Beyseyn verrichtet, der Ofen sogleich wieder
niedergerissen, und alsdann von ihnen selbst,
nach Anleitung der Russen, aufgesetzt werden
sollte. Da sie sich aber auch diesen Vorschlag
nicht gefallen lassen wollten, sah der Unter-
nehmer sich genöthigt, seine Absicht aufzuge-
ben, und die Vortheile, welche das nördliche
Deutschland aus derselben hätte ziehen können,
unterblieben durch den Handwerksneid und Ei-
gendünkel einiger Zunftgenossen.

Außer diesen Gewerben beschäftigen sich
die Russen ebenfalls ausschließlich mit dem
Gärtner- und Fleischerhandwerk. In
dem erstern leisten sie alles, was in Rücksicht
auf Klima und Boden nur immer gefordert
werden kann. Da der größte Vortheil dieses
Gewerbes hauptsächlich darin besteht, die Pro-
dukte zu außerordentlichen Jahreszeiten zu lie-
fern, so ist das größte Bestreben dieser Leute

Kaufmann ließ ſich vor einiger Zeit zu dieſem
Endzweck einen hieſigen Ofen, und einige Ar-
beiter ſchicken, die denſelben in ſeinem Hauſe
aufſtellen ſollten. Da die Handwerker der
Stadt gegen eine ſolche Neuerung proteſtirten,
ſchlug er ihnen vor, daß die Arbeit in ihrem
Beyſeyn verrichtet, der Ofen ſogleich wieder
niedergeriſſen, und alsdann von ihnen ſelbſt,
nach Anleitung der Ruſſen, aufgeſetzt werden
ſollte. Da ſie ſich aber auch dieſen Vorſchlag
nicht gefallen laſſen wollten, ſah der Unter-
nehmer ſich genoͤthigt, ſeine Abſicht aufzuge-
ben, und die Vortheile, welche das noͤrdliche
Deutſchland aus derſelben haͤtte ziehen koͤnnen,
unterblieben durch den Handwerksneid und Ei-
genduͤnkel einiger Zunftgenoſſen.

Außer dieſen Gewerben beſchaͤftigen ſich
die Ruſſen ebenfalls ausſchließlich mit dem
Gaͤrtner- und Fleiſcherhandwerk. In
dem erſtern leiſten ſie alles, was in Ruͤckſicht
auf Klima und Boden nur immer gefordert
werden kann. Da der groͤßte Vortheil dieſes
Gewerbes hauptſaͤchlich darin beſteht, die Pro-
dukte zu außerordentlichen Jahreszeiten zu lie-
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[50/0066] Kaufmann ließ ſich vor einiger Zeit zu dieſem Endzweck einen hieſigen Ofen, und einige Ar- beiter ſchicken, die denſelben in ſeinem Hauſe aufſtellen ſollten. Da die Handwerker der Stadt gegen eine ſolche Neuerung proteſtirten, ſchlug er ihnen vor, daß die Arbeit in ihrem Beyſeyn verrichtet, der Ofen ſogleich wieder niedergeriſſen, und alsdann von ihnen ſelbſt, nach Anleitung der Ruſſen, aufgeſetzt werden ſollte. Da ſie ſich aber auch dieſen Vorſchlag nicht gefallen laſſen wollten, ſah der Unter- nehmer ſich genoͤthigt, ſeine Abſicht aufzuge- ben, und die Vortheile, welche das noͤrdliche Deutſchland aus derſelben haͤtte ziehen koͤnnen, unterblieben durch den Handwerksneid und Ei- genduͤnkel einiger Zunftgenoſſen. Außer dieſen Gewerben beſchaͤftigen ſich die Ruſſen ebenfalls ausſchließlich mit dem Gaͤrtner- und Fleiſcherhandwerk. In dem erſtern leiſten ſie alles, was in Ruͤckſicht auf Klima und Boden nur immer gefordert werden kann. Da der groͤßte Vortheil dieſes Gewerbes hauptſaͤchlich darin beſteht, die Pro- dukte zu außerordentlichen Jahreszeiten zu lie- fern, ſo iſt das groͤßte Beſtreben dieſer Leute

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/66>, abgerufen am 18.12.2024.