auch hierauf gerichtet, und man kann vielleicht nirgend unter gleichem Himmelsstrich alle Er- zeugnisse der Küchengärtnerey so früh und so spät in so großer Vollkommenheit genießen, als hier. Dieses Gewerbe wird größtentheils von Bauern aus Rostow und der umliegenden Ge- gend betrieben, die nach einem kürzern oder längern Aufenthalt mit einem durch ihre In- dustrie erworbenen Kapitale zurück in ihre Pro- vinz ziehn. Wie einträglich dieser Nahrungs- zweig bey dem herrschenden Tafelluxus seyn muß, läßt sich leicht denken. -- Als der Fürst Potemkin, während seines letzten Au- fenthalts in der Residenz, eines Tages bey dem Grafen Tschernischew speiste, meldete sich ein raffinirender Selenschtschik (Grünhändler) mit fünf außerordentlich schönen Gurken, die gerade und um diese Jahrszeit sehr selten wa- ren und die der Fürst überaus gerne aß. Der Haushofmeister nimmt sie in Empfang und überreicht sie seinem Herrn, der eben mit dem Fürsten zur Tafel saß. Die Gurken werden sogleich verzehrt, und der Graf läßt dem Grün- händler, als ein Geschenk für die angenehme Ueberraschung, hundert Rubel einhändigen,
D 2
auch hierauf gerichtet, und man kann vielleicht nirgend unter gleichem Himmelsſtrich alle Er- zeugniſſe der Kuͤchengaͤrtnerey ſo fruͤh und ſo ſpaͤt in ſo großer Vollkommenheit genießen, als hier. Dieſes Gewerbe wird groͤßtentheils von Bauern aus Roſtow und der umliegenden Ge- gend betrieben, die nach einem kuͤrzern oder laͤngern Aufenthalt mit einem durch ihre In- duſtrie erworbenen Kapitale zuruͤck in ihre Pro- vinz ziehn. Wie eintraͤglich dieſer Nahrungs- zweig bey dem herrſchenden Tafelluxus ſeyn muß, laͤßt ſich leicht denken. — Als der Fuͤrſt Potemkin, waͤhrend ſeines letzten Au- fenthalts in der Reſidenz, eines Tages bey dem Grafen Tſcherniſchew ſpeiſte, meldete ſich ein raffinirender Selenſchtſchik (Gruͤnhaͤndler) mit fuͤnf außerordentlich ſchoͤnen Gurken, die gerade und um dieſe Jahrszeit ſehr ſelten wa- ren und die der Fuͤrſt uͤberaus gerne aß. Der Haushofmeiſter nimmt ſie in Empfang und uͤberreicht ſie ſeinem Herrn, der eben mit dem Fuͤrſten zur Tafel ſaß. Die Gurken werden ſogleich verzehrt, und der Graf laͤßt dem Gruͤn- haͤndler, als ein Geſchenk fuͤr die angenehme Ueberraſchung, hundert Rubel einhaͤndigen,
D 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0067"n="51"/>
auch hierauf gerichtet, und man kann vielleicht<lb/>
nirgend unter gleichem Himmelsſtrich alle Er-<lb/>
zeugniſſe der Kuͤchengaͤrtnerey ſo fruͤh und ſo<lb/>ſpaͤt in ſo großer Vollkommenheit genießen, als<lb/>
hier. Dieſes Gewerbe wird groͤßtentheils von<lb/>
Bauern aus Roſtow und der umliegenden Ge-<lb/>
gend betrieben, die nach einem kuͤrzern oder<lb/>
laͤngern Aufenthalt mit einem durch ihre In-<lb/>
duſtrie erworbenen Kapitale zuruͤck in ihre Pro-<lb/>
vinz ziehn. Wie eintraͤglich dieſer Nahrungs-<lb/>
zweig bey dem herrſchenden Tafelluxus ſeyn<lb/>
muß, laͤßt ſich leicht denken. — Als der<lb/>
Fuͤrſt <hirendition="#g">Potemkin</hi>, waͤhrend ſeines letzten Au-<lb/>
fenthalts in der Reſidenz, eines Tages bey dem<lb/>
Grafen <hirendition="#g">Tſcherniſchew</hi>ſpeiſte, meldete ſich<lb/>
ein raffinirender Selenſchtſchik (Gruͤnhaͤndler)<lb/>
mit fuͤnf außerordentlich ſchoͤnen Gurken, die<lb/>
gerade und um dieſe Jahrszeit ſehr ſelten wa-<lb/>
ren und die der Fuͤrſt uͤberaus gerne aß. Der<lb/>
Haushofmeiſter nimmt ſie in Empfang und<lb/>
uͤberreicht ſie ſeinem Herrn, der eben mit dem<lb/>
Fuͤrſten zur Tafel ſaß. Die Gurken werden<lb/>ſogleich verzehrt, und der Graf laͤßt dem Gruͤn-<lb/>
haͤndler, als ein Geſchenk fuͤr die angenehme<lb/>
Ueberraſchung, hundert Rubel einhaͤndigen,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">D 2</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[51/0067]
auch hierauf gerichtet, und man kann vielleicht
nirgend unter gleichem Himmelsſtrich alle Er-
zeugniſſe der Kuͤchengaͤrtnerey ſo fruͤh und ſo
ſpaͤt in ſo großer Vollkommenheit genießen, als
hier. Dieſes Gewerbe wird groͤßtentheils von
Bauern aus Roſtow und der umliegenden Ge-
gend betrieben, die nach einem kuͤrzern oder
laͤngern Aufenthalt mit einem durch ihre In-
duſtrie erworbenen Kapitale zuruͤck in ihre Pro-
vinz ziehn. Wie eintraͤglich dieſer Nahrungs-
zweig bey dem herrſchenden Tafelluxus ſeyn
muß, laͤßt ſich leicht denken. — Als der
Fuͤrſt Potemkin, waͤhrend ſeines letzten Au-
fenthalts in der Reſidenz, eines Tages bey dem
Grafen Tſcherniſchew ſpeiſte, meldete ſich
ein raffinirender Selenſchtſchik (Gruͤnhaͤndler)
mit fuͤnf außerordentlich ſchoͤnen Gurken, die
gerade und um dieſe Jahrszeit ſehr ſelten wa-
ren und die der Fuͤrſt uͤberaus gerne aß. Der
Haushofmeiſter nimmt ſie in Empfang und
uͤberreicht ſie ſeinem Herrn, der eben mit dem
Fuͤrſten zur Tafel ſaß. Die Gurken werden
ſogleich verzehrt, und der Graf laͤßt dem Gruͤn-
haͤndler, als ein Geſchenk fuͤr die angenehme
Ueberraſchung, hundert Rubel einhaͤndigen,
D 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/67>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.