heben sich über ihr Handwerk; sie sind Künst- ler; es ist nicht sowol die Arbeit als die Form, wofür sie sich bezahlen lassen. Einer dieser Kleiderkünstler, den das gute Glück und sein Ruf zu einem beträchtlichen Reichthum verhol- fen haben, läßt sich oft nur darauf ein, die Kleider zuzuschneiden, worauf sie denn von andern Schneidern zusammengesetzt werden; eine Bemühung, die ihm, unter der Rubrik: pour la facon, mit 25 Rubeln bezahlt wird. Ueberdem sind Leute dieser Art nicht bloße Schneider, sondern gehören zu der Klasse, die man in Frankreich marchands-tailleurs nennt. Ihr größter Vortheil besteht im Einkauf; sie machen Vorschüsse und geben den Großen Kre- dit, bey welchen sie oft mehrere Tausende zu fordern haben. -- Außer diesem ist das Schmiedehandwerk eins der einträglichsten, weil die Meister zu den gröbern Arbeiten auch Bauern brauchen können, die eben erst vom Lan- de kommen, daher sie wohlfeil sind. Die mei- sten deutschen Schmiede stehen sich gut, bauen große Häuser, und lassen ihre Kinder zu etwas besserm erziehen. -- Ueberhaupt aber lebt der deutsche Handwerker, im Ganzen genommen,
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heben ſich uͤber ihr Handwerk; ſie ſind Kuͤnſt- ler; es iſt nicht ſowol die Arbeit als die Form, wofuͤr ſie ſich bezahlen laſſen. Einer dieſer Kleiderkuͤnſtler, den das gute Gluͤck und ſein Ruf zu einem betraͤchtlichen Reichthum verhol- fen haben, laͤßt ſich oft nur darauf ein, die Kleider zuzuſchneiden, worauf ſie denn von andern Schneidern zuſammengeſetzt werden; eine Bemuͤhung, die ihm, unter der Rubrik: pour la façon, mit 25 Rubeln bezahlt wird. Ueberdem ſind Leute dieſer Art nicht bloße Schneider, ſondern gehoͤren zu der Klaſſe, die man in Frankreich marchands-tailleurs nennt. Ihr groͤßter Vortheil beſteht im Einkauf; ſie machen Vorſchuͤſſe und geben den Großen Kre- dit, bey welchen ſie oft mehrere Tauſende zu fordern haben. — Außer dieſem iſt das Schmiedehandwerk eins der eintraͤglichſten, weil die Meiſter zu den groͤbern Arbeiten auch Bauern brauchen koͤnnen, die eben erſt vom Lan- de kommen, daher ſie wohlfeil ſind. Die mei- ſten deutſchen Schmiede ſtehen ſich gut, bauen große Haͤuſer, und laſſen ihre Kinder zu etwas beſſerm erziehen. — Ueberhaupt aber lebt der deutſche Handwerker, im Ganzen genommen,
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heben ſich uͤber ihr Handwerk; ſie ſind Kuͤnſt-
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wofuͤr ſie ſich bezahlen laſſen. Einer dieſer
Kleiderkuͤnſtler, den das gute Gluͤck und ſein
Ruf zu einem betraͤchtlichen Reichthum verhol-
fen haben, laͤßt ſich oft nur darauf ein, die
Kleider zuzuſchneiden, worauf ſie denn von
andern Schneidern zuſammengeſetzt werden;
eine Bemuͤhung, die ihm, unter der Rubrik:
pour la façon, mit 25 Rubeln bezahlt wird.
Ueberdem ſind Leute dieſer Art nicht bloße
Schneider, ſondern gehoͤren zu der Klaſſe, die
man in Frankreich marchands-tailleurs nennt.
Ihr groͤßter Vortheil beſteht im Einkauf; ſie
machen Vorſchuͤſſe und geben den Großen Kre-
dit, bey welchen ſie oft mehrere Tauſende zu
fordern haben. — Außer dieſem iſt das
Schmiedehandwerk eins der eintraͤglichſten,
weil die Meiſter zu den groͤbern Arbeiten auch
Bauern brauchen koͤnnen, die eben erſt vom Lan-
de kommen, daher ſie wohlfeil ſind. Die mei-
ſten deutſchen Schmiede ſtehen ſich gut, bauen
große Haͤuſer, und laſſen ihre Kinder zu etwas
beſſerm erziehen. — Ueberhaupt aber lebt der
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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/69>, abgerufen am 24.11.2024.
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