Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Bötjer Basch. Berlin, 1887.

Bild:
<< vorherige Seite

Hammer und war damit beschäftigt, den vor Jahren dem Thürstück angestrichenen Mörtel wieder los zu arbeiten, und schon sah der Schädel des Todes wieder aus dem wüsten Staub hervor.

Als der Alte auf meinen Gruß, den ich ihm hinauf rief, mich erkannte, kam er hastig von seiner Leiter herabgeklommen und führte mich durch den schmalen Hausflur in die Werkstatt. "Es ist fertig, ganz fertig, Herr Landvogt!" sagte er und sah mich aus erschreckend hohlen Augen an; "daß Ihre gute Frau mir nur nicht bös wird! Ich hatt's vergessen; rein vergessen - die letzten Wochen!" Er griff in eine Ecke und wies mir die fertige Wanne vor. "Die letzten Wochen!" wiederholte er noch einmal leise vor sich hin.

Ich faßte seine Hand und fühlte, wie sie in der meinen bebte. "Ich weiß es, Meister," sagte ich; "sie haben großes Leid zu Euch gebracht."

Da hörte ich den Dompfaff pfeifen, den ich bis jetzt nur vom Hörensagen kannte; er hing in seinem Bauer jetzt hier in der Werkstatt innerhalb eines kleinen Oberfensters; vom Hofe nickte ein blühender Flieder zu ihm herein.

Hammer und war damit beschäftigt, den vor Jahren dem Thürstück angestrichenen Mörtel wieder los zu arbeiten, und schon sah der Schädel des Todes wieder aus dem wüsten Staub hervor.

Als der Alte auf meinen Gruß, den ich ihm hinauf rief, mich erkannte, kam er hastig von seiner Leiter herabgeklommen und führte mich durch den schmalen Hausflur in die Werkstatt. „Es ist fertig, ganz fertig, Herr Landvogt!“ sagte er und sah mich aus erschreckend hohlen Augen an; „daß Ihre gute Frau mir nur nicht bös wird! Ich hatt’s vergessen; rein vergessen – die letzten Wochen!“ Er griff in eine Ecke und wies mir die fertige Wanne vor. „Die letzten Wochen!“ wiederholte er noch einmal leise vor sich hin.

Ich faßte seine Hand und fühlte, wie sie in der meinen bebte. „Ich weiß es, Meister,“ sagte ich; „sie haben großes Leid zu Euch gebracht.“

Da hörte ich den Dompfaff pfeifen, den ich bis jetzt nur vom Hörensagen kannte; er hing in seinem Bauer jetzt hier in der Werkstatt innerhalb eines kleinen Oberfensters; vom Hofe nickte ein blühender Flieder zu ihm herein.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0069" n="69"/>
Hammer und war damit beschäftigt, den vor Jahren dem Thürstück angestrichenen Mörtel wieder los zu arbeiten, und schon sah der Schädel des Todes wieder aus dem wüsten Staub hervor.</p>
        <p>Als der Alte auf meinen Gruß, den ich ihm hinauf rief, mich erkannte, kam er hastig von seiner Leiter herabgeklommen und führte mich durch den schmalen Hausflur in die Werkstatt. &#x201E;Es ist fertig, ganz fertig, Herr Landvogt!&#x201C; sagte er und sah mich aus erschreckend hohlen Augen an; &#x201E;daß Ihre gute Frau mir nur nicht bös wird! Ich hatt&#x2019;s vergessen; rein vergessen &#x2013; die letzten Wochen!&#x201C; Er griff in eine Ecke und wies mir die fertige Wanne vor. &#x201E;Die letzten Wochen!&#x201C; wiederholte er noch einmal leise vor sich hin.</p>
        <p>Ich faßte seine Hand und fühlte, wie sie in der meinen bebte. &#x201E;Ich weiß es, Meister,&#x201C; sagte ich; &#x201E;sie haben großes Leid zu Euch gebracht.&#x201C;</p>
        <p>Da hörte ich den Dompfaff pfeifen, den ich bis jetzt nur vom Hörensagen kannte; er hing in seinem Bauer jetzt hier in der Werkstatt innerhalb eines kleinen Oberfensters; vom Hofe nickte ein blühender Flieder zu ihm herein.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[69/0069] Hammer und war damit beschäftigt, den vor Jahren dem Thürstück angestrichenen Mörtel wieder los zu arbeiten, und schon sah der Schädel des Todes wieder aus dem wüsten Staub hervor. Als der Alte auf meinen Gruß, den ich ihm hinauf rief, mich erkannte, kam er hastig von seiner Leiter herabgeklommen und führte mich durch den schmalen Hausflur in die Werkstatt. „Es ist fertig, ganz fertig, Herr Landvogt!“ sagte er und sah mich aus erschreckend hohlen Augen an; „daß Ihre gute Frau mir nur nicht bös wird! Ich hatt’s vergessen; rein vergessen – die letzten Wochen!“ Er griff in eine Ecke und wies mir die fertige Wanne vor. „Die letzten Wochen!“ wiederholte er noch einmal leise vor sich hin. Ich faßte seine Hand und fühlte, wie sie in der meinen bebte. „Ich weiß es, Meister,“ sagte ich; „sie haben großes Leid zu Euch gebracht.“ Da hörte ich den Dompfaff pfeifen, den ich bis jetzt nur vom Hörensagen kannte; er hing in seinem Bauer jetzt hier in der Werkstatt innerhalb eines kleinen Oberfensters; vom Hofe nickte ein blühender Flieder zu ihm herein.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Die Majuskelschreibweise Ae, Oe, Ue wird als Ä, Ö, Ü wiedergegeben.
  • o über a wird als å dargestellt



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_basch_1887
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_basch_1887/69
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Bötjer Basch. Berlin, 1887, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_basch_1887/69>, abgerufen am 28.11.2024.