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Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.

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"Ausgegangen," erwiderte sie leise.

"Aber Du mußt ja die Lampe anzünden!"

Sie stand langsam auf, und als die Lampe brannte, sah ich dicke Thränen über ihre Wangen rinnen.

"Bist Du krank, Anna? Oder fehlt es Dir sonst?" frug ich, während sie sich abwandte und die Fenstervorhänge herabließ.

Sie schüttelte nur den Kopf.

"Aber was ist denn? Warum weinst Du?"

"Ich weiß nicht, Ohm; es kommt nur manchmal so."

Da ergriff ich sie bei beiden Händen; "Du sollst mir Stand halten, Kind! Nicht wahr, Du härmst Dich nach Deinem Tänzer, nach dem Baron, der jetzt auf seinen Gütern ist?"

"Nein, nein, Ohm!" rief sie heftig.

"Nun, was ist's denn? Kannst Du's Deinem alten Ohm nicht sagen? Wir wollen sehen, daß wir Hülfe schaffen!"

Aber ich sah nur, daß ihr die Thränen reichlicher aus den Augen rannen: "Ich kann nicht!" Und sie stammelte das nur so. "O, lieber Gott! die Angst! die Angst!" schrie sie dann wieder.

"Aber so sag' Dir's doch vom Herzen! Kind,

„Ausgegangen,“ erwiderte sie leise.

„Aber Du mußt ja die Lampe anzünden!“

Sie stand langsam auf, und als die Lampe brannte, sah ich dicke Thränen über ihre Wangen rinnen.

„Bist Du krank, Anna? Oder fehlt es Dir sonst?“ frug ich, während sie sich abwandte und die Fenstervorhänge herabließ.

Sie schüttelte nur den Kopf.

„Aber was ist denn? Warum weinst Du?“

„Ich weiß nicht, Ohm; es kommt nur manchmal so.“

Da ergriff ich sie bei beiden Händen; „Du sollst mir Stand halten, Kind! Nicht wahr, Du härmst Dich nach Deinem Tänzer, nach dem Baron, der jetzt auf seinen Gütern ist?“

„Nein, nein, Ohm!“ rief sie heftig.

„Nun, was ist’s denn? Kannst Du’s Deinem alten Ohm nicht sagen? Wir wollen sehen, daß wir Hülfe schaffen!“

Aber ich sah nur, daß ihr die Thränen reichlicher aus den Augen rannen: „Ich kann nicht!“ Und sie stammelte das nur so. „O, lieber Gott! die Angst! die Angst!“ schrie sie dann wieder.

„Aber so sag’ Dir’s doch vom Herzen! Kind,

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[72/0076] „Ausgegangen,“ erwiderte sie leise. „Aber Du mußt ja die Lampe anzünden!“ Sie stand langsam auf, und als die Lampe brannte, sah ich dicke Thränen über ihre Wangen rinnen. „Bist Du krank, Anna? Oder fehlt es Dir sonst?“ frug ich, während sie sich abwandte und die Fenstervorhänge herabließ. Sie schüttelte nur den Kopf. „Aber was ist denn? Warum weinst Du?“ „Ich weiß nicht, Ohm; es kommt nur manchmal so.“ Da ergriff ich sie bei beiden Händen; „Du sollst mir Stand halten, Kind! Nicht wahr, Du härmst Dich nach Deinem Tänzer, nach dem Baron, der jetzt auf seinen Gütern ist?“ „Nein, nein, Ohm!“ rief sie heftig. „Nun, was ist’s denn? Kannst Du’s Deinem alten Ohm nicht sagen? Wir wollen sehen, daß wir Hülfe schaffen!“ Aber ich sah nur, daß ihr die Thränen reichlicher aus den Augen rannen: „Ich kann nicht!“ Und sie stammelte das nur so. „O, lieber Gott! die Angst! die Angst!“ schrie sie dann wieder. „Aber so sag’ Dir’s doch vom Herzen! Kind,

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Dieses Werk stammt von Wikisource (John_Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuus).

Quelle der Scans: Wikimedia Commons (John Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuss).

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/76>, abgerufen am 16.05.2024.