Bruder Jesu gleiches Namens identificirt: so liegt es dann nahe, das Ioudas Iakobou in den Apostelkatalogen des Lu- kas (Luc. 6, 16. A.G. 1, 13.) durch Bruder des Jakobus (Alphäi) zu übersetzen, und diesen Apostel Judas nun mit dem Judas adelphos Iesou als Vetter des Herrn und Sohn der Maria Klopa (unerachtet er bei dem Namen dieser Frau nirgends genannt ist) für identisch zu halten, wo- mit, wenn der Brief des Judas in unsrem Kanon ächt ist, das ganz zusammenstimmen würde, dass der Verfasser desselben sich V. 1. als adelphos Iakobou be- zeichnet. Weiter könnte dann nach Einigen der Apostel Simon o zelotes oder Kananites mit dem unter den adelphois Iesou aufgeführten Simon zusammengeworfen werden, wel- cher der kirchlichen Sage zufolge nach Jakobus Vorsteher der jerusalemischen Gemeinde geworden sein soll 24), so dass nur Joses allein leer ausgienge.
Sollen demnach die adelphoi Iesou blosse Vettern von ihm, und drei derselben Apostel gewesen sein: so muss es doch befremden, wie sowohl A.G. 1, 14. nach Aufzählung aller Apostel die Brüder Jesu noch besonders erwähnt wer- den, als auch 1. Kor. 9, 5. von den Aposteln als eine ei- gene Klasse unterschieden zu sein scheinen; wie denn auch Gal. 1, 19. vielleicht so gedeutet werden muss, dass Jako- bus der Bruder des Herrn als Nichtapostel bezeichnet ist 25). Scheinen auf diese Weise die adelphoi Iesou aus der Zahl der Apostel herausgerissen zu werden: so widerstreben sie noch entschiedener dem, für blosse Geschwisterkinder Jesu sich ansehen zu lassen, da sie in so vielen Stellen in un- mittelbarer Verbindung mit der Mutter Jesu, und nur in zwei bis drei Stellen zwei ihnen Gleichnamige in Verbin- dung mit derjenigen Maria vorkommen, welche hienach ihre wirkliche Mutter wäre. Auch das Wort adelphos, ob
24) Euseb. H. E. 3, 11.
25)Fritzsche, Comm. in Matth. p. 482.
Drittes Kapitel. §. 26.
Bruder Jesu gleiches Namens identificirt: so liegt es dann nahe, das Ἰούδας Ἰακώβου in den Apostelkatalogen des Lu- kas (Luc. 6, 16. A.G. 1, 13.) durch Bruder des Jakobus (Alphäi) zu übersetzen, und diesen Apostel Judas nun mit dem Judas ἀδελφὸς Ἰησοῦ als Vetter des Herrn und Sohn der Maria Klopa (unerachtet er bei dem Namen dieser Frau nirgends genannt ist) für identisch zu halten, wo- mit, wenn der Brief des Judas in unsrem Kanon ächt ist, das ganz zusammenstimmen würde, daſs der Verfasser desselben sich V. 1. als ἀδελφὸς Ἰακώβου be- zeichnet. Weiter könnte dann nach Einigen der Apostel Simon ὁ ζηλωτὴς oder Κανανίτης mit dem unter den ἀδελφοῖς Ἰησοῦ aufgeführten Simon zusammengeworfen werden, wel- cher der kirchlichen Sage zufolge nach Jakobus Vorsteher der jerusalemischen Gemeinde geworden sein soll 24), so daſs nur Joses allein leer ausgienge.
Sollen demnach die ἀδελφοὶ Ἰησοῦ bloſse Vettern von ihm, und drei derselben Apostel gewesen sein: so muſs es doch befremden, wie sowohl A.G. 1, 14. nach Aufzählung aller Apostel die Brüder Jesu noch besonders erwähnt wer- den, als auch 1. Kor. 9, 5. von den Aposteln als eine ei- gene Klasse unterschieden zu sein scheinen; wie denn auch Gal. 1, 19. vielleicht so gedeutet werden muſs, daſs Jako- bus der Bruder des Herrn als Nichtapostel bezeichnet ist 25). Scheinen auf diese Weise die ἀδελφοὶ Ἰησοῦ aus der Zahl der Apostel herausgerissen zu werden: so widerstreben sie noch entschiedener dem, für bloſse Geschwisterkinder Jesu sich ansehen zu lassen, da sie in so vielen Stellen in un- mittelbarer Verbindung mit der Mutter Jesu, und nur in zwei bis drei Stellen zwei ihnen Gleichnamige in Verbin- dung mit derjenigen Maria vorkommen, welche hienach ihre wirkliche Mutter wäre. Auch das Wort ἀδελφὸς, ob
24) Euseb. H. E. 3, 11.
25)Fritzsche, Comm. in Matth. p. 482.
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Drittes Kapitel. §. 26.
Bruder Jesu gleiches Namens identificirt: so liegt es dann
nahe, das Ἰούδας Ἰακώβου in den Apostelkatalogen des Lu-
kas (Luc. 6, 16. A.G. 1, 13.) durch Bruder des Jakobus
(Alphäi) zu übersetzen, und diesen Apostel Judas nun mit
dem Judas ἀδελφὸς Ἰησοῦ als Vetter des Herrn und Sohn
der Maria Klopa (unerachtet er bei dem Namen dieser
Frau nirgends genannt ist) für identisch zu halten, wo-
mit, wenn der Brief des Judas in unsrem Kanon ächt
ist, das ganz zusammenstimmen würde, daſs der
Verfasser desselben sich V. 1. als ἀδελφὸς Ἰακώβου be-
zeichnet. Weiter könnte dann nach Einigen der Apostel
Simon ὁ ζηλωτὴς oder Κανανίτης mit dem unter den ἀδελφοῖς
Ἰησοῦ aufgeführten Simon zusammengeworfen werden, wel-
cher der kirchlichen Sage zufolge nach Jakobus Vorsteher
der jerusalemischen Gemeinde geworden sein soll 24), so
daſs nur Joses allein leer ausgienge.
Sollen demnach die ἀδελφοὶ Ἰησοῦ bloſse Vettern von
ihm, und drei derselben Apostel gewesen sein: so muſs es
doch befremden, wie sowohl A.G. 1, 14. nach Aufzählung
aller Apostel die Brüder Jesu noch besonders erwähnt wer-
den, als auch 1. Kor. 9, 5. von den Aposteln als eine ei-
gene Klasse unterschieden zu sein scheinen; wie denn auch
Gal. 1, 19. vielleicht so gedeutet werden muſs, daſs Jako-
bus der Bruder des Herrn als Nichtapostel bezeichnet ist 25).
Scheinen auf diese Weise die ἀδελφοὶ Ἰησοῦ aus der Zahl
der Apostel herausgerissen zu werden: so widerstreben sie
noch entschiedener dem, für bloſse Geschwisterkinder Jesu
sich ansehen zu lassen, da sie in so vielen Stellen in un-
mittelbarer Verbindung mit der Mutter Jesu, und nur in
zwei bis drei Stellen zwei ihnen Gleichnamige in Verbin-
dung mit derjenigen Maria vorkommen, welche hienach
ihre wirkliche Mutter wäre. Auch das Wort ἀδελφὸς, ob
24) Euseb. H. E. 3, 11.
25) Fritzsche, Comm. in Matth. p. 482.
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/213>, abgerufen am 21.11.2024.
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