Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.Erster Abschnitt. Subjekte, gerade wie Jes. 60. gesagt, dass ihm fremde Kö-nige Gold und andere Geschenke bringen werden (V. 10. 15.). Dazu kommt, dass in jener Prophetenstelle das Wall- fahrten fremder Völker nach Jerusalem mit einem über die- ser Stadt aufgegangenen Lichte in Verbindung gesetzt ist 13), welches an den Stern des Bileam erinnern musste. Was war daher natürlicher, da man auf der einen Seite einen messianischen Stern aus Jakob, zu dessen Beobachtung Sternkundige am geeignetsten waren, auf der andern ein über Jerusalem aufgegangenes Licht hatte, zu welchem ferne Völker, Geschenke bringend, wandeln sollten, -- als Beides zu combiniren und zu sagen: des über Jerusalem aufgegangenen Sterns wegen kamen fernher Astrologen mit Geschenken für den durch den Stern angedeuteten Mes- sias? -- Hatte man aber einmal einen Stern und um sei- netwillen fernher ziehende Reisende: so liess man lieber auch vollends diesen Stern den unmittelbaren Führer ihrer Reise sein, ihnen auf ihrem Zuge voranleuchten. Diese Vorstellung war im Alterthum sehr gewöhnlich: dem Äneas bezeichnete nach Virgil eine stella facem ducens vorbe- deutend den Weg von Troja in das Abendland 14); den Thrasybul und Timoleon führten himmlische Feuer 15) und auch dem Abraham sollte ein Stern den Weg zum Moria gezeigt haben 16). Zudem schien in der Prophetenstelle selbst das Himmelslicht mit der Wanderung der Geschen- kebringenden als Leiter ihres Zugs in Verbindung gesetzt zu sein; wenigstens konnte der zunächst bildliche Aus- druck, Völker und Könige werden in dem, über Jerusalem 13) V. 1 (LXX): photizou, photizou, Ierousalem, ekei gar sou to phos, kai e doxa Kuriou epi se anatetalken. V. 3: kai poreusontai basileis to photi sou (l@vrek@) k. t. l. 14) Aeneid. 2, 693 ff. 15) S. die Nachweisungen bei Wetstein z. d. St. 16) Nach einer Stelle bei Wetstein S. 247.
Erster Abschnitt. Subjekte, gerade wie Jes. 60. gesagt, daſs ihm fremde Kö-nige Gold und andere Geschenke bringen werden (V. 10. 15.). Dazu kommt, daſs in jener Prophetenstelle das Wall- fahrten fremder Völker nach Jerusalem mit einem über die- ser Stadt aufgegangenen Lichte in Verbindung gesetzt ist 13), welches an den Stern des Bileam erinnern muſste. Was war daher natürlicher, da man auf der einen Seite einen messianischen Stern aus Jakob, zu dessen Beobachtung Sternkundige am geeignetsten waren, auf der andern ein über Jerusalem aufgegangenes Licht hatte, zu welchem ferne Völker, Geschenke bringend, wandeln sollten, — als Beides zu combiniren und zu sagen: des über Jerusalem aufgegangenen Sterns wegen kamen fernher Astrologen mit Geschenken für den durch den Stern angedeuteten Mes- sias? — Hatte man aber einmal einen Stern und um sei- netwillen fernher ziehende Reisende: so lieſs man lieber auch vollends diesen Stern den unmittelbaren Führer ihrer Reise sein, ihnen auf ihrem Zuge voranleuchten. Diese Vorstellung war im Alterthum sehr gewöhnlich: dem Äneas bezeichnete nach Virgil eine stella facem ducens vorbe- deutend den Weg von Troja in das Abendland 14); den Thrasybul und Timoleon führten himmlische Feuer 15) und auch dem Abraham sollte ein Stern den Weg zum Moria gezeigt haben 16). Zudem schien in der Prophetenstelle selbst das Himmelslicht mit der Wanderung der Geschen- kebringenden als Leiter ihres Zugs in Verbindung gesetzt zu sein; wenigstens konnte der zunächst bildliche Aus- druck, Völker und Könige werden in dem, über Jerusalem 13) V. 1 (LXX): φωτίζου, φωτίζου, Ἱερουσαλὴμ, ἥκει γάρ σου τὸ φῶς, καὶ ἡ δόξα Κυρίου ἐπί σε ἀνατέταλκεν. V. 3: καὶ πορεύσονται βασιλεῖς τῷ φωτί σου (לְאוֺרֵךְ) κ. τ. λ. 14) Aeneid. 2, 693 ff. 15) S. die Nachweisungen bei Wetstein z. d. St. 16) Nach einer Stelle bei Wetstein S. 247.
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Erster Abschnitt.
Subjekte, gerade wie Jes. 60. gesagt, daſs ihm fremde Kö-
nige Gold und andere Geschenke bringen werden (V. 10.
15.). Dazu kommt, daſs in jener Prophetenstelle das Wall-
fahrten fremder Völker nach Jerusalem mit einem über die-
ser Stadt aufgegangenen Lichte in Verbindung gesetzt ist 13),
welches an den Stern des Bileam erinnern muſste. Was
war daher natürlicher, da man auf der einen Seite einen
messianischen Stern aus Jakob, zu dessen Beobachtung
Sternkundige am geeignetsten waren, auf der andern ein
über Jerusalem aufgegangenes Licht hatte, zu welchem
ferne Völker, Geschenke bringend, wandeln sollten, — als
Beides zu combiniren und zu sagen: des über Jerusalem
aufgegangenen Sterns wegen kamen fernher Astrologen mit
Geschenken für den durch den Stern angedeuteten Mes-
sias? — Hatte man aber einmal einen Stern und um sei-
netwillen fernher ziehende Reisende: so lieſs man lieber
auch vollends diesen Stern den unmittelbaren Führer ihrer
Reise sein, ihnen auf ihrem Zuge voranleuchten. Diese
Vorstellung war im Alterthum sehr gewöhnlich: dem Äneas
bezeichnete nach Virgil eine stella facem ducens vorbe-
deutend den Weg von Troja in das Abendland 14); den
Thrasybul und Timoleon führten himmlische Feuer 15) und
auch dem Abraham sollte ein Stern den Weg zum Moria
gezeigt haben 16). Zudem schien in der Prophetenstelle
selbst das Himmelslicht mit der Wanderung der Geschen-
kebringenden als Leiter ihres Zugs in Verbindung gesetzt
zu sein; wenigstens konnte der zunächst bildliche Aus-
druck, Völker und Könige werden in dem, über Jerusalem
13) V. 1 (LXX): φωτίζου, φωτίζου, Ἱερουσαλὴμ, ἥκει γάρ σου
τὸ φῶς, καὶ ἡ δόξα Κυρίου ἐπί σε ἀνατέταλκεν. V. 3:
καὶ πορεύσονται βασιλεῖς τῷ φωτί σου (לְאוֺרֵךְ) κ. τ. λ.
14) Aeneid. 2, 693 ff.
15) S. die Nachweisungen bei Wetstein z. d. St.
16) Nach einer Stelle bei Wetstein S. 247.
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