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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.

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Erster Abschnitt.
Könige im Alterthum Hirten der Völker heissen 30). Diese
Ableitung wäre selbst dann durch ihre Künstlichkeit un-
wahrscheinlich, wenn es richtig wäre, was dabei voraus-
gesezt wird, dass die hiehergehörigen Erzählungen des
Lukas den Stempel der historischen Wahrheit tragen. Da
wir aber hievon das Gegentheil nachgewiesen zu haben
hoffen, mithin zwei gleich unhistorische Erzählungen vor
uns liegen: so fehlt jeder Grund, die gequälte Herausdeu-
tung des Matthäischen Berichts aus dem des Lukas der so
einfachen Ableitung desselben aus A. T.lichen Stellen und
jüdischen Meinungen vorzuziehen. Es sind also diese bei-
den Beschreibungen der ersten Introduktion Jesu zwar
Variationen über dasselbe Thema, aber ohne direkten Ein-
fluss der einen auf die andere.

§. 33.
Chronologisches Verhältniss des Besuchs der Magier sammt
der Flucht nach Ägypten bei Matthäus zu der Darstellung
im Tempel bei Lukas.

Es ist oben bemerkt worden, dass die im Anfang ziem-
lich parallel laufenden Erzählungen des Matthäus und Lu-
kas in der Folge ganz auseinandergehen, indem, statt der
tragischen Katastrophe mit Kindermord und Flucht uns
Lukas die friedliche Scene der Darstellung des Jesuskindes
im Tempel aufbehalten hat. Setzen wir für jezt das Re-
sultat unsrer lezten Untersuchung, den blos mythischen
Charakter der Erzählung bei Matthäus, bei Seite und fra-
gen: in welchem Zeitverhältniss soll diese Darstellung im
Tempel zu dem Magierbesuch und der Flucht nach Aegyp-
ten stehen?

Eine ausdrückliche chronologische Bestimmung hat von
beiden Begebenheiten nur die Darstellung im Tempel, von
welcher es heisst, dass sie nach der gesetzlichen Zeit der

30) Schneckenburger, über den Ursprung des ersten kanonischen
Evangeliums, S. 69 ff.

Erster Abschnitt.
Könige im Alterthum Hirten der Völker heiſsen 30). Diese
Ableitung wäre selbst dann durch ihre Künstlichkeit un-
wahrscheinlich, wenn es richtig wäre, was dabei voraus-
gesezt wird, daſs die hiehergehörigen Erzählungen des
Lukas den Stempel der historischen Wahrheit tragen. Da
wir aber hievon das Gegentheil nachgewiesen zu haben
hoffen, mithin zwei gleich unhistorische Erzählungen vor
uns liegen: so fehlt jeder Grund, die gequälte Herausdeu-
tung des Matthäischen Berichts aus dem des Lukas der so
einfachen Ableitung desselben aus A. T.lichen Stellen und
jüdischen Meinungen vorzuziehen. Es sind also diese bei-
den Beschreibungen der ersten Introduktion Jesu zwar
Variationen über dasselbe Thema, aber ohne direkten Ein-
fluſs der einen auf die andere.

§. 33.
Chronologisches Verhältniss des Besuchs der Magier sammt
der Flucht nach Ägypten bei Matthäus zu der Darstellung
im Tempel bei Lukas.

Es ist oben bemerkt worden, daſs die im Anfang ziem-
lich parallel laufenden Erzählungen des Matthäus und Lu-
kas in der Folge ganz auseinandergehen, indem, statt der
tragischen Katastrophe mit Kindermord und Flucht uns
Lukas die friedliche Scene der Darstellung des Jesuskindes
im Tempel aufbehalten hat. Setzen wir für jezt das Re-
sultat unsrer lezten Untersuchung, den blos mythischen
Charakter der Erzählung bei Matthäus, bei Seite und fra-
gen: in welchem Zeitverhältniſs soll diese Darstellung im
Tempel zu dem Magierbesuch und der Flucht nach Aegyp-
ten stehen?

Eine ausdrückliche chronologische Bestimmung hat von
beiden Begebenheiten nur die Darstellung im Tempel, von
welcher es heiſst, daſs sie nach der gesetzlichen Zeit der

30) Schneckenburger, über den Ursprung des ersten kanonischen
Evangeliums, S. 69 ff.
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[254/0278] Erster Abschnitt. Könige im Alterthum Hirten der Völker heiſsen 30). Diese Ableitung wäre selbst dann durch ihre Künstlichkeit un- wahrscheinlich, wenn es richtig wäre, was dabei voraus- gesezt wird, daſs die hiehergehörigen Erzählungen des Lukas den Stempel der historischen Wahrheit tragen. Da wir aber hievon das Gegentheil nachgewiesen zu haben hoffen, mithin zwei gleich unhistorische Erzählungen vor uns liegen: so fehlt jeder Grund, die gequälte Herausdeu- tung des Matthäischen Berichts aus dem des Lukas der so einfachen Ableitung desselben aus A. T.lichen Stellen und jüdischen Meinungen vorzuziehen. Es sind also diese bei- den Beschreibungen der ersten Introduktion Jesu zwar Variationen über dasselbe Thema, aber ohne direkten Ein- fluſs der einen auf die andere. §. 33. Chronologisches Verhältniss des Besuchs der Magier sammt der Flucht nach Ägypten bei Matthäus zu der Darstellung im Tempel bei Lukas. Es ist oben bemerkt worden, daſs die im Anfang ziem- lich parallel laufenden Erzählungen des Matthäus und Lu- kas in der Folge ganz auseinandergehen, indem, statt der tragischen Katastrophe mit Kindermord und Flucht uns Lukas die friedliche Scene der Darstellung des Jesuskindes im Tempel aufbehalten hat. Setzen wir für jezt das Re- sultat unsrer lezten Untersuchung, den blos mythischen Charakter der Erzählung bei Matthäus, bei Seite und fra- gen: in welchem Zeitverhältniſs soll diese Darstellung im Tempel zu dem Magierbesuch und der Flucht nach Aegyp- ten stehen? Eine ausdrückliche chronologische Bestimmung hat von beiden Begebenheiten nur die Darstellung im Tempel, von welcher es heiſst, daſs sie nach der gesetzlichen Zeit der 30) Schneckenburger, über den Ursprung des ersten kanonischen Evangeliums, S. 69 ff.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/278>, abgerufen am 22.11.2024.