Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.Viertes Kapitel. §. 63. Arbeit, hklm@ verlangte (2 Mos. 20, 8 ff. 31, 12 ff. 5 Mos.5, 12 ff.), worunter namentlich Pflügen und Ernten (2 Mos. 34, 21.), Holzsammeln (4 Mos. 15, 32 ff.) u. dergl. subsu- mirt war, Heilen aber und Abpflücken einiger Ähren nur von dem späteren Kleinigkeitsgeist subsumirt wurde 6); ebenso war das Waschen der Hände vor dem Essen nur eine höchst gezwungene rabbinische Folgerung aus 3 Mos. 15, 11. 7); so wie, was das Fasten betrifft, im Gesetze nur Ein jährliches allgemeines (3 Mos. 16, 29 ff. 23, 27 ff.), von Privatfasten aber nichts geboten war 8). -- Von Aussprü- chen Jesu findet sich in derselben Bergpredigt, in welcher er die geistige Religiosität so weit über alles Rituale sezt, neben der deutlichen Voraussetzung des Fortbestehens der Opfer (Matth. 5, 23 f.), die Erklärung, dass er nicht ge- kommen sei, das Gesez und die Propheten aufzulösen, son- dern zu erfüllen (Matth. 5, 17.), wo, wenn auch wahr- scheinlich pl[e]rosai hauptsächlich von Verwirklichung der messianischen Weissagungen des A. T.s zu verstehen ist, doch das ouk elthonkatalusai zugleich von Beibehaltung des mosai- schen Gesetzes verstanden werden muss, wenn sogleich im Folgenden dem kleinsten Buchstaben des Gesetzes ewige Dauer verheissen, und demjenigen, der auch nur das ge- ringste Gebot desselben als unverbindlich darstelle, mit Zu- rücksetzung im Himmelreich gedroht wird 9). Demgemäss hielten sich die Apostel selbst nach dem ersten Pfingstfest noch streng an das jüdische Gesez, sie giengen um die Gebetsstunde in den Tempel (A. G. 3, 1.), hielten sich zu den Synagogen, hiengen an den mosaischen Speiseverboten (10, 14., und wussten die Klagen der judaisirenden Par- tei über das Verfahren des Barnabas und Paulus, welche 6) S. Winer, Realwörterb. 1te Aufl. S. 585. 7) Paulus, exeg. Handb. 2, S. 273. 8) Winer, Realw. 2te Aufl. 1. Bd. S. 426. 9) Fritzsche, S. 214 ff. Das Leben Jesu I. Band. 32
Viertes Kapitel. §. 63. Arbeit, הכׇאלׇמְ verlangte (2 Mos. 20, 8 ff. 31, 12 ff. 5 Mos.5, 12 ff.), worunter namentlich Pflügen und Ernten (2 Mos. 34, 21.), Holzsammeln (4 Mos. 15, 32 ff.) u. dergl. subsu- mirt war, Heilen aber und Abpflücken einiger Ähren nur von dem späteren Kleinigkeitsgeist subsumirt wurde 6); ebenso war das Waschen der Hände vor dem Essen nur eine höchst gezwungene rabbinische Folgerung aus 3 Mos. 15, 11. 7); so wie, was das Fasten betrifft, im Gesetze nur Ein jährliches allgemeines (3 Mos. 16, 29 ff. 23, 27 ff.), von Privatfasten aber nichts geboten war 8). — Von Aussprü- chen Jesu findet sich in derselben Bergpredigt, in welcher er die geistige Religiosität so weit über alles Rituale sezt, neben der deutlichen Voraussetzung des Fortbestehens der Opfer (Matth. 5, 23 f.), die Erklärung, daſs er nicht ge- kommen sei, das Gesez und die Propheten aufzulösen, son- dern zu erfüllen (Matth. 5, 17.), wo, wenn auch wahr- scheinlich πλ[η]ρῶσαι hauptsächlich von Verwirklichung der messianischen Weissagungen des A. T.s zu verstehen ist, doch das οὐκ ἠλϑονκαταλῦσαι zugleich von Beibehaltung des mosai- schen Gesetzes verstanden werden muſs, wenn sogleich im Folgenden dem kleinsten Buchstaben des Gesetzes ewige Dauer verheiſsen, und demjenigen, der auch nur das ge- ringste Gebot desselben als unverbindlich darstelle, mit Zu- rücksetzung im Himmelreich gedroht wird 9). Demgemäſs hielten sich die Apostel selbst nach dem ersten Pfingstfest noch streng an das jüdische Gesez, sie giengen um die Gebetsstunde in den Tempel (A. G. 3, 1.), hielten sich zu den Synagogen, hiengen an den mosaischen Speiseverboten (10, 14., und wuſsten die Klagen der judaisirenden Par- tei über das Verfahren des Barnabas und Paulus, welche 6) S. Winer, Realwörterb. 1te Aufl. S. 585. 7) Paulus, exeg. Handb. 2, S. 273. 8) Winer, Realw. 2te Aufl. 1. Bd. S. 426. 9) Fritzsche, S. 214 ff. Das Leben Jesu I. Band. 32
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Viertes Kapitel. §. 63.
Arbeit, הכׇאלׇמְ verlangte (2 Mos. 20, 8 ff. 31, 12 ff. 5 Mos.
5, 12 ff.), worunter namentlich Pflügen und Ernten (2 Mos.
34, 21.), Holzsammeln (4 Mos. 15, 32 ff.) u. dergl. subsu-
mirt war, Heilen aber und Abpflücken einiger Ähren nur
von dem späteren Kleinigkeitsgeist subsumirt wurde 6);
ebenso war das Waschen der Hände vor dem Essen nur
eine höchst gezwungene rabbinische Folgerung aus 3 Mos.
15, 11. 7); so wie, was das Fasten betrifft, im Gesetze nur
Ein jährliches allgemeines (3 Mos. 16, 29 ff. 23, 27 ff.), von
Privatfasten aber nichts geboten war 8). — Von Aussprü-
chen Jesu findet sich in derselben Bergpredigt, in welcher
er die geistige Religiosität so weit über alles Rituale sezt,
neben der deutlichen Voraussetzung des Fortbestehens der
Opfer (Matth. 5, 23 f.), die Erklärung, daſs er nicht ge-
kommen sei, das Gesez und die Propheten aufzulösen, son-
dern zu erfüllen (Matth. 5, 17.), wo, wenn auch wahr-
scheinlich πληρῶσαι hauptsächlich von Verwirklichung der
messianischen Weissagungen des A. T.s zu verstehen ist, doch
das οὐκ ἠλϑονκαταλῦσαι zugleich von Beibehaltung des mosai-
schen Gesetzes verstanden werden muſs, wenn sogleich im
Folgenden dem kleinsten Buchstaben des Gesetzes ewige
Dauer verheiſsen, und demjenigen, der auch nur das ge-
ringste Gebot desselben als unverbindlich darstelle, mit Zu-
rücksetzung im Himmelreich gedroht wird 9). Demgemäſs
hielten sich die Apostel selbst nach dem ersten Pfingstfest
noch streng an das jüdische Gesez, sie giengen um die
Gebetsstunde in den Tempel (A. G. 3, 1.), hielten sich zu
den Synagogen, hiengen an den mosaischen Speiseverboten
(10, 14., und wuſsten die Klagen der judaisirenden Par-
tei über das Verfahren des Barnabas und Paulus, welche
6) S. Winer, Realwörterb. 1te Aufl. S. 585.
7) Paulus, exeg. Handb. 2, S. 273.
8) Winer, Realw. 2te Aufl. 1. Bd. S. 426.
9) Fritzsche, S. 214 ff.
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