ben also das eiselthein eis tous khoirous den lezteren zu, wäh- rend doch in der Wirklichkeit nur die ersteren ihrer fixen Idee gemäss auf die Schweine losgerannt seien 22). Hier liesse sich zwar des Matthäus apelthon eis tous khoi- rous, für sich genommen, etwa noch von einem Losrennen auf die Heerde verstehen; aber nicht nur muss Paulus selbst einräumen, dass das eis elthontes der beiden andern Synoptiker ein wirkliches Hineingehen in die Schweine bezeichne, sondern es hat auch Matthäus, wie die beiden andern, vor dem apelthon ein exelthontes oi daimones (sc. ek ton anthropon), wodurch also die in die Schweine fah- renden Dämonen von den Menschen, aus welchen sie vor- her wichen, deutlich genug unterschieden sind 23). So er- zählen also unsre Berichterstatter hier nicht blos wirklich Vorgefallenes, gefärbt durch die Vorstellungsweise ihrer Zeit, sondern hier haben sie einen Zug, der gar nicht auf diese Weise vorgefallen sein kann.
Neuen Anstoss macht die Wirkung, welche die Dä- monen in den Schweinen hervorgebracht haben sollen. Kaum in dieselben gefahren nämlich sollen sie die ganze Heerde angetrieben haben, sich in den See zu stürzen, wobei man mit Recht fragt, was denn die Dämonen nun durch das Fahren in die Thiere gewonnen haben, wenn sie diese alsbald vernichteten, und sich somit der so sehr erbetenen leidlichen Interimswohnung selbst wieder be- raubten 24)? Die Vermuthung, die Absicht der Dämonen bei Vernichtung der Schweine sei gewesen, die Gemüther der Eigenthümer durch diesen Verlust gegen Jesum einzu- nehmen, was auch erfolgt sei 25), ist zu weit hergeholt; die andre, dass der mit Geschrei auf die Heerde losstür-
22) a. a. O. S. 474. 485. Ebenso Winer, b. Realw. 1, S. 192.
23)Fritzsche, in Matth. S. 330.
24)Paulus, a. a. O. S. 475 f.
25)Olshausen, S. 307.
Zweiter Abschnitt.
ben also das εἰσελϑεῖν εἰς τοὺς χοίρους den lezteren zu, wäh- rend doch in der Wirklichkeit nur die ersteren ihrer fixen Idee gemäſs auf die Schweine losgerannt seien 22). Hier lieſse sich zwar des Matthäus ἀπῆλϑον εἰς τοὺς χοί- ρους, für sich genommen, etwa noch von einem Losrennen auf die Heerde verstehen; aber nicht nur muſs Paulus selbst einräumen, daſs das εἰσ ελϑόντες der beiden andern Synoptiker ein wirkliches Hineingehen in die Schweine bezeichne, sondern es hat auch Matthäus, wie die beiden andern, vor dem ἀπῆλϑον ein ἐξελϑόντες οἱ δαίμονες (sc. ἐκ τῶν ἀνϑρώπων), wodurch also die in die Schweine fah- renden Dämonen von den Menschen, aus welchen sie vor- her wichen, deutlich genug unterschieden sind 23). So er- zählen also unsre Berichterstatter hier nicht blos wirklich Vorgefallenes, gefärbt durch die Vorstellungsweise ihrer Zeit, sondern hier haben sie einen Zug, der gar nicht auf diese Weise vorgefallen sein kann.
Neuen Anstoſs macht die Wirkung, welche die Dä- monen in den Schweinen hervorgebracht haben sollen. Kaum in dieselben gefahren nämlich sollen sie die ganze Heerde angetrieben haben, sich in den See zu stürzen, wobei man mit Recht fragt, was denn die Dämonen nun durch das Fahren in die Thiere gewonnen haben, wenn sie diese alsbald vernichteten, und sich somit der so sehr erbetenen leidlichen Interimswohnung selbst wieder be- raubten 24)? Die Vermuthung, die Absicht der Dämonen bei Vernichtung der Schweine sei gewesen, die Gemüther der Eigenthümer durch diesen Verlust gegen Jesum einzu- nehmen, was auch erfolgt sei 25), ist zu weit hergeholt; die andre, daſs der mit Geschrei auf die Heerde losstür-
22) a. a. O. S. 474. 485. Ebenso Winer, b. Realw. 1, S. 192.
23)Fritzsche, in Matth. S. 330.
24)Paulus, a. a. O. S. 475 f.
25)Olshausen, S. 307.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0053"n="34"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Zweiter Abschnitt</hi>.</fw><lb/>
ben also das εἰσελϑεῖνεἰςτοὺςχοίρους den lezteren zu, wäh-<lb/>
rend doch in der Wirklichkeit nur die ersteren ihrer<lb/>
fixen Idee gemäſs auf die Schweine losgerannt seien <noteplace="foot"n="22)">a. a. O. S. 474. 485. Ebenso <hirendition="#k">Winer</hi>, b. Realw. 1, S. 192.</note>.<lb/>
Hier lieſse sich zwar des Matthäus <foreignxml:lang="ell"><hirendition="#g">ἀπ</hi>ῆλϑονεἰςτοὺςχοί-<lb/>ρους</foreign>, für sich genommen, etwa noch von einem Losrennen<lb/>
auf die Heerde verstehen; aber nicht nur muſs <hirendition="#k">Paulus</hi><lb/>
selbst einräumen, daſs das <hirendition="#g">εἰσ</hi>ελϑόντες der beiden andern<lb/>
Synoptiker ein wirkliches Hineingehen in die Schweine<lb/>
bezeichne, sondern es hat auch Matthäus, wie die beiden<lb/>
andern, vor dem <foreignxml:lang="ell">ἀπῆλϑον ein ἐξελϑόντεςοἱδαίμονες (sc.<lb/>ἐκτῶνἀνϑρώπων)</foreign>, wodurch also die in die Schweine fah-<lb/>
renden Dämonen von den Menschen, aus welchen sie vor-<lb/>
her wichen, deutlich genug unterschieden sind <noteplace="foot"n="23)"><hirendition="#k">Fritzsche</hi>, in Matth. S. 330.</note>. So er-<lb/>
zählen also unsre Berichterstatter hier nicht blos wirklich<lb/>
Vorgefallenes, gefärbt durch die Vorstellungsweise ihrer<lb/>
Zeit, sondern hier haben sie einen Zug, der gar nicht auf<lb/>
diese Weise vorgefallen sein kann.</p><lb/><p>Neuen Anstoſs macht die Wirkung, welche die Dä-<lb/>
monen in den Schweinen hervorgebracht haben sollen.<lb/>
Kaum in dieselben gefahren nämlich sollen sie die ganze<lb/>
Heerde angetrieben haben, sich in den See zu stürzen,<lb/>
wobei man mit Recht fragt, was denn die Dämonen nun<lb/>
durch das Fahren in die Thiere gewonnen haben, wenn<lb/>
sie diese alsbald vernichteten, und sich somit der so sehr<lb/>
erbetenen leidlichen Interimswohnung selbst wieder be-<lb/>
raubten <noteplace="foot"n="24)"><hirendition="#k">Paulus</hi>, a. a. O. S. 475 f.</note>? Die Vermuthung, die Absicht der Dämonen<lb/>
bei Vernichtung der Schweine sei gewesen, die Gemüther<lb/>
der Eigenthümer durch diesen Verlust gegen Jesum einzu-<lb/>
nehmen, was auch erfolgt sei <noteplace="foot"n="25)"><hirendition="#k">Olshausen</hi>, S. 307.</note>, ist zu weit hergeholt;<lb/>
die andre, daſs der mit Geschrei auf die Heerde losstür-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[34/0053]
Zweiter Abschnitt.
ben also das εἰσελϑεῖν εἰς τοὺς χοίρους den lezteren zu, wäh-
rend doch in der Wirklichkeit nur die ersteren ihrer
fixen Idee gemäſs auf die Schweine losgerannt seien 22).
Hier lieſse sich zwar des Matthäus ἀπῆλϑον εἰς τοὺς χοί-
ρους, für sich genommen, etwa noch von einem Losrennen
auf die Heerde verstehen; aber nicht nur muſs Paulus
selbst einräumen, daſs das εἰσ ελϑόντες der beiden andern
Synoptiker ein wirkliches Hineingehen in die Schweine
bezeichne, sondern es hat auch Matthäus, wie die beiden
andern, vor dem ἀπῆλϑον ein ἐξελϑόντες οἱ δαίμονες (sc.
ἐκ τῶν ἀνϑρώπων), wodurch also die in die Schweine fah-
renden Dämonen von den Menschen, aus welchen sie vor-
her wichen, deutlich genug unterschieden sind 23). So er-
zählen also unsre Berichterstatter hier nicht blos wirklich
Vorgefallenes, gefärbt durch die Vorstellungsweise ihrer
Zeit, sondern hier haben sie einen Zug, der gar nicht auf
diese Weise vorgefallen sein kann.
Neuen Anstoſs macht die Wirkung, welche die Dä-
monen in den Schweinen hervorgebracht haben sollen.
Kaum in dieselben gefahren nämlich sollen sie die ganze
Heerde angetrieben haben, sich in den See zu stürzen,
wobei man mit Recht fragt, was denn die Dämonen nun
durch das Fahren in die Thiere gewonnen haben, wenn
sie diese alsbald vernichteten, und sich somit der so sehr
erbetenen leidlichen Interimswohnung selbst wieder be-
raubten 24)? Die Vermuthung, die Absicht der Dämonen
bei Vernichtung der Schweine sei gewesen, die Gemüther
der Eigenthümer durch diesen Verlust gegen Jesum einzu-
nehmen, was auch erfolgt sei 25), ist zu weit hergeholt;
die andre, daſs der mit Geschrei auf die Heerde losstür-
22) a. a. O. S. 474. 485. Ebenso Winer, b. Realw. 1, S. 192.
23) Fritzsche, in Matth. S. 330.
24) Paulus, a. a. O. S. 475 f.
25) Olshausen, S. 307.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/53>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.