zende Dämonische sammt den im Schrecken davonlaufen- den Hirten die Schweine scheu gemacht und in's Wasser gejagt habe 26), würde, wenn sie auch nicht nach dem Obi- gen dem Text zuwider wäre, doch nicht hinreichen, um das Ertrinken einer Heerde von 2000 Stücken nach Mar- kus, oder überhaupt nur einer grossen Heerde, nach Mat- thäus, zu erklären. Die Ausflucht, dass wohl nur ein Theil der Heerde ersoffen sei 27), hat in der evangelischen Er- zählung nicht den mindesten Halt. -- Vermehrt wird für diesen Punkt die Schwierigkeit durch die nahe liegende Reflexion auf den nicht geringen Schaden, welchen das Ertrinken der Heerde den Eigenthümern brachte, und des- sen mittelbarer Urheber Jesus gewesen wäre. Die Ortho- doxen, wenn sie Jesum in irgend einer Wendung dadurch rechtfertigen wollen, dass durch Zulassung des Übergangs der Dämonen in die Schweine die Heilung des Besessenen möglich gemacht worden sei, und dass doch gewiss Thiere getödtet werden dürfen, damit die Menschen lebendig wer- den 28), bedenken nicht, dass sie hiedurch auf die für ih- ren Standpunkt inconsequenteste Weise die absolute Macht Jesu über das dämonische Reich beschränken. Die Aus- kunft aber, Jesus habe, sofern die Schweine Juden gehör- ten, diese für ihre gewinnsüchtige Übertretung des Gesetzes strafen wollen 29), überhaupt habe er aus göttlicher Voll- macht gehandelt, welche oft zu höheren Zwecken Einzel- nes zerstöre, und durch Bliz, Hagel und Überschwemmung vieler Menschen Habe vernichten lasse 30), worüber Gott
26)Paulus, S. 474.
27)Paulus, S. 485; Winer, a. a. O.
28)Olshausen, a. a. O.
29) Ders. ebendas.
30)Ullmann, über die Unsündlichkeit Jesu, in seinen Studien, 1, 1, S. 51 f.
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Neuntes Kapitel. §. 89.
zende Dämonische sammt den im Schrecken davonlaufen- den Hirten die Schweine scheu gemacht und in's Wasser gejagt habe 26), würde, wenn sie auch nicht nach dem Obi- gen dem Text zuwider wäre, doch nicht hinreichen, um das Ertrinken einer Heerde von 2000 Stücken nach Mar- kus, oder überhaupt nur einer groſsen Heerde, nach Mat- thäus, zu erklären. Die Ausflucht, daſs wohl nur ein Theil der Heerde ersoffen sei 27), hat in der evangelischen Er- zählung nicht den mindesten Halt. — Vermehrt wird für diesen Punkt die Schwierigkeit durch die nahe liegende Reflexion auf den nicht geringen Schaden, welchen das Ertrinken der Heerde den Eigenthümern brachte, und des- sen mittelbarer Urheber Jesus gewesen wäre. Die Ortho- doxen, wenn sie Jesum in irgend einer Wendung dadurch rechtfertigen wollen, daſs durch Zulassung des Übergangs der Dämonen in die Schweine die Heilung des Besessenen möglich gemacht worden sei, und daſs doch gewiſs Thiere getödtet werden dürfen, damit die Menschen lebendig wer- den 28), bedenken nicht, daſs sie hiedurch auf die für ih- ren Standpunkt inconsequenteste Weise die absolute Macht Jesu über das dämonische Reich beschränken. Die Aus- kunft aber, Jesus habe, sofern die Schweine Juden gehör- ten, diese für ihre gewinnsüchtige Übertretung des Gesetzes strafen wollen 29), überhaupt habe er aus göttlicher Voll- macht gehandelt, welche oft zu höheren Zwecken Einzel- nes zerstöre, und durch Bliz, Hagel und Überschwemmung vieler Menschen Habe vernichten lasse 30), worüber Gott
26)Paulus, S. 474.
27)Paulus, S. 485; Winer, a. a. O.
28)Olshausen, a. a. O.
29) Ders. ebendas.
30)Ullmann, über die Unsündlichkeit Jesu, in seinen Studien, 1, 1, S. 51 f.
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Neuntes Kapitel. §. 89.
zende Dämonische sammt den im Schrecken davonlaufen-
den Hirten die Schweine scheu gemacht und in's Wasser
gejagt habe 26), würde, wenn sie auch nicht nach dem Obi-
gen dem Text zuwider wäre, doch nicht hinreichen, um
das Ertrinken einer Heerde von 2000 Stücken nach Mar-
kus, oder überhaupt nur einer groſsen Heerde, nach Mat-
thäus, zu erklären. Die Ausflucht, daſs wohl nur ein Theil
der Heerde ersoffen sei 27), hat in der evangelischen Er-
zählung nicht den mindesten Halt. — Vermehrt wird für
diesen Punkt die Schwierigkeit durch die nahe liegende
Reflexion auf den nicht geringen Schaden, welchen das
Ertrinken der Heerde den Eigenthümern brachte, und des-
sen mittelbarer Urheber Jesus gewesen wäre. Die Ortho-
doxen, wenn sie Jesum in irgend einer Wendung dadurch
rechtfertigen wollen, daſs durch Zulassung des Übergangs
der Dämonen in die Schweine die Heilung des Besessenen
möglich gemacht worden sei, und daſs doch gewiſs Thiere
getödtet werden dürfen, damit die Menschen lebendig wer-
den 28), bedenken nicht, daſs sie hiedurch auf die für ih-
ren Standpunkt inconsequenteste Weise die absolute Macht
Jesu über das dämonische Reich beschränken. Die Aus-
kunft aber, Jesus habe, sofern die Schweine Juden gehör-
ten, diese für ihre gewinnsüchtige Übertretung des Gesetzes
strafen wollen 29), überhaupt habe er aus göttlicher Voll-
macht gehandelt, welche oft zu höheren Zwecken Einzel-
nes zerstöre, und durch Bliz, Hagel und Überschwemmung
vieler Menschen Habe vernichten lasse 30), worüber Gott
26) Paulus, S. 474.
27) Paulus, S. 485; Winer, a. a. O.
28) Olshausen, a. a. O.
29) Ders. ebendas.
30) Ullmann, über die Unsündlichkeit Jesu, in seinen Studien,
1, 1, S. 51 f.
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/54>, abgerufen am 16.02.2025.
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