Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.Leiden Jesu an dem Hofe Herodis. ein Leichtsinn ihrer Seele, durch welchen sie sich verleitenliessen, die Einfälle des Witzes mehr, als die strengsten Beweise bey sich gelten zu lassen. Und dann hatten sie sich zu der Frechheit hinreissen lassen, das Wort Gottes zu witzlosen Scherzen zu mißbrauchen. Gott bewahre mich vor diesem Frevel, er bewahre mich vor den Wegen, die dahin führen! Fern sey es von mir, mich jemals durch Leichtsinn oder Vorwitz an Gott und seinem Wort zu versündigen! Ich habe alle Vorsichtigkeit dabey nö- thig. Wenn auch mein Herz nicht so verderbt wäre, so würde doch leicht die herrschende Lebensart der grossen Welt mich verleiten können, meinen Erlöser und sein Evangelium zu verachten. Ach, nicht nur an den Hö- fen der Fürsten und in den Pallästen der Grossen, son- dern auch in den Wohnungen der Geringen werden wir genug Menschen antreffen, die so gegen die Religion Jesu verfahren, wie hier Herodes, und seine Anhänger gegen Jesum selbst gehandelt haben. Und wie viel Sorgfalt ist vonnöthen, wenn ich nicht durch die Seuche des Un- glaubens angesteckt und hingerissen werden soll! Herr, bewahre mein Herz vor der Verführung der Gottlosen, und laß mich selbst vor der Welt dich mit Redlichkeit der Seele bekennen, damit ich einst vor dir nicht zu schanden werden möge. Drey und zwanzigste Betrachtung. Austauschung Jesu gegen den Barrabas. Joh. 18, 38. 39. 40. loß G 4
Leiden Jeſu an dem Hofe Herodis. ein Leichtſinn ihrer Seele, durch welchen ſie ſich verleitenlieſſen, die Einfälle des Witzes mehr, als die ſtrengſten Beweiſe bey ſich gelten zu laſſen. Und dann hatten ſie ſich zu der Frechheit hinreiſſen laſſen, das Wort Gottes zu witzloſen Scherzen zu mißbrauchen. Gott bewahre mich vor dieſem Frevel, er bewahre mich vor den Wegen, die dahin führen! Fern ſey es von mir, mich jemals durch Leichtſinn oder Vorwitz an Gott und ſeinem Wort zu verſündigen! Ich habe alle Vorſichtigkeit dabey nö- thig. Wenn auch mein Herz nicht ſo verderbt wäre, ſo würde doch leicht die herrſchende Lebensart der groſſen Welt mich verleiten können, meinen Erlöſer und ſein Evangelium zu verachten. Ach, nicht nur an den Hö- fen der Fürſten und in den Palläſten der Groſſen, ſon- dern auch in den Wohnungen der Geringen werden wir genug Menſchen antreffen, die ſo gegen die Religion Jeſu verfahren, wie hier Herodes, und ſeine Anhänger gegen Jeſum ſelbſt gehandelt haben. Und wie viel Sorgfalt iſt vonnöthen, wenn ich nicht durch die Seuche des Un- glaubens angeſteckt und hingeriſſen werden ſoll! Herr, bewahre mein Herz vor der Verführung der Gottloſen, und laß mich ſelbſt vor der Welt dich mit Redlichkeit der Seele bekennen, damit ich einſt vor dir nicht zu ſchanden werden möge. Drey und zwanzigſte Betrachtung. Austauſchung Jeſu gegen den Barrabas. Joh. 18, 38. 39. 40. loß G 4
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Leiden Jeſu an dem Hofe Herodis.
ein Leichtſinn ihrer Seele, durch welchen ſie ſich verleiten
lieſſen, die Einfälle des Witzes mehr, als die ſtrengſten
Beweiſe bey ſich gelten zu laſſen. Und dann hatten ſie
ſich zu der Frechheit hinreiſſen laſſen, das Wort Gottes
zu witzloſen Scherzen zu mißbrauchen. Gott bewahre
mich vor dieſem Frevel, er bewahre mich vor den Wegen,
die dahin führen! Fern ſey es von mir, mich jemals
durch Leichtſinn oder Vorwitz an Gott und ſeinem Wort
zu verſündigen! Ich habe alle Vorſichtigkeit dabey nö-
thig. Wenn auch mein Herz nicht ſo verderbt wäre, ſo
würde doch leicht die herrſchende Lebensart der groſſen
Welt mich verleiten können, meinen Erlöſer und ſein
Evangelium zu verachten. Ach, nicht nur an den Hö-
fen der Fürſten und in den Palläſten der Groſſen, ſon-
dern auch in den Wohnungen der Geringen werden wir
genug Menſchen antreffen, die ſo gegen die Religion Jeſu
verfahren, wie hier Herodes, und ſeine Anhänger gegen
Jeſum ſelbſt gehandelt haben. Und wie viel Sorgfalt
iſt vonnöthen, wenn ich nicht durch die Seuche des Un-
glaubens angeſteckt und hingeriſſen werden ſoll! Herr,
bewahre mein Herz vor der Verführung der Gottloſen,
und laß mich ſelbſt vor der Welt dich mit Redlichkeit der
Seele bekennen, damit ich einſt vor dir nicht zu ſchanden
werden möge.
Drey und zwanzigſte Betrachtung.
Austauſchung Jeſu gegen den Barrabas.
Joh. 18, 38. 39. 40.
Pilatus ſprach zu den Jüden: ich finde keine Schuld an| ihm.
Ihr habt aber eine Gewohnheit, daß ich euch einen auf Oſtern
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