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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.

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Sieben und zwanzigste Betrachtung.
in seiner Dornenkrone, und unter der vielfachen Schmach sei-
ner Feinde betrachte, denke ich an euch, ihr Stolzen, ihr
Ehrgeizigen, ihr Herrschsüchtigen! Wie viele Mittel wen-
det ihr an, euch in die Höhe zu schwingen und den Stolz
eures Herzens zu befriedigen! Ihr tretet das Haupt der
Geringen in den Koth, um das eure desto sicherer zu erhe-
ben. Ihr macht andre verächtlich, damit ihr groß wer-
den möget. Ihr kränket die Rechte der Verlassenen, da-
mit die eurigen erweitert werden möchten. Ihr arbeitet
Tag und Nacht, um einen verwelklichen Kranz zu erhal-
ten, den ihr kaum so lange tragen könnet, bis euer Haupt
in Staub gelegt ist. Als Jesus in seiner schmachvollen
Dornenkrone da stand, ach, da war es, wo er eure ehrgei-
zigen Absichten büßte und euren Stolz versöhnte.

Geschmähter König, dir sey Ehre in Ewigkeit! Sie-
he ich lege mein hochmüthiges Herz vor dir nieder, damit
es durch deine Verachtung gebeugt werde. Ich will an
deine Schmach gedenken, so oft sich meine Seele in eit-
lem Stolz erheben will. Diese deine Schmach sey mir
theurer, als alles, was die Welt für Ehre und Herr-
lichkeit schätzt. Die Weltkinder mögen nach irdischen
Kronen, nach eitlen Würden streben; sie mögen ver-
göttert, gerühmt und geschmeichelt zu werden begehren:
ich will nichts weiter begehren, als jene Herrlichkeit, die
du mir durch deine Schmach erworben hast.



Sieben und zwanzigste Betrachtung.
Der rührende Anblick des leidenden Jesu.
Joh. 19, 4. 5.
Da gieng Pilatus wieder heraus, und sprach zu ihnen: Se-
het, ich führe ihn heraus zu euch, daß ihr erkennet, daß ich
kei-

Sieben und zwanzigſte Betrachtung.
in ſeiner Dornenkrone, und unter der vielfachen Schmach ſei-
ner Feinde betrachte, denke ich an euch, ihr Stolzen, ihr
Ehrgeizigen, ihr Herrſchſüchtigen! Wie viele Mittel wen-
det ihr an, euch in die Höhe zu ſchwingen und den Stolz
eures Herzens zu befriedigen! Ihr tretet das Haupt der
Geringen in den Koth, um das eure deſto ſicherer zu erhe-
ben. Ihr macht andre verächtlich, damit ihr groß wer-
den möget. Ihr kränket die Rechte der Verlaſſenen, da-
mit die eurigen erweitert werden möchten. Ihr arbeitet
Tag und Nacht, um einen verwelklichen Kranz zu erhal-
ten, den ihr kaum ſo lange tragen könnet, bis euer Haupt
in Staub gelegt iſt. Als Jeſus in ſeiner ſchmachvollen
Dornenkrone da ſtand, ach, da war es, wo er eure ehrgei-
zigen Abſichten büßte und euren Stolz verſöhnte.

Geſchmähter König, dir ſey Ehre in Ewigkeit! Sie-
he ich lege mein hochmüthiges Herz vor dir nieder, damit
es durch deine Verachtung gebeugt werde. Ich will an
deine Schmach gedenken, ſo oft ſich meine Seele in eit-
lem Stolz erheben will. Dieſe deine Schmach ſey mir
theurer, als alles, was die Welt für Ehre und Herr-
lichkeit ſchätzt. Die Weltkinder mögen nach irdiſchen
Kronen, nach eitlen Würden ſtreben; ſie mögen ver-
göttert, gerühmt und geſchmeichelt zu werden begehren:
ich will nichts weiter begehren, als jene Herrlichkeit, die
du mir durch deine Schmach erworben haſt.



Sieben und zwanzigſte Betrachtung.
Der rührende Anblick des leidenden Jeſu.
Joh. 19, 4. 5.
Da gieng Pilatus wieder heraus, und ſprach zu ihnen: Se-
het, ich führe ihn heraus zu euch, daß ihr erkennet, daß ich
kei-
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[120/0142] Sieben und zwanzigſte Betrachtung. in ſeiner Dornenkrone, und unter der vielfachen Schmach ſei- ner Feinde betrachte, denke ich an euch, ihr Stolzen, ihr Ehrgeizigen, ihr Herrſchſüchtigen! Wie viele Mittel wen- det ihr an, euch in die Höhe zu ſchwingen und den Stolz eures Herzens zu befriedigen! Ihr tretet das Haupt der Geringen in den Koth, um das eure deſto ſicherer zu erhe- ben. Ihr macht andre verächtlich, damit ihr groß wer- den möget. Ihr kränket die Rechte der Verlaſſenen, da- mit die eurigen erweitert werden möchten. Ihr arbeitet Tag und Nacht, um einen verwelklichen Kranz zu erhal- ten, den ihr kaum ſo lange tragen könnet, bis euer Haupt in Staub gelegt iſt. Als Jeſus in ſeiner ſchmachvollen Dornenkrone da ſtand, ach, da war es, wo er eure ehrgei- zigen Abſichten büßte und euren Stolz verſöhnte. Geſchmähter König, dir ſey Ehre in Ewigkeit! Sie- he ich lege mein hochmüthiges Herz vor dir nieder, damit es durch deine Verachtung gebeugt werde. Ich will an deine Schmach gedenken, ſo oft ſich meine Seele in eit- lem Stolz erheben will. Dieſe deine Schmach ſey mir theurer, als alles, was die Welt für Ehre und Herr- lichkeit ſchätzt. Die Weltkinder mögen nach irdiſchen Kronen, nach eitlen Würden ſtreben; ſie mögen ver- göttert, gerühmt und geſchmeichelt zu werden begehren: ich will nichts weiter begehren, als jene Herrlichkeit, die du mir durch deine Schmach erworben haſt. Sieben und zwanzigſte Betrachtung. Der rührende Anblick des leidenden Jeſu. Joh. 19, 4. 5. Da gieng Pilatus wieder heraus, und ſprach zu ihnen: Se- het, ich führe ihn heraus zu euch, daß ihr erkennet, daß ich kei-

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Zitationshilfe: Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/142>, abgerufen am 21.11.2024.