Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.
Sehet, welch ein Mensch! Sünder, sehet ihn Er H 5
Sehet, welch ein Menſch! Sünder, ſehet ihn Er H 5
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Der rührende Anblick Jeſu.
keine Schuld an ihm finde. Alſo gieng Jeſus heraus, und
trug eine Dornenkrone und Purpurkleid. Und er ſpricht
zu ihnen: Sehet, welch ein Menſch!
Sehet, welch ein Menſch! Sünder, ſehet ihn
an und faſſet ſeine Schmach zu Herzen. Vielleicht
ſeyd ihr jetzt im Begrif, durch eure Miſſethaten
den Herrn aufs neue zu entehren? Ehe ihr euch noch zur
Ausübung der ſchändlichſten Laſter entſchlieſſet, ſo ſehet
euren gemarterten Jeſum an, wie ihn eure Sünden ſo er-
bärmlich zugerichtet haben. Wenn dieſer Anblick keinen
Eindruck auf euer Herz macht, was ſoll euch alsdann rüh-
ren? Nicht der Anblick des Todes, nicht das Grab, nicht
das Gericht, nicht die Ewigkeit. Es ſey genug, daß ihr
bisher euer Herz gegen alle Eindrücke verhärtet habt.
Gott hat euch viele Gegenſtände vorgeſtellt, die euch
aus eurer Fühlloſigkeit erwecken ſollten. So oft habt ihr
ſeinen Donner in den Wolken gehört, und das tödtende
Feuer ſeiner Blitze geſehen: ſo oft habt ihr ſeine Gerichte
auf dem Erdboden geſehen: ſo manchen durch ſeine Sün-
den zu Grunde gerichteten Uebelthäter hat euch der Herr
als ein Denkmahl ſeiner Rache aufgeſtellt: ſo manche
Sterbende habt ihr in ihrer Angſt, in ihrem Todesſchweis
und in den Schreckniſſen des Gerichts erblickt. Und bey
allen dieſen ſo furchtbaren Gegenſtänden ſeyd ihr fühllos
geblieben. Laßt doch den Anblick des gemarterten Jeſu ei-
ne Gewalt über euer Herz erhalten. Wie? ihr wolltet
noch auf die Befriedigung eures Stolzes und Ehrgeizes
denken? Sehet euren Jeſum an, wie iſt er durch euren
Hochmuth ſo gedemüthiget, und bis zur Schmach des
verruchteſten Uebelthäters erniedriget worden! Ihr wolltet
die lärmenden Freuden der Welt und die üppigen Ergötzun-
gen der Sünde ſuchen? Ach, ſehet welch ein Menſch!
Er
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