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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.

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Ein und vierzigste Betrachtung.
so sehr erniedrigen. Komme zu dir selbst, besinne dich!
Wage es heute einmal, deinen Flug zum Himmel zu neh-
men, wo dein ewiger Aufenthalt seyn soll. Lerne heute
solche Wünsche thun, solche Anschläge fassen, solche Be-
mühungen übernehmen, die deiner würdig sind. Lerne,
daß deine Grösse darin bestehe, wenn du groß im Himmel-
reiche, groß durch den Glauben und Demuth bist; dein
Reichthum, wenn du reich in Gott bist, und dir Schätze
im Himmel gesammlet hast; deine Glückseligkeit, wenn du
durch Jesum selig wirst, wenn du bey ihm in Gnaden ste-
hest, und dich seines Wohlgefallens trösten kannst. Da-
hin arbeite, darauf richte alle deine Begierden und Bemü-
hungen. Erwache, erwache, meine Seele, siehe um dich
her; laß dich diese Welt nicht täuschen, die dich verblendet.
Fühle deine höhere Würde, die dich über alle gegenwärtige
Dinge erhebt, fühle deine Unsterblichkeit, versenke dich in
die Tiefen der Ewigkeit, wo du entweder glücklich oder un-
glücklich seyn wirst. Siehe deinen Gott, wie er mit zärt-
lichem Erbarmen an dich gedacht hat; wie er dich je und
je geliebet; wie er von Ewigkeit deine Seligkeit beschlossen
hat. Siehe deinen Jesum, wie er für dich grarbeitet, ge-
rungen, gekämpfet hat. Und du wolltest dein Heil selbst
nicht achten? Du wolltest dich freywillig verderben? Du
wolltest deinem himmlischen Vater die Absichten seiner
Liebe, und deinem Heilande die Frucht seines Todes ver-
nichten?

Nein, von dir, sterbender Jesu, will ich die Pflicht ler-
nen, das Heil meiner Seele vor allen Dingen zu befördern.
Nicht alsdann erst, wenn Todesfurcht und Schrecken
des Grabes mich überfallen, nicht alsdann erst, wenn mir
die Welt mit ihren Vergnügungen eckelhaft worden ist:
nein schon jetzt, da ich noch mein Leben und die Freuden

der

Ein und vierzigſte Betrachtung.
ſo ſehr erniedrigen. Komme zu dir ſelbſt, beſinne dich!
Wage es heute einmal, deinen Flug zum Himmel zu neh-
men, wo dein ewiger Aufenthalt ſeyn ſoll. Lerne heute
ſolche Wünſche thun, ſolche Anſchläge faſſen, ſolche Be-
mühungen übernehmen, die deiner würdig ſind. Lerne,
daß deine Gröſſe darin beſtehe, wenn du groß im Himmel-
reiche, groß durch den Glauben und Demuth biſt; dein
Reichthum, wenn du reich in Gott biſt, und dir Schätze
im Himmel geſammlet haſt; deine Glückſeligkeit, wenn du
durch Jeſum ſelig wirſt, wenn du bey ihm in Gnaden ſte-
heſt, und dich ſeines Wohlgefallens tröſten kannſt. Da-
hin arbeite, darauf richte alle deine Begierden und Bemü-
hungen. Erwache, erwache, meine Seele, ſiehe um dich
her; laß dich dieſe Welt nicht täuſchen, die dich verblendet.
Fühle deine höhere Würde, die dich über alle gegenwärtige
Dinge erhebt, fühle deine Unſterblichkeit, verſenke dich in
die Tiefen der Ewigkeit, wo du entweder glücklich oder un-
glücklich ſeyn wirſt. Siehe deinen Gott, wie er mit zärt-
lichem Erbarmen an dich gedacht hat; wie er dich je und
je geliebet; wie er von Ewigkeit deine Seligkeit beſchloſſen
hat. Siehe deinen Jeſum, wie er für dich grarbeitet, ge-
rungen, gekämpfet hat. Und du wollteſt dein Heil ſelbſt
nicht achten? Du wollteſt dich freywillig verderben? Du
wollteſt deinem himmliſchen Vater die Abſichten ſeiner
Liebe, und deinem Heilande die Frucht ſeines Todes ver-
nichten?

Nein, von dir, ſterbender Jeſu, will ich die Pflicht ler-
nen, das Heil meiner Seele vor allen Dingen zu befördern.
Nicht alsdann erſt, wenn Todesfurcht und Schrecken
des Grabes mich überfallen, nicht alsdann erſt, wenn mir
die Welt mit ihren Vergnügungen eckelhaft worden iſt:
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[186/0208] Ein und vierzigſte Betrachtung. ſo ſehr erniedrigen. Komme zu dir ſelbſt, beſinne dich! Wage es heute einmal, deinen Flug zum Himmel zu neh- men, wo dein ewiger Aufenthalt ſeyn ſoll. Lerne heute ſolche Wünſche thun, ſolche Anſchläge faſſen, ſolche Be- mühungen übernehmen, die deiner würdig ſind. Lerne, daß deine Gröſſe darin beſtehe, wenn du groß im Himmel- reiche, groß durch den Glauben und Demuth biſt; dein Reichthum, wenn du reich in Gott biſt, und dir Schätze im Himmel geſammlet haſt; deine Glückſeligkeit, wenn du durch Jeſum ſelig wirſt, wenn du bey ihm in Gnaden ſte- heſt, und dich ſeines Wohlgefallens tröſten kannſt. Da- hin arbeite, darauf richte alle deine Begierden und Bemü- hungen. Erwache, erwache, meine Seele, ſiehe um dich her; laß dich dieſe Welt nicht täuſchen, die dich verblendet. Fühle deine höhere Würde, die dich über alle gegenwärtige Dinge erhebt, fühle deine Unſterblichkeit, verſenke dich in die Tiefen der Ewigkeit, wo du entweder glücklich oder un- glücklich ſeyn wirſt. Siehe deinen Gott, wie er mit zärt- lichem Erbarmen an dich gedacht hat; wie er dich je und je geliebet; wie er von Ewigkeit deine Seligkeit beſchloſſen hat. Siehe deinen Jeſum, wie er für dich grarbeitet, ge- rungen, gekämpfet hat. Und du wollteſt dein Heil ſelbſt nicht achten? Du wollteſt dich freywillig verderben? Du wollteſt deinem himmliſchen Vater die Abſichten ſeiner Liebe, und deinem Heilande die Frucht ſeines Todes ver- nichten? Nein, von dir, ſterbender Jeſu, will ich die Pflicht ler- nen, das Heil meiner Seele vor allen Dingen zu befördern. Nicht alsdann erſt, wenn Todesfurcht und Schrecken des Grabes mich überfallen, nicht alsdann erſt, wenn mir die Welt mit ihren Vergnügungen eckelhaft worden iſt: nein ſchon jetzt, da ich noch mein Leben und die Freuden der

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Zitationshilfe: Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/208>, abgerufen am 25.11.2024.